Gladbeck. Gehandicapte Mitarbeiter der Caritas tauschten ihren Arbeitsplatz mit gesunden Firmenangestellten. Die Lebens- und Arbeitswelten rücken zusammen.

„Ich arbeite seit zehn Jahren bei den Caritas-Werkstätten. Jetzt möchte ich mal raus und was anderes sehen“, erzählt Kevin Koch (29) und schiebt eine Sackkarre mit Gartenstühlen über den Hof des Wasserschlosses Wittringen. Er ist einer von zehn gehandicapten Mitarbeitern in den Werkstätten des Caritasverbandes Gladbeck, die für einen Tag ihren Arbeitsplatz tauschen.

Schichtwechsel heißt das bundesweite Programm, das die Bundesarbeitsgemeinschaft Werkstätten für behinderte Menschen (BAG WfbM) am Donnerstag durchführte. „Wir beteiligen uns an dieser Aktion zusammen mit dem Sozialwerk St. Georg in Gelsenkirchen“, erklärt Werkstattleiter Benedikt Maas. Ziel sei es, die beiden Lebens- und Arbeitswelten einander näher zu bringen.

Werkstätten sind Zulieferer für viele reguläre Betriebe in der Stadt

Kevin Koch arbeitet arbeitet normalerweise in der Essensausgabe der Caritas-Werkstätten, am Donnerstag wechselte er für einen Tag zum Hausmeisterdienst auf Schloss Wittringen.
Kevin Koch arbeitet arbeitet normalerweise in der Essensausgabe der Caritas-Werkstätten, am Donnerstag wechselte er für einen Tag zum Hausmeisterdienst auf Schloss Wittringen. © FUNKE Foto Services | Michael Korte

„Da herrscht noch viel Unkenntnis über die Arbeit in betreuten Werkstätten“, ergänzt Stefan Mühlenbeck, Leiter der Abteilung Beratung und Teilhabe beim Caritasverband. „Dabei sind wir Zulieferer für viele reguläre Wirtschaftsbetriebe.“ Die Gladbecker Werkstätten bestehen aus Näherei und Schreinerei, einer Abteilung für Garten- und Landschaftsbau, einem Montagebereich und der Küche, die unter anderem auch Mahlzeiten an Kindergärten liefert.

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Die Essensausgabe ist normalerweise Kevins Arbeitsplatz. Heute jedoch geht er dem Hausmeister am Wasserschloss zur Hand, während Restaurantfachfrau Anastasia Paponja aus der Wittringer Gastronomie an die Mühlenstraße wechselt und dort in der Küche hilft. Insgesamt neun Arbeitgeber beteiligen sich in Gladbeck an der Aktion. Neben anderen ist die Stadtverwaltung mit zwei Ämtern vertreten, eine Versicherung und eine Kindertagesstätte.

Caritasverband beschäftigt über 300 Mitarbeitern mit Behinderungen

Unternehmen gesucht

Wer sich als Verband oder Unternehmen dem Inklusionsgedanken verpflichtet fühlt und sich vorstellen kann, eine Person mit Behinderung bei sich zu beschäftigen, sollte sich an den Caritasverband Gladbeck wenden.

Zu erreichen ist er unter 02043 2791-0. Zuständig ist Inklusionsassistentin Nadine Hellwig. Weitere Informationen gibt es im Netz unter www.caritas-gladbeck.de

Insgesamt beschäftigt der Caritasverband etwa 300 Mitarbeiter mit Behinderungen, „und es ist nicht immer einfach, allen gerecht zu werden“, sagt Stefan Mühlenbeck. „Für manche bedeutet die Werkstatt eine Zwischenlösung auf dem Weg zu einem externen Arbeitsplatz, andere hingegen richten sich ein und bleiben hier.“ Allerdings, das betonen er und Benedikt Maas, sei es ihre Aufgabe, inklusives Denken zu fördern.

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Zu diesem Zweck wurde Nadine Hellwig als Inklusionsassistentin eingestellt. Sie forscht nach Unternehmen, die bereit sind, Menschen mit Handicap einzustellen. „Und klappt das nicht, können sie jederzeit zurück unter das Dach der Werkstatt“, bietet sie ihren Schützlingen einen sicheren Hintergrund.

Kevin jedenfalls ist sehr zufrieden mit den neuen Aufgaben, die er an diesem Tag erfüllen soll: „Das ist alles sehr abwechslungsreich“, sagt der zukünftige „Schlossmeister“, wie er genannt wird. „Ich bin körperlich fit und auch im Kopf bin ich ganz fit – warum soll ich das nicht schaffen?“

Anastasia Paponja war positiv überrascht vom Job in der Caritas-Werkstatt

Im Gegenzug ist auch Anastasia Paponja nach getaner Arbeit positiv überrascht: „Ich bin in die Küche gekommen und alles war tip top.“ Besonders der Umgang miteinander habe ihr gut gefallen: „Das kennt man ja in Küchen auch schon mal anders.“ Sie werde unter ihren Kollegen auf jeden Fall dafür werben, an dieser Aktion weiterhin teilzunehmen.

Das freut natürlich Antonia Gemein von der Unternehmenskommunikation des Caritasverbandes: „Wir merken, dass da immer noch Barrieren sind, die wir abbauen wollen. Das geht nur über das direkte Kennenlernen. So kann dieser Tag ein Startschuss sein, um mehr Aufmerksamkeit zu erhalten.“