Gladbeck. Seit 1. Januar gilt die Belegeausgabepflicht. Die meisten Kunden wollen den Zettel nicht haben. Die Folge: volle Mülltonnen bei den Händlern.
Die neue Bonpflicht erregt in Gladbeck die Gemüter. Seit dem 1. Januar müssen beispielsweise Bäcker, Metzger und auch Tabakwarenhändler, die eine elektronische Registrierkasse besitzen, den Kassenzettel ausdrucken und an die Kunden weitergeben, ob sie wollen oder nicht. Die Kunden dürfen entscheiden, ob sie den Bon annehmen oder liegen lassen. Die meisten ignorieren den Beleg, der wiederum letztlich im Müll landet.
Bei den Händlern ist der Frust groß
Dementsprechend groß ist der Frust bei den Händlern. So wie bei Verkäuferin Elzbieta Balgar vom Fachgeschäft Blumen Risse auf der Hochstraße in der Innenstadt. Es ist erst 12 Uhr, und die graue Mülltonne unter der Ladentheke ist schon zur Hälfte mit Kassenbons gefüllt. Noch bis 18.30 Uhr ist das Geschäft geöffnet. „Die Tonne ist jeden Tag voll“, ärgert sie sich. Vor der Pflicht wurden die Bons bei ihr und ihrer Kollegin immer nur nach Nachfrage ausgegeben. Diese Zeiten sind seit Januar bei Blumen Risse vorbei.
Kunden ärgern sich über die Papierflut
Ein weiteres Problem ist die Entsorgung: Denn so einfach wegwerfen, lässt sich der Müll nämlich nicht. Es handelt sich um Thermopapier. Und dieses beschichtete Papier kann nicht umweltschonend mit Altpapier entsorgt werden. „Wir haben dafür extra einen Container“, sagt Elzbieta Balgar. Von der anderen Seite der Ladentheke kommt seit zwei Wochen nahezu täglich wenig bis gar kein Verständnis über die Pflicht. „Auch die Kunden regen sich auf“, sagt die Verkäuferin.
Ein paar Meter weiter, im Fachgeschäft der Bäckerei Sporkmann, zeigt sich ein ähnliches Bild. Immer wieder fragt Verkäuferin Angelika Groß, ob die Kunden einen Bon wünschen. Zu jedem Produkt, und sei es nur ein knuspriges Brötchen im Wert von 34 Cent, erhält der Kunde einen Kassenzettel. „Nein, danke“, lautet aber deren Standardantwort. Einige der Kunden haben bei der Nachfrage ein Lächeln auf den Lippen. Das Gesetz zur sogenannten Belegausgabepflicht soll ein Beitrag zu mehr Steuergerechtigkeit sein. Bei den Kunden sorgt es hingegen eher für Erheiterung und Kopfschütteln. Mit jedem Einkauf füllt sich im Fachgeschäft der riesige blaue Sack mit unerwünschten Kassenzetteln. „Es gibt Kunden, die sagen, wir sollen den Sack nach Berlin schicken“, sagt Angelika Groß. Adressiert an das Finanzministerium.
Die Kassenzettel landen im Müll
Im Tabakladen Holze hat Gudrun Groß neben der Kasse schon einen kleinen Stapel mit dagelassenen Bons angelegt. „Dann muss ich nicht jedes Mal zum Mülleimer laufen“, meint die Verkäuferin. Denn auch hier lassen fast alle Kunden dieses längliche weiße Stück Papier auf der Ladentheke unbeachtet links liegen. Früher hielt eine Rolle mit Thermopapier bis zu zwei Wochen. „Jetzt verbrauchen wir deutlich mehr“, sagt sie und fügt mit Blick auf die Auswirkungen für die Umwelt hinzu: „Wir wollen doch Müll vermeiden.“
In der Metzgerei „Ridderskamp & Hahn“ wird an der Wurst- und Fleischtheke seit langer Zeit immer der Bon der Verpackungstüte beigelegt. „Das Gesetz ist da, jetzt muss man lernen damit umzugehen und es noch zu verbessern“, meint Kundin Ursula Bondzio.
Kritik vom Zentralverband des Deutschen Bäckereihandwerks
Der Zentralverband des Deutschen Bäckereihandwerks mit Sitz in Berlin kritisiert die neue Bonpflicht. Hauptgeschäftsführer Daniel Schneider erklärt: „Das wird völlig überflüssige Müllberge produzieren.“ Betroffen sind rund 11.000 Betriebe des Deutschen Bäckerhandwerks mit 46.000 festen und 15.000 mobilen Verkaufsstellen.
Bei durchschnittlich 100.000 Kunden je Verkaufsfiliale ergeben sich über fünf Milliarden Bons aus Papier pro Jahr. Das entspricht nur für das Bäckerhandwerk dem 25-fachen Erdumfang oder der zweieinhalbfachen Wegstrecke Erde-Mond.