Gladbeck. Der Bergbau bleibt vor dem ersten Weltkrieg die dominierende Kraft in Gladbeck. Der Kriegsbeginn 1914 reißt Gladbeck aus einer blühenden Phase.

Dominierende wirtschaftliche Kraft war in den Jahren vor dem ersten Weltkrieg weiterhin der Bergbau – zwei Drittel der Menschen arbeiteten auf den fünf Zechen. Erst 1911 hatte mit der Zeche Zweckel das jüngste Bergwerk die Kohlenförderung aufgenommen. An der Feldhauser Straße entstand eine prachtvolle preußische Berginspektion. Auch fast alle anderen berufstätigen Gladbecker arbeiteten irgendwie für den Bergbau, ob in Industrie, Handel oder Handwerk.

Beispiel: Das Sägewerk Küster, 1880 in Kirchhellen als Nebenbetrieb auf einem Bauernhof entstanden, war 1892 nach Gladbeck in die Nähe des Bahnhofes Ost gezogen. Mit der Expansion des Bergbaus wuchs und wuchs der Betrieb – Küster produzierte mit immer mehr Mitarbeitern Holz, um den Bedarf der Zechen zu decken. Schließlich wurde er alleiniger Lieferant von Grubenholz für die staatlichen Bergwerke im Vest. Im Gladbecker Betrieb wurde Holz aus allen Teilen Deutschlands, aus Polen und Russland, sogar aus Amerika verarbeitet. Sägewerkchef Anton Küster baute die erste Villa in Gladbeck.

Eine solche Badeanstalt gab es weit und breit nicht

Mit dem 1913 eröffneten Kaiser-Wilhelm-Bad ging in Gladbeck ein Traum in Erfüllung.
Mit dem 1913 eröffneten Kaiser-Wilhelm-Bad ging in Gladbeck ein Traum in Erfüllung. © Sammlung Ricken

Alles florierte und prosperierte, die „Gründerzeit“ war eine Blütezeit für Gladbeck, heißt es in der Bette-Chronik von 1925. Aber trotz des dominierenden Bergbaus mit seinen Arbeiterkolonien, aus denen sich langsam die Stadtteile bildeten, spielte auch die Landwirtschaft noch eine große Rolle und prägte weiterhin die Ortsteile: Weite Teile der heutigen Stadt waren und blieben zunächst Äcker mit Kotten und Höfen.https://www.waz.de/staedte/gladbeck/als-sich-das-dorf-gladbeck-zur-stadt-wandelte-id7639610.html

Im Juni 1913 ging für die Gladbecker ein Traum in Erfüllung: Am Jovyplatz wurde das Kaiser-Wilhelm-Gedächtnisbad eingeweiht – eine Badeanstalt, wie es sie weit und breit nicht gab! Die Volksbadeanstalt wurde vor allem aus Gründen der „Volkshygiene“ erdacht und erbaut: Der ständig wachsenden Bevölkerung sollte eine Bademöglichkeit gegeben werden, da es in den meisten Häusern kein Badezimmer gab, letztlich diene die Badeanstalt der „öffentlichen Gesundheit“, wurde argumentiert. Rund 380.000 Mark (nach heutigem Wert rund 1,9 Millionen Euro) kostete das Bad.

40 junge Gladbecker Firmen bauten das Kaiser-Wilhelm-Bad

Ein Traum von einem Bad: Das Kaiser-Wilhelm-Bad, 1913 eröffnet,  von innen.
Ein Traum von einem Bad: Das Kaiser-Wilhelm-Bad, 1913 eröffnet, von innen. © Stadtarchiv

40 Firmen wirkten beim Bau der Badeanstalt mit, darunter finden sich namhafte Unternehmer aus der Stadt, u.a. Kremer, Völker, Braunsteiner, Theben, König, Gosepath, Wegener, Nießing, Küper und Niermann. Übrigens hielt man beim Bau nicht nur den Kostenrahmen ein, sondern unterschritt ihn sogar leicht, für heutige Zeiten kaum vorstellbar: von den veranschlagten 385.000 Mark wurden nur 380.000 Mark ausgegeben.

