Gladbeck. Eine kleine Herde ist von einem geschlossenen Gladbecker Milchbetrieb noch übrig. Zwei Tierfreundinnen suchen für sie dringend ein neues Zuhause.
„Oreo“ ruft Joana Steinwasser einmal über die Weide in Ellinghorst und schon kommt Oreo angetrabt. Der große Ochse ist besonders zutraulich, schließlich kennt er die 16-Jährige schon sein ganzes Leben lang. Zusammen mit drei weiteren Kühen eines ehemaligen Milchbauers lebt Oreo zurzeit auf der Nachbarweide, allerdings nur als Zwischenlösung, denn: Die drei Kühe und der Ochse suchen ein neues Zuhause und das am besten gestern. „Eigentlich ist unsere Deadline schon abgelaufen“, erklärt Sarah Steinwasser (36). Den Tieren droht die Schlachtung, wenn sich keine Lösung findet. Der Bauer braucht seine Wiese selbst, eine andere Unterbringung muss her.
Seit der Milchbauer seinen Betrieb vor etwa eineinhalb Jahren zu einem Pferdehof umgestellt hat und seine Tiere an andere Milchbauern oder zur Schlachtung geschickt hat, ist das Schicksal von Oreo und den Kühen Mia, Kelly und Carina ungewiss. Seit dem Sommer gebe es nun keinen Stallplatz mehr und die Suche würde immer dringender, so Joana Steinwasser. Sie und ihre Mutter telefonieren alle Möglichkeiten in der Gegend ab, mittlerweile ist der Suchradius gewachsen. „Hauptsache gut untergebracht und nicht zum Schlachter - ist jetzt die Devise“, so Sarah Steinwasser.
Tierliebe Privatleute mit Platz für die kleine Herde, das wäre prima
„Am liebsten hätten wir ein Zuhause für die Tiere bei Privatleuten, die noch einen Platz bei sich frei haben.“ Auch eine Unterbringung auf Gnadenhöfen sei denkbar, allerdings müssten Patenschaften für die Kühe gefunden werden. „Eine Kuh auf einem Gnadenhof unterzubringen, kostet im Monat etwa 120 Euro. Man kann sich die Patenschaft mit mehreren Leuten teilen, dann zahlt jeder zum Beispiel zehn Euro im Monat. Aber auch dass summiert sich auf und wenn nach einem Jahr Paten wieder abspringen, bleiben die Höfe auf den Kosten sitzen. Deshalb gibt es da hohe Hürden“, so die 36-Jährige.
Privatleute oder Paten gesucht
Interessierte, die zwar keinen Stellplatz für eine oder mehrere Kühe haben, den Tieren aber trotzdem helfen wollen, können zum Beispiel eine Patenschaft auf einem Gnadenhof übernehmen.
Detaillierte Informationen gibt es bei Joana Steinwasser, die über ihr Smartphone 0157 34626338 (gerne auch per SMS oder WhatsApp) zu erreichen ist.
Wieder zurück in einen Milchbetrieb zu gehen, wäre für Joana Steinwasser eher eine Zwischenlösung, die auch etwa für den Ochsen Oreo freilich nicht in Frage käme. „In den großen Betrieben geht’s am Ende um den Gewinn. Da kann es schon mal sein, dass die Kühe dann nach nur zwei oder drei Jahren doch zum Schlachter kommen.“Durch Anzeigen über Facebook und Beiträge etwa in der WDR-Lokalzeit hätten die Bottroperinnen einige Tipps und Angebote bekommen, viele würden aber kurzfristig wieder abspringen. „Da will jemand alle vier Kühe aufnehmen und schildert super Bedingungen. Einen Tag später hat sich dann irgendwas geändert und man steht wieder am Anfang. Das ist schon kräftezehrend“, schildert Sarah Steinwasser ihre Vermittlerrolle.
Der kleinen Ochse wurde nach dem frühen Tod der Mutter mit der Flasche aufgezogen
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Dass sich Joana Steinwasser trotz aller Anstrengungen mal so sehr für Kühe einsetzt, hätte sie selbst nicht erwartet. Vor etwa fünf Jahren hatte die 16-Jährige ihr Pferd am Stall des Milchbauern stehen und eigentlich nie etwas mit Kühen am Hut. Als die Mutter des Kälbchens Oreo früh stirbt, hilft sie bei der Aufzucht per Flasche, ist in den Sommerferien jeden Tag da und arbeitet später für den Unterhalt der vier übrig gebliebenen Kühe am Hof mit. Kälbchen Oreo führt sie zum Spazierengehen aus und bringt ihm sogar kleinere Kunststücke bei. „Fast schon wie bei einem Pferd“, scherzt Joana Steinwasser.
Aufgrund der engen Bindung zu Oreo und den anderen drei Kühen nahm der Milchbauer auch so lange Rücksicht.„Die Unterscheidung in Haus- und Nutztier kann man hier nicht mehr machen. Man baut eine Beziehung zu den Kühen auf, wie andere vielleicht zu ihrem Hund oder ihrer Katze. Die Vorstellung, dass die eigentlich gesunden Tiere dann aus Finanzierungs- oder Platzgründen geschlachtet werden, ist schlimm“, fasst Joana Steinwasser die Grundstimmung zusammen. Die Kuhfreundin hofft jetzt inständig, dass zügig eine Lösung zur Rettung der kleinen Herde gefunden wird.