Gladbeck. Dr. Rainer Wendland leitet eine der Schmerzambulanzen im St. Barbara Hospital. Er sagt: „Oft sind seelische Belastungen Grund für Schmerzen“.
Rund zehn- bis zwölftausend Menschen in Gladbeck leiden unter chronischen Schmerzen. Dr. Rainer Wendland ist seit 30 Jahren in der Schmerztherapie tätig und leitet eine von zwei Schmerzambulanzen im St. Barbara Hospital. Rund 500 Patienten behandelt er dort pro Quartal.
„Das Thema wird durch eine immer schneller werdende Zeit immer relevanter.“ Denn: Chronische Schmerzen, so der Mediziner, haben nicht immer körperliche Ursachen, sondern oft auch seelische. „Als Ärzte müssen wir ganzheitlich arbeiten.“ Die Entstehung habe oft mit Stress zu tun. „Ganzkörperschmerzen, für die es keine Ursachen gibt, lassen sich oft mit ungelösten Konflikten oder seelischen Belastungen erklären.“
Auch Patienten mit seelischen Schmerzen Dr. Wendland gibt ein Beispiel. „Nehmen wir etwa eine alleinerziehende Mutter, die berufstätig ist und ständig Kopfschmerzen hat. Die nimmt eine Schmerztablette nach der anderen, um durchzuhalten.“ Der Mediziner weiß: „Da helfen aber keine Medikamente, da muss man das Lebenskonzept überdenken.“ Seinen Patienten empfiehlt er in solchen Fällen etwa progressive Muskelentspannung, „um mit dem selbst auferlegten Druck fertig zu werden.“ Um Anerkennung zu bekommen, würden sich einige Menschen abstrampeln und viel leisten wollen. „Das ist ein Mechanismus, der sich im chronischen Schmerz wiederfindet“, sagt Wendland.
Bundesweit rund zehn Millionen Menschen betroffen
In Deutschland sind rund zehn Millionen Menschen von chronischen Schmerzen betroffen. Am Gladbecker St. Barbara Hospital gibt es aufgrund der hohen Zahl an Patienten gleich zwei Schmerzambulanzen.
Auch aus den umliegenden Städten therapiert Dr. Wendland Patienten. „Betroffene aus einem Radius von etwa 50 Kilometern kommen zu mir“, so der Chefarzt, der noch bis vor einem Jahr in der „Horster Schmerzambulanz“ in Gelsenkirchen tätig war.
Bei einigen Patienten ist ein seelisches Trauma Grund für Schmerzen
Immer wieder behandle er auch Patienten mit einem seelischen Trauma. „Da kommt etwa ein Mann zu mir, der immer Schmerzen an der gleichen Stelle am Kopf hat.“ Eine körperliche Ursache lässt sich nicht feststellen. Schließlich kommt in Gesprächen heraus, dass der ehemalige Bank-Mitarbeiter drei Mal überfallen wurde, drei Mal eine Pistole an eben diese Stelle an den Kopf gehalten bekam, die jetzt schmerzt. „Der Schmerz hatte also eine seelische Ursache.“
Von chronischen Schmerzen sind ganz und gar nicht nur ältere Menschen betroffen, betont der Mediziner. Im Gegenteil: Die Betroffenen werden immer jünger. Auch 14-Jährige haben heute schon Rückenschmerzen. „Was die Körperhaltung betrifft, sind wir wieder auf dem Weg zum Affen, da wir so lange vor dem Computer sitzen.“
Chronische Schmerzen gehören für Betroffene zum Alltag
Das Besondere an chronischen Schmerzen: „Vor ihnen kann man nicht weglaufen. Fassen wir etwa eine heiße Herdplatte an, ziehen wir die Hand schnell zurück. Das funktioniert bei chronischen Schmerzen nicht“, so Dr. Wendland. Sie gehörten zum Alltag und melden sich jeden Tag. Auf diese Schmerzen wirken auch keine Medikamente wie Ibuprofen mehr, sondern nur noch solche, die an die elektrische Leitfähigkeit der Nerven ansetzen. Denn je öfter ein Schmerzimpuls im Gehirn ankommt, desto größer wird er. „Viele Betroffene isolieren sich und ziehen sich in ihr Schneckenhaus zurück“, weiß der Mediziner.
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Dr. Wendland setzt in seiner Therapie neben Medikamenten, die „unbedingt regelmäßig eingenommen werden müssen“, verstärkt auch auf Kunst- und Musiktherapie sowie Klangschalen. Bei chronischen Schmerzpatienten sei die Aktivierung besonders wichtig, also Muskelaufbau durch gezielte Bewegung.