Auch interessant

Errichtet wurde der repräsentative, wuchtige Monumentalbau samt Lichthof auf einem rund 6000 Quadratmeter großen Grundstück, das bis dahin die Schützen zum Vogelschießen nutzten (daher „Schützenstraße“). Das Bad bot den Besuchern ein Schwimmbecken von 25 Metern Länge und zwölf Metern Breite samt Ein- und Drei-Meter-Brett. Das Becken hatte eine Wassertiefe von 80 cm bis drei Meter. Dazu kamen Wannenbäder im Erd- und Obergeschoss, Schwitzbäder und natürlich Brausebäder. Im Eröffnungsjahr kamen bereits 122.000 Besucher in die neue Badeanstalt, zehn Jahre später waren es 220.000.

1913 Baubeginn, 1917 Bezug des neuen Amtsgerichtsgebäudes

Ab 1913 gebaut, 1917 bezogen: Das Amtsgerichtsgebäude an der Friedrichstraße.
Ab 1913 gebaut, 1917 bezogen: Das Amtsgerichtsgebäude an der Friedrichstraße. © Stadtarchiv

1913, genau am 1. Februar 1913, bekam Gladbeck auch ein eigenes Amtsgericht. Es wurde zunächst in dem alten, 1907 erbauten zweiten Amtshaus an der Hochstraße untergebracht. Doch von Anfang war klar, dass das Amtshaus nur eine vorübergehende Bleibe war. Schon Ende 1912 hatte der preußische Justizfiskus und die Gemeinde Gladbeck einen „Bau- und Mietvertrag“ geschlossen.

Sie verpflichtete sich, auf ihrem Grundstück an der Ecke Friedrich-/Schützenstraße – es war das alte Gelände des Kotten Küper – ein Gerichtsgebäude samt Gefängnis und Dienstwohnungen für „Unterbeamte“ zu bauen. 1913 war Baubeginn, aber erst Ende 1916 wurde das stattliche Gebäude fertig, im Januar 1917 bezogen. Für den Bau eines Finanzamtes und eines Polizeiamtes – ebenfalls am Jovyplatz – begannen die Planungen.

Auch interessant

Prost auf die blühenden Jahre: Die örtliche Elite traf sich gern zum Bier bei Pröse, u.a. Amtmann Korte und Beigeordneter Kappen (2. u. 3. v.l. am Tisch), dahinter Gemeindevorsteher Hahne. Das Foto stammt von 1912.
Prost auf die blühenden Jahre: Die örtliche Elite traf sich gern zum Bier bei Pröse, u.a. Amtmann Korte und Beigeordneter Kappen (2. u. 3. v.l. am Tisch), dahinter Gemeindevorsteher Hahne. Das Foto stammt von 1912. © STAdtarchiv

Diese blühende Entwicklungsphase wurde jäh unterbrochen, als am 1. August 1914, einem Samstag, der Erste Weltkrieg ausbrach. Der Kriegsbeginn wurde zunächst noch überschwänglich gefeiert, viele junge Männer meldeten sich freiwillig zum Kriegsdienst. Schon ab dem dritten Mobilmachungstag wurden sie von den Bahnhöfen West und Ost mehrmals täglich mit Sonderzügen zu ihren Einheiten gebracht. Doch schon bald sollte Ernüchterung eintreten und das Leben in Gladbeck massiv beeinträchtigt werden.

Gottesdienste zur Mobilmachung

Für die in den Krieg eilenden Männer (17 bis 47 Jahre alt) gab es vorher Gottesdienste mit Segnungen in St. Lamberti und in der neuen Zweckeler Herz-Jesu-Kirche. Zuvor hatten Unteroffiziere und Mannschaften in Buer anzutreten, wo ein militärisches Meldeamt eingerichtet worden war.

Der deutsche Kriegsbeitritt traf Gladbeck mitten in der Erntephase. Schon drei Tage später klagten die Bauern über einen Arbeitskräftemangel. Lücken schlossen zunächst Schüler. Schon am 10. August 1914 standen die ersten Namen von Gefallenen in der Zeitung, am 11. August entsprechende Todesanzeigen der Familien.