Gladbeck. Das Coronavirus macht Reisebüros in Gladbeck schwer zu schaffen. Unternehmen fürchten um ihre Existenz, melden zum Teil Kurzarbeitergeld an.

Das Coronavirus stellt das Leben der Gladbecker Bevölkerung auf den Kopf. Auch Dienstleister, wie die örtlichen Reiseanbieter, haben ihre Geschäfte geschlossen, sind allerdings für ihre Kunden telefonisch erreichbar, wie sie durchweg betonen.

Klemens Funke vom Reisebüro Laudenbach spricht von eine großen „Verunsicherung“ unter seinen Kunden. „Viele warten immer noch ab, ob die Veranstalter ihrerseits bereits gebuchte Reisen stornieren.“ Andernfalls könnte es passieren, dass die Kunden, sofern sie keine Pauschalreisen gebucht haben, auf ihren Kosten sitzen bleiben. Die Situation in seiner Branche beschreibt Funke als „wackelig“. Die Krise dürfe keine drei bis vier Monate andauern. „Den Verlust könnten wir nicht mehr auffangen.“

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Vielen Branchen geht es derzeit schlecht

Für Babette Fallbrede vom Holitime Reisebüro an der Wiesenstraße ist auch der Blick in die Zukunft „katastrophal“. Sie versucht sich mit dem Hinweis Mut zu machen, dass es ja vielen Branchen schlecht gehe. „Wir haben im Augenblick sehr viel zu tun mit Stornierungen und Umbuchungen“, sagt die Geschäftsfrau, „aber wir verdienen nichts dabei.“ Von den von der Bundesregierung in Aussicht gestellten Krediten hält sie wenig und plädiert für einen „Topf mit Soforthilfe“. Als hätte es NRW-Ministerpräsident Armin Laschet vernommen, kündigte er am Freitag einen „Rettungsschirm“ von 25 Milliarden Euro an (siehe Box).

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Klemens Funke vom Reisebüro Laudenbach stellt bei seinen Kunden eine große Verunsicherung fest.
Klemens Funke vom Reisebüro Laudenbach stellt bei seinen Kunden eine große Verunsicherung fest. © FUNKE Foto Services | Lutz von Staegmann

Mustafa Kemal Ugur vom Reisestudio Gladbeck will die Hoffnung auf keinen Fall aufgeben: „Wir haben vor zehn Jahren, kurz nach der Hertie-Insolvenz, unser Geschäft aufgemacht. Das war nicht einfach“, erinnert er sich, „aber wir haben es geschafft, auch die Pleiten Air Berlin und Thomas Cook zu überstehen. Wichtig ist, dass unsere Kunden uns treu bleiben.“ Dann, so hofft Ugur, werden sie nach der Krise sein Büro stürmen. „Dafür versuche ich mich jetzt zu wappnen.“

Unternehmer hat bereits Kurzarbeitergeld angemeldet

Er hat Kurzarbeitergeld angemeldet, beschäftigt er doch neben zwei Auszubildenden und zwei Minijobbern, auch zwei fest angestellte Mitarbeiter. Gar keine Zeit hat augenblicklich Jochen Radermacher, Reiseveranstalter mit Sitz an der Kirchhellener Straße. „Ich habe sehr viel mit Rückholaktionen und Umbuchungen, schon für das nächste Jahr, zu tun.“ Radermacher veranstaltet Luxusreisen; „die werden von Gladbeckern kaum gebucht.“ Seine Kunden kommen aus der ganzen Republik. Radermachers Antwort auf die Frage, warum er dann mit seinem Unternehmen in Gladbeck ansässig sei, beantwortet er ebenso kurz wie einleuchtend: „Ich bin hier geboren und kann so in meinem Elternhaus arbeiten.“ Seine Perspektive auf die Zukunft der Branche charakterisiert der Touristikfachmann als „schwierig“.

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Der Rettungsschirm der Landesregierung

Insgesamt 25 Milliarden Euro sollen in einem „Rettungsschirm“ für Unternehmen in NRW zur Verfügung gestellt werden. „Damit legen wir das größte Hilfsprogramm für Nordrhein-Westfalen seit Bestehen unseres Landes auf“, sagt Ministerpräsident Armin Laschet.

Die Maßnahmen umfassen Bürgschaften für Unternehmen, Zuschüsse für Kleinunternehmer und Erleichterungen bei Fristverlängerungen für die Zahlung von Umsatzsteuer. www.finanzverwaltung.nrw.de

40 Reisebusse stehen zurzeit auf dem Betriebshof des Familienunternehmens Urban-Reisen an der Hornstraße. „Wir haben insgesamt 300 Beschäftigte in Gladbeck, Bottrop und Duisburg“, sagt Senior-Chefin Else Urban, „dafür haben wir Kurzarbeitergeld angemeldet“. Sie vertraut auf ihren Sohn Philipp, der die Geschäfte führt: „Er hat das im Griff“, ist Else Urban überzeugt, die tagsüber an der Telefonzentrale sitzt. „Dies ist eine Situation, die wir noch nie erlebt haben“, sagt Philipp Urban.

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Sämtliche Touristikangebote seien ausgesetzt. Als einziges Standbein bleibt ihm momentan nur die Kooperation mit dem Nah- und Linienbusverkehr. Seine letzten Aktivitäten waren die Rückholaktionen von Schulkindern aus der Skifreizeit. Die Gladbecker Reisebüros der großen Unternehmen wie TUI oder DER durften „auf Anweisung der Geschäftsführung“ keinerlei Auskünfte gegenüber der Presse geben. Eine Rückfrage bei DER Touristik in Frankfurt/M. bestätigte dies. Alle Informationen würden über die Zentrale laufen, heißt es dort. Ob man in Frankfurt über die Befindlichkeiten im Ruhrgebiet so genau Bescheid weiß?