Gladbeck. Die Vertreter aller Gladbecker Fraktionen üben Kritik an Verhalten der Stadtverwaltung. Der Bürgermeister kündigt eine Bürgerinfoveranstaltung an.

Die Stimmung kochte beim Thema „Bau eines islamischen Schülerwohnheims auf ehemaligem Kirchengelände“ im Haupt- und Finanzausschuss deutlich hoch. Die Mitglieder debattierten am Montagnachmittag fast drei Stunden. Unisono wurde dabei der Informationsweg der Stadtspitze kritisiert, die zunächst die Presse und nicht die Politik zum Vorhaben informiert habe. Die CDU bekräftigte zudem ihre Ansicht, dass das geplante Jungenwohnheim nicht zur Integration beitrage und ihre Vertreter lehnten den Bau so entschieden ab. Die anderen Fraktionen forderten vor einer Entscheidung weitere Information und Diskussion im Jugendhilfeausschuss. Bürgermeister Roland räumte den Fehler ein, die Politik und Öffentlichkeit nicht vorab ausreichend informiert zu haben. Er kündigte eine Bürgerinformationsveranstaltung an.

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Vor dem Start der Debatte verdeutlichte der Bürgermeister zunächst in einer Folien-Präsentation, dass sich die Stadtverwaltung nahezu täglich, mindestens wöchentlich mit Anträgen religiöser Glaubensgemeinschaften zu beschäftigen habe, „die sich baulich in Gladbeck vergrößern möchten“. Es gelte zu akzeptieren, dass dieses Tagesgeschäft auch alle Moscheegemeinden betreffe, die einen großen Teil der Stadtgesellschaft ausmachten und die ihr Recht auf Gleichbehandlung und Ausübung ihrer Religionsfreiheit verlangten. Roland nannte hierzu statistische Zahlen, wonach 41 Prozent der in Gladbeck lebenden Menschen eine Migrationshintergrund haben, 38 Prozent aller Schüler muslimisch seien und Kinder dieses Glaubens mehr als 50 Prozent der Einschulungskinder ausmachten.

Die Politik muss beim Abschluss eine Erbpachtvertrages nicht eingebunden werden

Blick auf die geplante Baufläche für das islamische Schülerwohnheim zwischen Ev. Paulus-Kindergarten und Roßheideschule in Brauck.
Blick auf die geplante Baufläche für das islamische Schülerwohnheim zwischen Ev. Paulus-Kindergarten und Roßheideschule in Brauck. © funkegrafik nrw | Miriam Fischer

Bei einem Erbpachtvertrag sei es laut Satzung der Stadt nicht vorgegeben, die Politik in den Beschluss einzubinden, so Roland weiter. Gleichwohl sehe die Stadtspitze in dem aktuellen Vorhaben des Interkulturellen Bildungszentrums ein, dass es ein Fehler gewesen sei, „die Politik nicht rechtzeitig schon vor vier Wochen zu informieren“. Die solle vor dem Vertragsschluss aber geschehen und zudem die Öffentlichkeit bei einer Bürgerinfoveranstaltung am 18. März im Bildungs- und Begegnungszentrum Brauck ab 19.30 Uhr informiert werden, so Roland, der den Ausschuss darum bat, „das Thema sachlich vom Inhalt her zu beurteilen“.

Baubeginn zum Ende des Jahres geplant

Sozialdezernent und Erster Beigeordneter Rainer Weichelt wie im Hauptausschuss darauf hin, dass im geplanten Interkulturellen Bildungszentrum „zukünftig Integration durch Bildung geschehen“ werde. Man arbeite vertrauensvoll mit dem Verein, dem ältesten Gladbecker Moscheeverein von 1976, zusammen und wolle „hier ein Stück Gladbecker Zukunft gestalten.“

Im geplanten Bildungszentrum würden „ausschließlich in Deutschland ausgebildete Imame tätig sein“, informierten Vereinsvertreter die Politik. Der Verein, der anerkannter Träger der Jugendhilfe sei, werde „außerdem Sprachkurse für Geflüchtete anbieten“. Baubeginn des Wohnheims an der Roßheidestraße (zwischen Ev. Paulus-Kindergarten und Roßheideschule) soll Ende des Jahres sein, eröffnen könnte das Zentrum im Sommer 2022.

Zuvor stellten der Sprecher des IBG-Vorstandes Sina Acar die Ziele des Vereines vor, vorrangig Jugendlichen Bildung zu vermitteln, um ihnen eine bessere Teilhabe in der deutschen Gesellschaft zu ermöglichen. Die dabei gezeigten Bilder von Ausflügen oder Abiturfeier, die offensichtlich ausschließlich geschlechtergetrennt erfolgten und junge Mädchen konservativ mit Kopftuch gekleidet zeigten, konnten die CDU wenig überzeugen, „dass hier Integrationsarbeit zielorientiert erfolgt“, so Dietmar Drosdzol.

„Muss den Menschen die Ängste nehmen, dass da etwas Schlimmes passiert“

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SPD-Fraktionschef Michael Hübner stellte klar, dass das geplante Wohnheim „kein Internat ist“, da die Schüler dort zwar übernachteten, aber am Vormittag eine Regelschule besuchten. Natürlich bestehe dabei auch das Interesse, „bestimmte religiöse Inhalte zu vermitteln, das haben andere Religion auch“. Von der seit Jahren betriebenen Bildungseinrichtung der Moscheegemeinde an der Breukerstraße seien ihm zudem „keine Beschwerden aus der Nachbarschaft bekannt“. Er selbst kenne die Arbeit des Vereins, und man müsse den Menschen die Ängste nehmen, „dass da etwas Schlimmes passiert“.

Auf gemeinsamen Antrag von SPD und Grünen, bei Ablehnung durch die CDU, stimmte der Ausschuss schließlich mehrheitlich dafür, der Politik in der nächsten Sitzung des Jugendhilfeauschusses und des Integrationsrates die Inhalte des Bildungsprojektes unter Beteiligung des Landesjugendamtes (Heimaufsicht) und des LWL (Betriebszulassung) sowie gegebenenfalls weiterer Fachleute vorzustellen. Der Erbbaupachtvertrag soll solange zurückgestellt werden. In diesem soll zudem eine Zweckbindung für das Grundstück festgelegt werden, und eine Änderungen die Zustimmung der Stadt bedürfen, nachdem der Jugendhilfeausschuss beteiligt worden ist.

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