Gladbeck. Die SPD-Spitze sieht die Roland-Nachfolge als Riesenaufgabe. Bettina Weist sei eine geeignete Kandidatin. Die Mitglieder sollen entscheiden.

Bürgermeister Ulrich Roland hat angekündigt, bei der Kommunalwahl im kommenden Jahr nicht mehr zu kandidieren. Die CDU hat ihren Kandidaten Dietmar Drosdzol schon benannt und die Grünen überlegen, Simone Steffens aufzustellen. Nur die SPD hält sich mit Namen noch bedeckt. Die WAZ sprach mit Parteichef Jens Bennarend und Fraktionsvorsitzendem Michael Hübner über den möglichen Kandidaten, wichtige politische Inhalte der Gladbecker SPD und Ziele der künftigen Politik.

Die Parteien sind schon mitten im lokalen Wahlkampf, die CDU hat bereits öffentlich gemacht, dass sie mit Dietmar Drosdzol ins Rennen um das Bürgermeisteramt geht, auch die Grünen überlegen, mit Simone Steffens anzutreten. Wie sieht es bei der SPD aus?

Jens Bennarend: Die Gespräche laufen. Bei uns entscheidet aber die Partei, das wollen wir nicht an den Mitgliedern vorbei festlegen. Fest steht aber, dass wir jemanden als Kandidaten wollen, der Gladbeck kennt und Gladbeck kann.

Michael Hübner: Und da ist auch Bettina Weist (Anm. der Redaktion: Leiterin des Amts für Bildung

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und Erziehung) ein guter Vorschlag, um die es ja bereits Gerüchte gibt. Sie kennt und kann Gladbeck und ist hier total verankert. Klar ist aber auch, dass es schwer wird, Bürgermeister Ulrich Roland zu ersetzen. Das ist eine Riesenaufgabe für uns als Fraktion. Er ist ja bei jeder Veranstaltung dabei, aus Überzeugung.

Bennarend: Wir haben in der Partei vor eineinhalb Jahren mit einem Qualifizierungsprogramm einen Erneuerungsprozess gestartet. Der läuft und wird sich ab 2020 bemerkbar machen. Dann werden wir in großem Maße neues Personal haben.

Herr Hübner, wie sieht es mit Ihnen aus, könnten Sie sich auch selbst vorstellen zu kandidieren?

Hübner: Ich bin Fraktionsvorsitzender und Ortsvereinsvorsitzender und mir meiner Verantwortung bewusst. Ich werde an einer guten Lösung mitarbeiten. Es ist absehbar, dass wir unseren Kandidaten öffentlich benennen.

Warum warten Sie damit noch?

Bennarend: Wir wollen erst, dass die Inhalte stehen. Denn die Inhalte müssen auch zur Person passen. Das muss aus einem Guss sein.

Welche Themen wollen Sie denn setzen?

Hübner: Ein zentrales Thema bleibt das Wohnen. Wir haben bei Neubauten steigende Quadratmeterpreise. Es bleibt wichtig, dass wir mit der GWG eine Wohnungsbaugesellschaft vor Ort haben. Beim ÖPNV (Öffentlichen Personennahverkehr) muss sich etwas hinsichtlich des Netzes, der Taktung und des Preises tun. Da brauchen wir eine weitere Verbesserung.

Bennarend: Bildung bleibt ein wichtiges Thema und die Frage, wie schaffen wir einen Kita- und

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Schulausbau. Denn Bildung ist der Schlüssel. Wir haben zu wenige Lehrer und auch das OGS-Angebot (Offener Ganztag) reicht nicht aus. In Statistiken hieß es lange, wir werden weniger Menschen – und wir waren so doof und haben das geglaubt. Das stellt uns jetzt natürlich vor Herausforderungen. Dabei ist es super, wenn Gladbeck wächst und

Bundespolitik auch wichtig für die Lokalwahl

Von den Verlusten der SPD bei der Europawahl war Jens Bennarend, der als Kandidat angetreten war, ganz direkt betroffen. Er sei aber schon mit dem Wissen angetreten, dass er wohl nicht in das Europäische Parlament einziehen werde.

Dass die Partei auf europäischer Ebene so „abgestraft wurde“, habe vor allem mit der Bundespolitik zu tun, sagt Bennarend. Denn er werde immer wieder von Bürgern darauf angesprochen, „dass wir deshalb nicht wählbar sind“.

Da sei es schwer, den Menschen zu vermitteln, dass es bei überregionalen Wahlen auch um lokale Interessen gehe. „Ich sage aber immer, wer uns in Gladbeck wählt, macht uns mit seiner Stimme zum Beispiel auch gegenüber Berlin stark“, so der Gladbecker Parteichef.

jünger wird. Da hat die Zukunft von Gladbeck schon heute angefangen

Hübner: Zudem haben wir den Vorschlag gemacht, das Innovationszentrum Wiesenbusch auszubauen, dort gibt es eine 100-prozentige Auslastung. Die Prüfung läuft.

Bennarend: Wir müssen außerdem die Verkehrswende hinbekommen. Da halten wir die Brennstoffzelle für eine Lösung. Während die Grünen bei der Europawahl deutlich zulegen konnten, musste die SPD herbe Verluste hinnehmen, verlor fast 20 Prozent im Vergleich zu 2014.

Wie blicken Sie hinsichtlich der bevorstehenden Kommunalwahl auf den Erfolg der Grünen bei der Europawahl? Sorgt Sie der Aufschwung?

Hübner: Wir haben viele grüne Themen schon seit Jahren auf dem Schirm. Die Marathonbahn ist beispielsweise mit LED beleuchtet, der Umweltbereich war in der Stadtverwaltung immer direkt beim

Bürgermeister angesiedelt, da dieser immer eine besondere Wichtigkeit hatte. Das alles hatte aber nicht die Breitenwirkung, die jetzt durch die Fridays for future-Bewegung erreicht und durch die Medien aufgegriffen wird.

Bennarend: Das Thema Nachhaltigkeit ist jetzt in einem Maße in der Menschheit angekommen, das wir vorher nicht hatten. Dazu brauchte es eine gesellschaftliche Entwicklung. Uns sorgt der Aufschwung der Grünen aber nicht. Wir arbeiten seit zehn Jahren toll mit den Grünen zusammen und würden uns freuen, dass wir künftig mit einem starken grünen Partner weiter zusammen arbeiten. Die ökologische Frage ist aber immer auch mit der sozialen Frage verbunden. Es gibt Menschen, da kommt man mit grünen Fantasien nicht weiter, die müssen ihren Lebensalltag bestreiten. Menschen mit einem niedrigen Einkommen ernähren sich im Schnitt schlechter, die können sich biologische Lebensmittel nicht leisten.