Gladbeck/Gelsenkirchen. Die Zahl der Klagen hat drastisch zugenommen. Präsidentin Silvia Fleck: Eine zeitnahe Bearbeitung mit dem vorhandenen Personal ist kaum möglich.

Die 20 Richterinnen und zehn Richter im Gelsenkirchener Sozialgericht standen im letzten Jahr vor enormen Belastungen. Das geht aus dem Jahresbericht des Gerichts hervor. Waren es bisher Klagen im Zusammenhang mit der Grundsicherung für Arbeitsuchende, die die Kammern am meisten beschäftigten, waren es im letzten Jahr Fälle nach dem Krankenversicherungsrecht. Immer häufiger streiten Krankenhäuser und Krankenkassen um die Höhe der Kosten für stationäre Behandlung der versicherten Patienten. Bei den 10731 Klageeingängen ging es in 3240 Fällen um streitige Kosten der Krankenhausbehandlung.

Silvia Fleck, Präsidentin des Sozialgerichts, spricht von einer enormen Herausforderung in einer ohnehin schon angespannten Situation: „Die Mehrbelastung hat die Beschäftigten sowie Richterinnen und Richter über die Grenzen ihrer Belastbarkeit hinaus strapaziert.“ Mit dem vorhandenen Personal sei eine effiziente und zeitnahe Bearbeitung aller sozialgerichtlicher Verfahren nicht mehr möglich.

Streitigkeiten um stationäre Behandlungen stiegen um 70 Prozent

Sylvia Fleck, Präsidentin des Sozialgerichts Gelsenkirchen, berichtet über eine Klagewelle im Bereich Krankenhauskosten.
Sylvia Fleck, Präsidentin des Sozialgerichts Gelsenkirchen, berichtet über eine Klagewelle im Bereich Krankenhauskosten. © FUNKE Foto Services | Thomas Gödde

So mussten die Kammern allein im Streit um die stationären Behandlungskosten gegenüber dem Vorjahr über zusätzlich 985 Klagen entscheiden. Eine Steigerung der Eingänge um 70 Prozent. Als besonders belastend erweisen sich für die Gerichte, über die Einzelansprüche pro Krankheitsfall entscheiden zu müssen. So sind häufig hunderte Einzelfälle in einer Klageschrift zusammengefasst worden. Der Aufwand ist enorm. Bei einer Einzelfallprüfung müssen häufig auch Gutachten medizinischer Sachverständiger eingeholt werden.

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Klageeingänge gemeinsam mit einstweiligen Rechtsschutzverfahren befinden sich bei den dominierenden Rechtsgebieten mittlerweile auf gleich hohem Niveau. Bei der Grundsicherung für Arbeitsuchende waren es 3390, beim Krankenversicherungsrecht 3297 Verfahren. Die Zahl der Verfahren im einstweiligen Rechtsschutz sank um 4,8 Prozent von 712 auf 678 Verfahren.„Trotz der hohen Belastung“, so Silvia Fleck, „konnten im letzten Jahr 9881 Verfahren zum Abschluss gebracht werden.“ Das bedeutet im Vergleich zu 2018, in dem 8623 Verfahren abgeschlossen werden konnten, eine Steigerung um 13 Prozent. Allerdings macht sich im Bestand die drastische Zunahme der Rechtsstreitigkeiten zwischen Krankenhäusern und Krankenkassen bemerkbar. Die Klagewelle in dem Rechtsgebiet erhöhte die Verfahren im Bestand von 9746 in 2018 auf 10567 im letzten Jahr.

Die Prozessdauer liegt bei 12,2 Monaten

Die Prozessdauer von 12,2 Monaten lag im Landesdurchschnitt. Schneller erledigt sind die Fälle bei einstweiligen Rechtsschutzverfahren. Die Gelsenkirchener Gerichte sind mit einer durchschnittlichen Verfahrenslaufzeit von 1,1 Monaten sogar noch etwas schneller als die meisten Gerichte in NRW mit 1,4 Monaten.

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Das Gelsenkirchener Sozialgericht ist auch zuständig für die Städte Bottrop und Herne sowie für den Kreis Recklinghausen. Es bietet 1,15 Millionen Bürgern Rechtsschutz. Die 56 Kammern sind jeweils mit einer Berufsrichterin, bzw einem Berufsrichter und zwei ehrenamtlichen Richterinnen, bzw. Richtern besetzt. Das Verfahren vor Sozialgerichten ist für den Bürger kostenfrei. Wenn er unterliegt, muss er nur die ermäßigten Gebühren seines Anwalts tragen.