Zu dritten Großveranstaltung im Jahr des Stadtjubiläums lädt der Seniorenbeirat. Im Fritz-Lange-Haus werden Erinnerungen an alte Zeiten geweckt.

Das waren noch Zeiten, als es auf fast jedem zweiten Dachboden oder im Garten Taubenschläge gab und als man an jeder Ecke ein „Pilsken“ trinken konnte. Diese Zeiten lassen Seniorenbeirat und -beratung am 1. Oktober im Fritz-Lange-Haus lebendig werden. „Erzähl mal!“ ist das Motto der dritten Großveranstaltung zum 100. Stadtgeburtstag.

Vom Rennpferd des kleinen Mannes erzählt Taubenzüchter Manfred Berger

Die Organisatoren haben ein paar Menschen gefunden, die wirklich viel erzählen können über diese beiden typischen Ruhrgebietsthemen. Manfred Berger, der Vorsitzende der Brieftauben-Reisevereinigung, und seine Frau Marianne beschäftigen sich schon Jahrzehnte mit den „Rennpferden des kleinen Mannes“. Sie haben die Hochzeiten der Taubenzucht und des Taubensports miterlebt – als die Züchter vor den sonntäglichen Preisflügen noch Geld auf ihre Tiere setzen und entsprechend gespannt und aufgeregt auf deren möglichst schnelle Rückkehr warteten.

Die alte Gaststätte und Kornbrennerei Puls Rosör lag an der Ecke Buersche Straße / Konrad-Adenauer-Allee.
Die alte Gaststätte und Kornbrennerei Puls Rosör lag an der Ecke Buersche Straße / Konrad-Adenauer-Allee. © Stadt | Stadt

Als mancher „Taubenvatter“ seinem „Blauen“ oder „Gescheckten“ am liebsten den Hals umgedreht hätte, weil der es sich nach dem langen Flug erst einmal auf dem Dach gemütlich machte anstatt in den Schlag zu hüpfen. Als die Kinder – weil kaum jemand schon ein Telefon hatte – immer mal wieder zu Züchtern in der Nachbarschaft laufen mussten, um Papa berichten zu können, wie viele Tauben dort schon registriert waren.

Apropos registriert: Manfred und Marianne Berger bringen ganz sicher eine alte Registrieruhr mit, die damals genau festhielt, welche Taube wann den heimatlichen Schlag erreicht hatte. Und ein paar Tauben werden sich die Besucher auch aus der Nähe ansehen können.

1967 gab es 167 Schankwirtschaften in Gladbeck

Danach ist erst einmal Ulrich Hauska, der Leiter der städtischen Seniorenberatung, an der Reihe. Kneipen liegen ihm noch aus seiner Zeit als Mitarbeiter im Ordnungsamt am Herzen: „Es gab damals noch zwei städtische Schankanlagen-Kontrolleure, die unangemeldet in den Gaststätten auftauchten und manch Unappetitliches zu Tage gefördert haben.

Kartenvorverkauf startet am Montag

Der Nachmittag unter dem Motto „Erzähl mal“ ist nach dem „Tag des Bergmanns“ und dem „Nachmittag wie vor 100 Jahren“, die dritte Großveranstaltung, die Seniorenberatung und Seniorenbeirat zum 100. Geburtstag der Stadt Gladbeck auf die Beine gestellt haben.

Die Veranstaltung mit Taubenvater und -mutter sowie Wirten beginnt am 1. Oktober um 14 Uhr im Fritz-Lange-Haus an der Friedrichstraße. Eintrittskarten kosten 4 Euro. Der Vorverkauf startet am kommenden Montag. Info-Telefon: 992775

Da wussten wir immer, wo man Bier trinken kann und wo besser nicht“, erzählt er schmunzelnd. Hauska hat eine ganze Reihe von Anekdoten auf Lager, die er zum Besten geben will, wenn er den Besuchern auf der Leinwand Fotos von 20 alten Gladbecker Kneipen präsentiert. Ob er wohl auch die aus dem Saunaclub Aphrodite erzählt? 1967 gab’s im Stadtgebiet sage und schreiben 167 Schankwirtschaften, und alle Wirte hatten ihr Auskommen.

Von diesen guten Zeiten erzählen anschließend vier Menschen aus eigenem Erleben: Theo Marnette ist langjähriger Betreiber vom „Haus Marnette“ in Gladbeck-Ost. Er weiß, dass man mit Pils und Hochprozentigem allein heute kaum jemanden aus den eigenen vier Wänden locken kann. Engelbert Gatzke, ehemaliger Betreiber vom „Haus Dörnemann“ in Ellinghorst, wird bestimmt die schöne Geschichte erzählen, mit der er schon seine Gäste zum Lachen gebracht hat: Statt seinen hohen Deckel bei Dörnemann zu bezahlen, habe der lieber die Wirtin geheiratet.

Viele Promis wie Inge Meysel und Heinz Erhard waren schon in Gladbeck

Rolf Meyer hat früher das „Haus Kleimann“ in Rentfort geführt. Auch ihm werden die Moderatoren Ullrich Hauska und Hans Nimphius (Seniorenbeirat) sicher die eine oder andere Anekdote entlocken. Und schließlich sitzt noch Reni Dölcken mit am Stammtisch.

Sie ist sozusagen in der Kneipe groß geworden. Ihr Vater Albert Koopmann war stadtbekannter Gastwirt, betrieb u. a. die Restauration im Schloss Wittringen, den Schultenhof und das Hotel plus Kneipe an der Horster Straße. Die Tochter hat hautnah miterlebt, wenn dort Promis abstiegen, bekannte Fußballer zum Beispiel, Schauspielerinnen wie Inge Meysel und Ilse Werner. Heinz Erhard war zu Gast, genau wie Willy Brandt . . . Sie hat sicher viel zu erzählen.

Musik gibt’s auch – allerdings nicht aus der Musicbox. Rainer Migenda stimmt mit den Gästen Lieder an, die zum Thema passen: Griechischer Wein, Es gibt kein Bier auf Hawaii, Die kleine Kneipe in unserer Straße und Co können bestimmt alle mitsingen. Und damit die Kehlen nicht trocken werden, spendiert die Köpi-Brauerei 100 Liter Pils. Freibier für alle!