Gladbeck. Viele Bauern kamen, um gegen die Agrarpolitik der Regierung zu protestieren. 200 Trecker bremsten den Verkehr in Gladbeck und auf der B224 aus.
Trecker an Trecker, gut 200 Schlepper, die sich teils laut hupend, teils mit Transparenten behangen vom Stadtnorden über Schultendorf durch die Stadtmitte zur B224 bewegten und dabei den weiteren Straßenverkehr stoppten. Um gegen die aktuellen Pläne der Bundesregierung zu protestieren, boten die Landwirte der Region einen imposanten Demonstrationszug, der beispielsweise erst nach 20 Minuten komplett den Kreisverkehr an der Schützenstraße passiert hatte.
„Wir wollen eine klare, faire Politik, bei der wir Landwirte als Profis in der Natur sachlich gehört werden“, sagt Landwirt Michael Overgünne. „Und keine einseitige, ideologische und auch falsche Meinungsmache gegen die Bauern mit eier nicht nachvollziehbaren Verschärfung der Regeln für die Landwirtschaft“, ergänzt sein Kollege Bernd im Winkel, Vorsitzender des landwirtschaftlichen Ortsvereins Gladbeck. Überdüngung der Böden mit Gülle, Unkrautvernichter-Einsatz, so dass die Bienen sterben, das seien pauschale Schlagworte der Umweltschutz-Lobby, ohne dass ausreichend differenziert werde. „Immer der Buhmann trotz aller Anstrengungen zu sein, dazu ist das Maß auch für die Bauern in der Region voll.“
Die Umweltauflagen müssen sinnvoll und für die Landwirte umsetzbar sein
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„Wir Landwirte sind definitiv nicht gegen Umweltauflagen“, unterstreicht Overgünne, „sie müssen aber sinnvoll und umsetzbar sein“. Ein engmaschige Nährstoff-Dokumentation regele schon jetzt, wie viel Gülle auf die Felder ausgebracht werden dürfe. „Das sind bei mir pro Kuh 4,5 Kilogramm tierisches Nitrat, die im Jahr auf 6000 Quadratmetern Boden zulässig sind“, da könne man wohl nicht von einer Überdüngung sprechen. „Viele Kollegen fürchteten um die Existenz“, sagt Friedrich Steinmann, da bei zu geringer Bedüngung die Böden auslaugten und die fehlenden Nährstoffe zu nicht ausreichenden Erträgen führten, so der Vorsitzende des landwirtschaftlichen Kreisverbandes Recklinghausen.
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Clara Urban steht derweil im Kreisverkehr an der Schützenstraße mit ihren Kindern im Stau und wartet darauf, dass der Trecker-Protestzug vorbeigefahren ist. „Ich habe Verständnis für die Demo“, sagt die 33-Jährige. Sie habe es ja auch in den letzten Jahrzehnten mitbekommen, dass viele kleinere Bauern in der Region ihre Betriebe schließen mussten weil die Verdienstmöglichkeiten nicht mehr ausreichten. Sie selbst kaufe selbst nur noch Biofleisch, da dabei die Qualität stimme und auch vom Preis „mehr für die Bauern abfällt“.
Wartende Autofahrer zeigen Verständnis für den Protest der Landwirte
Vor ihr steht Nadine Bahr im Stau. Auch wenn sie „eigentlich einen Termin und keine Zeit zu warten habe, finde ich den Protest gut“, sagt die 20-Jährige, während sich der Verkehr weit die Wilhelmstraße hinauf staut. Auch sie sei durchaus bereit, „mehr für gute landwirtschaftliche Produkte zu zahlen“. Beifahrerin Solveig Sepan (36) schlägt vor, „dass die heimischen Landwirte bei der Direktvermarktung auch Onlinegeschäfte einrichten sollten“. Sie würde die Produkte dann gerne vor Ort beim Bauern bestellen und sich direkt liefern lassen, „dann fallen auch die oft langen Transportwege der Zwischenhändler und die für die Schlachttiere weg – und das ist gut für den Tier- und Umweltschutz“.
„Es muss am Ende der Diskussion einen Kompromiss geben, mit der die Landwirte und die Politik leben können“, sagt Friedrich Steinmann. „Wir sind auch nach der heutigen Demo bereit, den Druck auf der Straße weiter zu erhöhen und gegebenenfalls bis nach Berlin zu fahren“, sagt Ansgar Tubes aus seinem Fahrerhaus kämpferisch. Der Kirchhellener Landwirt hat den lokalen Protestzug Richtung Essen maßgeblich mitorganisiert.