Gladbeck. Die Stadtbücherei Gladbeck öffnet wieder ihre Türen – zur Freude der Nutzer. Wegen des Coronavirus’ war die Bibliothek wochenlang geschlossen.
Die Stadtbücherei Gladbeck schlägt ein neues Kapitel in Zeiten des Coronavirus’ auf. Sie öffnet ihre Pforten wieder für Nutzer, nachdem wochenlang keine Bücherwürmer in den Regalen nach frischem Lesefutter graben durften.
Gladbeck: Leseratten haben sehnsüchtig auf die Wiederöffnung der Stadtbücherei gewartet und stehen geduldig Schlange
Auf das erste Kapitel, das sich mit „Schließung der Bibliothek wegen der Pandemie“ überschreiben ließe, folgt nun die von vielen lang ersehnte Fortsetzung: „Wiederöffnung“. Die vielen Menschen, die geduldig bis zur Kreuzung Friedrichstraße Schlange stehen, könnten den Eindruck erwecken, dass ein neuer „Harry Potter“ auf dem Markt ist. Von wegen! Die Gladbecker dürsten schlicht und ergreifend nach Schmökern. Krimis. Lustigem. Da sage noch mal jemand, Bücher seien im digitalen Zeitalter out!
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Bücherei-Chefin Eva Beck sucht nach Worten, um ihre Stimmung auf den Punkt zu bringen: „Ich hatte die Befürchtung, dass sich eine lange Warteschlange bildet. Oder sage ich besser: die Hoffnung? Denn die vielen Menschen zeigen ja, dass man uns vermisst hat. Und das ist doch schön.“
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Sie würde bestimmt gerne mit einem Fingerschnipp all’ die Leseratten, die da draußen ausharren, in die „Vor-Corona-Welt“ zurückbefördern. Doch zaubern kann Eva Beck leider nicht, so dürfen sie und ihr Team, das in zwei Schichten arbeitet, nur immer 15 Besucher gleichzeitig in die Einrichtung an der Friedrich-Ebert-Straße lassen. Schwarz auf weiß haben’s die Menschen, wie sie sich verhalten müssen. Mundschutz und Sicherheitsabstand, getrennter Ein- und Ausgang.
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Die Nutzer haben Tüten und Taschen dabei, das schaut nach einem großen Beutezug aus. Mit Kind und Kegel stellen sich die „Premieren-Gäste“ an. Eine Großmutter schiebt ihr Enkelchen im Kinderwagen, eine Mama hat einen Knirps an der Hand, ein zweites Kind im Tragetuch vor der Brust. Maike Ufermann reiht sich mit ihrer Tochter Charlotte ein: „20 Leute sind noch vor uns.“ Ein Herr, seinen Mund hinter einer Maske mit blauen Ankerchen auf weißem Grund versteckt, meint mitfühlend zum Mädchen: „Langweilig, oder?“ Er hat einen Korb dabei, steht einige Plätze vor Mutter und Tochter.
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Ja, da kann’s wohl dauern, bis die beiden das Medien-Paradies betreten dürfen. Denn das ist es für die 38-jährige Gladbeckerin und die Neunjährige. Maike Ufermann: „Ich habe mit so einem Andrang gerechnet.“ Auf Hörbücher sind sie aus, vornehmlich für Charlotte. Die wünscht sich etwas Spannendes, vielleicht die „3 Fragezeichen“. Aber „Bibi und Tina“ wäre auch fein. Mutter Maike wünscht sich Cornelia Funkes „Tintenherz“ – als CD. Mit Büchern sind die beiden noch eingedeckt.
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Im Gegensatz zu anderen. Wer Christiane von Heesen am Eingang passiert, wählt häufig Romane aus, stellt Eva Beck fest. Doch bevor Fans des gedruckten Wortes an ihrer maskierten Stellvertreterin hinter dem Spuckschutz samt Desinfektionsmittel vorbeikommen, müssen sie sich registrieren lassen. „Es ist total schwierig, sich online etwas auszusuchen. Es sei denn, man weiß genau, was man will“, sagt Maike Ufermann – und zieht los.
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Was geht? Was nicht?
Auch wenn so einiges wieder in der Stadtbücherei möglich ist: Manches ist nicht erlaubt. So ist ein längerer Aufenthalt in der Bibliothek gestrichen. Auch gemütlich in Zeitschriften und Zeitungen blättern und lesen, ist nicht drin.
Wo auch? Sitzgruppen sind mit Flatterband gesperrt. Zwar hübsch als überdimensionale Schleife gebunden – eine Idee der stellvertretenden Bücherei-Leiterin Christiane von Heesen –, aber doch keineswegs einladend. Ebenso darf sich niemand an den Arbeitstischen oder Internetplätzen niederlassen.
Gesellschaftsspiele ausleihen? Tickets für Veranstaltungen in der Stadtbücherei kaufen? Geht nicht.
Was der Medientreff jedoch während der reduzierten Öffnungszeiten wieder vor Ort erledigt, sind neben der Ausleihe und Rückgabe vom Büchern und Hörbüchern, die Beratung und Verlängerung von Nutzerausweisen.
Sich irgendwo gemütlich auf seine vier Buchstaben setzen und einen Titel nach dem anderen anlesen? Das gibt’s nicht! Der scharfe Blick von Eva Beck über dem Mundschutz nimmt mit Argusaugen das Geschehen rundum ins Visier. Sitzplätze sind „abgeflattert“, die lesehungrigen Nutzer sollen nicht alle möglichen Bücher in die Hand nehmen.
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Und tun es auch nicht, so Beck. Sie beherzigen die Regel, sich nicht allzu lange aufzuhalten. So geht es denn auch ruckzuck, dass Lukas Bartkowski sein Einkaufskörbchen gefüllt hat. Comics haben es dem 15-jährigen Schüler der Roßheideschule angetan. Ihm geht es wie vielen: Solch einen Buch-Bummel hat er schmerzlich vermisst. Sabine Wiebold greift ebenfalls zielgerichtet in’s Regal: Die 53-Jährige wählt Fachliteratur aus dem Bereich Psychologie aus.
Eva Beck lobt: „Alle Besucher sind sehr freundlich und verständnisvoll.“ Kehren die ausgeliehenen Bücher zurück in die Bibliothek, müssen sie aus hygienischen Gründen erst einmal in eine dreitägige Quarantäne – bevor sie die nächste Leseratte mit nach Hause nimmt.
Öffnungszeiten: dienstags, 10 bis 14 Uhr, und freitags, 14 bis 18 Uhr.