Gladbeck. Starkregen und Hitzeperioden: Ein Gladbecker Quartier wird umfassend klimarobust umgestaltet. Ein Vorbild-Modell mit internationaler Strahlkraft.

Die jüngste Entscheidung des Landeskabinetts zur Ruhrkonferenz ist auch eine gute Nachricht für Gladbeck. Denn 60 Millionen Euro zur Weiterentwicklung von Zukunftsprojekten im Ruhrgebiet werden allein 2020 zur Verfügung gestellt. Fördermittel, von denen auch Gladbeck mit einem jetzt schon landes- wie bundesweit beachteten Pilotprojekt zur Klimaanpassung profitieren wird. Konkret geht es um das Vorhaben Modellquartier Brauck-West. „Wir wollen ein großes Stadtquartier von Anfang an mit einem umfassenden Ansatz umgestalten und möglichst viele Synergien nutzen, damit es klimarobuster für die Zukunft aufgestellt werden kann“, erklärt Stadtbaurat Volker Kreuzer im Gespräch mit der WAZ.

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Dazu ins Auge gefasste Herausforderungen, die durch den Klimawandel alle Städte der Region ähnlich betreffen, sind zunehmende Extremwettereignisse mit Starkniederschlägen sowie lange Hitzeperioden und ihre Folgen. Letztere sind zum Beispiel steigende Aufwendungen durch Überflutungsschäden, gesundheitliche Risiken für die Bevölkerung durch hohe Temperaturen und entsprechend negative Auswirkungen für Flora, Fauna und die Grundwasserneubildung. Stichworte, die auch die Zukunftsinitiative „Wasser in der Stadt von morgen“ aufgreift, die zu den 74 geförderten Projekten der Ruhrkonferenz zählt.

Gemeinsame Verpflichtungserklärung der Emscherkommunen

„Die Initiative ist eine gemeinsame Verpflichtungserklärung der Emscherkommunen und der Emschergenossenschaft zur Umsetzung einer klimaresilienten, also klimarobusteren Region mit internationaler Strahlkraft“, erklärt Volker Kreuzer. Bei der Jahresversammlung der Emschergenossenschaft am Freitag soll dieses Bündnis der Emscher-Kommunen von den Bürgermeistern, darunter Gladbecks Ulrich Roland, im Ruhrfestspielhaus Recklinghausen unterzeichnet und auf den Weg gebracht werden.

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Zur Erreichung der Ziele sei eine wassersensible Stadtentwicklung die Voraussetzung, erläutert Frank Restemeyer, Abteilungsleiter Stadtentwässerung im Ingenieuramt. Um möglichst wirkungsvoll das Machbare umfassend anzupacken und umzusetzen, böte das Modellquartier Brauck-West jetzt die Voraussetzung. „Denn hier muss die in die Jahre gekommene, schadhafte Kanalisation aus den 1930er bis 1950er Jahren erneuert, und somit komplette Straßenzüge angepackt, fünf Meter tief aufgerissen und neu aufgebaut werden.“

Klimaresiliente Region

Die Städte in der Emscherregion und die Emschergenossenschaft wollen sich mit ihrer gemeinsamem Erklärung verpflichten, bis 2040 wichtige Ziele zur Klimaanpassung umzusetzen.

Der Abfluss von Regenwasser in Mischsysteme soll um 25 Prozent reduziert, die Verdunstungsrate um zehn Prozent erhöht werden.

Zudem sollen verrohrte Gewässer entflochten und reaktiviert, Hitzeinseln im besiedelten Gebiet reduziert und bei künftiger Stadtplanung vermieden werden.

Schmutz- und Regenwasser würden dort, wie bereits bei anderen modernen Kanalbauarbeiten im Stadtgebiet etwa am Jovyplatz geschehen, von einander entkoppelt. Im Trennsystem, um das saubere Regenwasser Bächen und Grünflächen zuzuführen. Letztere dienten so auch als Sickerflächen, „die bei Starkregen anfallende Wassermassen auffangen können, um Schäden an Häusern durch Überflutung zu minimieren“. Entstehen werden neue Notwasserwege, die auch in Richtung Moltkehalde und dem im Bau befindlichen Sportpark Mottbruch führen, wo Zisternen als Wasserspeicher installiert werden.

Das planerisch Machbare zur Klimaanpassung soll im Modellquartier umgesetzt werden

Apropos Zisternen. Das planerisch Machbare zur Klimaanpassung soll im Modellquartier im Großen wie im Kleinen betrachtet und umgesetzt werden. Neben häufigeren Niederschlägen sind so auch längere Hitzeperioden im Fokus der Planer. Restemeyer nennt dazu das Prinzip der Schwammstadt, „in der Wasser zum Schutz vor Überflutung aufgefangen und in Trockenphasen wieder zur Verfügung gestellt werden kann“ – etwa zur Bewässerung von Grünanlagen und Bäumen. Restemeyer: „Wir überlegen so auch, Wasserspeicher an den neu zu pflanzenden Straßenbäumen einzubauen.“

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Um möglichst viele Synergieeffekte zu nutzen, so Baurat Kreuzer, würden weitere städtische Amtsbereiche bei internen Workshops in die Planungen einbezogen. Das gelte auch für die Bewohner und Immobilienbesitzer im Modellquartier , das die Franz-, Elisabeth-, Theodor-, Johanna-, Helmutstraße (teilweise), An der Erlwiese, Brinkerfeld, Phönix- sowie Eichendorffstraße – und damit auch einige Straßenzüge in Butendorf umfasst. Eine Ausdehnung auf angrenzende Straßen sei möglich. Der Baurat nennt dazu als Beispiel private Dachbegrünungs- und Flächenentsiegelungsmaßnahmen. Wo möglich sollen Fördertöpfe bereit gestellt, beziehungsweise der Weg dahin geebnet und das Modellquartier auch in das Projekt InnovationCity aufgenommen werden. Kreuzer: „In der ersten Jahreshälfte 2020 werden wir dazu eine Bürgerinfoveranstaltung durchführen.“