Gladbeck. Seniorenzentren haben am Sonntag erstmals in der Corona-Krise wieder für Besucher geöffnet. Dabei gab es in Gladbeck einige emotionale Momente.
Über das ganze Gesicht strahlend kommt Silvia Ayari aus dem Besuchsraum des Marthaheims. Eben hat sie ihre 93-jährige Mutter nach zehn Wochen das erste Mal wiedersehen können. „Und sie sah aus wie das blühende Leben“, berichtet die Tochter glücklich. Sie gehörte zu den 24 Besuchern, die am Sonntag, der gleichzeitig Muttertag war, die Möglichkeit hatten, nach langer Zeit ihre Angehörigen wiederzusehen. „Das hinzukriegen war schon ein Kraftakt“, berichtet Joachim Georg, Regionalleiter der Seniorenhilfe Gladbeck des diakonischen Werkes, zu dem auch das Marthaheim zählt.
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Die Mitteilung des NRW-Gesundheitsministeriums, dass wieder Besuche in Seniorenheimen zugelassen werden, sei sehr kurzfristig erfolgt, kritisiert nicht nur Joachim Georg, sondern auch Mechtild Eckholt, Leiterin des Eduard-Michelis-Hauses: „Man kann das nicht im Hauruck-Verfahren bewerkstelligen“, ist Eckholt, die sich und ihre Mitarbeiter als „Anwälte“ der Bewohner begreift, überzeugt: „Das ist nicht zu Ende gedacht und deshalb den Bewohnern gegenüber nicht in Ordnung.“
Eine telefonische Anmeldung ist nötig
Von der Regelung, am Sonntag erstmals wieder öffnen zu dürfen, waren Heime ausgenommen, in denen es Corona-Infizierungen gibt. Die Caritas sah keine Aufforderung zur Sofortmaßnahme und wollte mit einer Öffnung an diesem Wochenende „keinesfalls überstürzt handeln“, so Caritas Cher Rainer Knubben.
Im Marthaheim, im Eduard-Michelis-Haus und in weiteren Seniorenzentren besteht, wenn es nicht aufgrund der Corona-Situation zu Einschränkungen kommt, während der ganzen Woche die Möglichkeit für Besucher, ihre Angehörigen zu sehen. Eine telefonische Voranmeldung ist nötig.
Viele hätten große Angst, sich zu infizieren. Mit der Anmeldung müssen sich alle Besucher in eine Liste eintragen, in der unter anderem nach möglichen Symptomen des Coronavirus’ gefragt wird, „um alle Kontakte im Notfall zurück verfolgen zu können“, erklärt Joachim Georg. Das habe natürlich mit Vertrauen zu tun und appelliere an die Eigenverantwortung der Besucher. „Die Angehörigen ziehen aber gut mit“, bestätigt denn auch Mechtild Eckholt.
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Für die Besuche bleiben eine halbe Stunde bzw. 45 Minuten Zeit
Die Bewohner des Marthaheims erreichen die Besuchsräume von innen, während die Angehörigen sie nur von außen betreten können. Dann haben sie eine halbe Stunde Zeit, sich miteinander zu unterhalten. Im Eduard-Michelis-Haus hat man sich auf 45 Minuten geeinigt: „Diese Treffen haben eine hohe Emotionalität. Die Menschen haben sich mehr als acht Wochen nicht gesehen.“ Da gebe es Tränen der Rührung, große Freude, aber auch etwas Beklemmung, weil man sich nicht berühren dürfe: „Die ganze Bandbreite der Gefühle ist vertreten“, sagt die Heimleiterin.
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Heike Winning und Sybille Küffen sind Schwestern. Sie haben ihre 83-jährige Mutter besucht und auf beiden Seiten sei die Freude groß gewesen. „Unsere Mutter hat uns erzählt, wie es ihr in den vergangenen Wochen ergangen ist“, berichten beide. Man habe einander schon sehr vermisst.
Auch die älteste Bewohnerin bekommt Besuch
Auch die älteste Bewohnerin des Marthaheims, Maria Lorenz, die im Januar 100 Jahre alt geworden ist, bekommt Besuch von ihrer Großnichte Ursula Sperling und ihrem Mann Willi. „Sie ist die Tante meiner Mutter und ich bin die einzige Angehörige, die sie noch hat“, erzählt Ursula. „Das war ganz wichtig, dass wir uns heute gesehen haben“, freut sie sich. „Hier ist noch Platz“, ruft derweil die Jubilarin fröhlich aus dem Besuchsraum heraus.
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Währenddessen ist Silvia Ayari noch immer ganz erfüllt vom Besuch bei ihrer Mutter: „Ich bin ein Einzelkind, da ist die Bindung noch stärker. Vor dem Coronavirus habe ich meine Mutter alle zwei Tage gesehen. Ich muss das erst einmal verarbeiten.“ Ganz wichtig ist ihr aber doch zum Schluss, ein Lob an die Mitarbeiterinnen des Marthaheims loszuwerden: „ Das ist sehr gut organisiert, alle sind sehr freundlich und hilfsbereit. Sie leisten wirklich gute Arbeit.“