Gladbeck. Ab 10. Mai wird das Besuchsverbot für Altenheime aufgehoben. Die Gladbecker Einrichtungen planen jetzt mit Hochdruck. Auch Kritik wird laut.
Die Entscheidung auf Landesebene, das bislang strikte Besuchsverbot für Seniorenheime oder Einrichtungen für Menschen mit Behinderungen ab 10. Mai aufzuheben, wird von den Verantwortlichen in Gladbeck generell begrüßt. Auf deutliche Kritik stößt aber die nur kurze Vorlaufzeit von drei Tagen, die für zusätzliche Belastung des per se schon stark geforderten Personals sorge. "Man muss das wohl auch als politisch motiviertes, öffentlichkeitswirksames Muttertagsgeschenk von Minister Laumann werten", bemängelt Kerstin Schönlau. Die ehrenamtliche Vorsitzende des Evangelischen Verbandes für Altenarbeit in den Diakonischen Werken Rheinland, Westfalen und Lippe ist hauptberuflich Geschäftsbereichsleiterin für die Seniorenzentren Martha- und Vinzenzheim.
Für die Seniorenheim-Träger bedeute es jetzt eine erhebliche Anstrengung, kurzfristig Besuche nach den Vorgaben des Gesundheitsministeriums zu ermöglichen, bemängelt Schönlau. Denn die Aufhebung des Kontaktverbotes sieht freilich die Einhaltung wichtiger Corona-Schutzmaßnahmen vor: Etwa durch ein Screening der Besucher, die Einrichtung separater Besuchsareale und dem Tragen entsprechender Schutzkleidung - insbesondere beim Besuch bettlägriger Senioren in deren Zimmern, der Angehörigen auch ermöglicht werden soll. Man pflege in den Heimen eine Willkommenskultur, "für den möglichst sicheren Besuch müssen wir jetzt in den Einrichtungen aber erst den strukturierten Rahmen schaffen", um die Infektionsgefahr zu minimieren. Bei allen Trägern sind so am Mittwochmorgen schnell anberaumte Konferenzen abgehalten worden, wie man die Aufhebung des Besuchsverbotes nun zügig umsetzen kann.
Spezielle Besuchsbereiche werden in den Einrichtungen geschaffen
Für Besuche der 74 Bewohnerinnen und Bewohner im Martha-, beziehungsweise der 80 im Vinzenzheim werden jetzt die Angehörigen kontaktiert. "Um die Besuche praktisch umsetzen und koordinieren zu können, werden wir Terminlisten einführen", erklärt Kerstin Schönlau. Spezielle Besuchsbereiche werden in den Foyers der Heime sowie in den Café- und Terrassenbereichen geschaffen.
Ähnlich wird im Eduard-Michelis-Haus verfahren. "Wir wollen alles dafür tun, dass unsere 120 Bewohnerinnen und Bewohner Besuch erhalten können", unterstreicht Leiterin Mechtild Eckholt. Etwa fünf Plätze für zeitgleiche Besuche wolle man durch eine Zeltlösung im Hof und durch Nutzung von Räumen innerhalb des Hauses schaffen. Dies bedeute einen weiteren organisatorischen und personellen Aufwand, "da wir die Bewohner ja zum Besuch begleiten und wieder abholen". Schutzabstände müssten dabei eingehalten und Mundschutze von den Besuchern getragen werden. Bei den Bewohnern sei letzteres oft nicht möglich, "da einige beispielsweise kriegsbedingte Traumata oder generelle Atembeschwerden haben". Zur Sicherheit bettlägriger Bewohner soll ein Plexiglas-Schutz beim Besuch genutzt werden.
Cura-Seniorenzentrum hält am Besuchsverbot fest
Im Cura-Seniorenzentrum wird das Kontaktverbot aufgrund der besonderen Situation noch fortbestehen. "Vor dem Hintergrund der Covid-19 Pandemie und in Rücksprache mit den lokalen Gesundheitsbehörden haben wir bereits frühzeitig Schutzmaßnahmen eingeleitet. Dennoch müssen wir leider sieben Todesopfer beklagen." Deshalb habe man zum Schutz von Bewohnern und Mitarbeitern entschieden, "am Besuchsverbot vorerst weiter festzuhalten", so Melanie Hoffmeister, Teamleiterin Kommunikation der Cura-Gruppe.
Rainer Knubben, Leiter des Caritasverbandes Gladbeck mit den Seniorenzentren Johannes-van-Acken- und St.-Altfrid-Haus, sieht im 'Muttertagsgeschenk' von Minister Laumann keine Aufforderung zur Sofortmaßnahme, sondern zur schrittweisen Anpassung über einen Zeitraum von drei Wochen, "um ein entsprechendes Schutz- und Umsetzungskonzept zu erstellen und mit dem Bewohnerbeirat sowie den zuständigen Behörden abzustimmen". Aus diesen Gründen wolle man "keinesfalls überstürzt handeln". Im Sinne eines Gesundheitsschutzes der Bewohner und Mitarbeiter "können wir am 10. Mai in unseren Einrichtungen noch keine Besuchskontakte zulassen", so Knubben. Man bemühe sich aber, "zeitnah mit einer angepassten Besuchsregelung starten zu können".
Besucher müssen einen Fragenkatalog beantworten
Um festzuhalten, wer das Seniorenheim besucht hat, auch um mögliche Infektionsketten nachvollziehen zu können, sind die Seniorenheime behördlich angehalten, ein Besucherscreening durchzuführen. Bedeutet: In Besucherlisten wird mit Uhrzeit erfasst, wer wann in der Einrichtung war. "Zudem muss eine Selbsterklärung abgegeben werden, dass man keine Corona-Erkrankung oder Symptome hat", so Kerstin Schönlau. Man setze dabei auch auf das verantwortliche Handeln der Besucher im Sinne der Gesundheit von Bewohnern und Mitarbeitern.
Die Befürchtung bleibe aber, sagt Mechtild Eckholt, "dass durch die Öffnung der Einrichtungen das Infektionsrisiko für die Bewohner wieder steigt". Sie habe Sorge, "dass nicht alle Menschen die möglichen Gefahren mit der gleichen Ernsthaftigkeit betrachten", denn die Pandemie sei zwar eingedämmt, "aber sie ist ja noch nicht vorbei".
>>>Die Besuchsdauer wird eingeschränkt
•Laut Vorgabe des Gesundheitsministeriums sollen Seniorenheim-Besuche von bis zu zwei Personen in den separat eingerichteten Räumen möglich sein. Direkt auf dem Bewohnerzimmer kann der Besuch durch eine Person erfolgen.
•Die Besuchsdauer und -häufigkeit ist je Bewohner auf höchstens zwei Stunden pro Besuch und Tag begrenzt. Beim Kurzscreening müssen Besucher auch Fragen zu möglichen Covid-Kontakten innerhalb der vergangenen 14 Tage beantworten.