Gladbeck. Dem Aufruf der Initiative Maria 2.0 folgten Frauen aus ganz Gladbeck – und auch einige Männer. Sie traten vor St. Lamberti in den Kirchenstreik.

Das war eine Demo der ganz anderen Art: Rund 150 Frauen – und auch Männer – traten am Sonntagmorgen vor der Lambertikirche in den „Kirchenstreik“, während drinnen Propst André Müller den Sonntagsgottesdienst feierte. Die Demonstranten wollten – wie an vielen Orten bundesweit – ein Zeichen setzen, dass es beim Thema Frauenrechte in der katholischen Kirche, Missbrauch und Zölibat eine „radikale Wende“ geben müsse. „So kann es mit der Kirche nicht mehr weitergehen“, rief Elisabeth Labas, eine der Initiatorinnen in Gladbeck, den Streikenden zu.

Ausgestattet mit heller Kleidung und weißen Schals – dem Erkennungszeichen der in Münster entstandenen Initiative „Maria 2.0“ – feierten die Streikenden vor dem Kirchenportal eine Andacht. Und die Demonstranten nahmen kein Blatt vor den Mund. „Fassungslos, enttäuscht und wütend stehen wir vor dem Scherbenhaufen, zu dem unsere Kirche geworden ist“, sagte Mitinitiatorin Labas in einer Ansprache während der Andacht.

Initiatorinnen kritisieren die „selbstherrlichen Männerbünde“

Propst André Müller (r.)  kam nach dem Gottesdienst zu den Protestierenden – hier im Gespräch mit den Initiatorinnen (v.r.) Claudia Neite-Schäfer, Elisabeth Labas und Claudia Himmelsbach. Mit dabei Klaus Altenhölscher, langjähriges Kirchenvorstandsmitglied.
Propst André Müller (r.) kam nach dem Gottesdienst zu den Protestierenden – hier im Gespräch mit den Initiatorinnen (v.r.) Claudia Neite-Schäfer, Elisabeth Labas und Claudia Himmelsbach. Mit dabei Klaus Altenhölscher, langjähriges Kirchenvorstandsmitglied. © Lutz von Staegmann

Sie wies hin auf die „selbstherrlichen Männerbünde in dem herrschenden klerikalen System“, den Pflichtzölibat, die „verlogene und verbiegende Sexualmoral“ und den „unsäglichen Missbrauch von Kindern und Jugendlichen durch Priester“. Labas: „Wenn es den Männern in der Kirche bisher nicht gelungen ist, den Verfall aufzuhalten, wenn manche von ihnen zu dem Verfall beigetragen haben oder noch beitragen, vielleicht gelingt es uns Frauen, das Steuer des Kirchenschiffs herumzureißen.“

Labas nannte die Forderungen der Aktion „Maria 2.0“: Zugang von Frauen zu allen Kirchenämtern, Aufhebung des Zölibats, Ausrichtung der kirchlichen Sexualmoral an der Lebenswirklichkeit, kein Amt mehr für diejenigen, die geschändet haben, die Taten geduldet oder vertuscht haben, und: Überstellung der Täter an weltliche Gerichte und uneingeschränkte Kooperation mit den Behörden.

Teilnehmer des Kirchenstreiks lobten die Aktion

Andacht statt Gottesdienst: Protestierende vor St. Lamberti.
Andacht statt Gottesdienst: Protestierende vor St. Lamberti. © Lutz von Staegmann

Reichlich Applaus gab es von den Streikenden für die Forderungen, aber auch für die mutigen Worte der Initiatorinnen. „Es brodelt seit langem in mir, ich stehe der Amtskirche kritisch gegenüber“, sagte Elisabeth Paß. „Vieles gefällt mir nicht, ich hoffe, dass sich bald etwas ändert.“ Elisabeth Alt lobte: „Veränderung fängt wie hier im Kleinen an.“ Die Gläubigen wollen nicht mehr „von oben herab“ behandelt werden. Auch Männer lobten die Initiative. „Ich stehe dahinter, das ist im Sinne der Kirche, wir sind keine zweigeteilte Kirche“, sagte Herbert Otto. Rolf Esser meinte: „Das ist ein konstruktiver Streik, gegen die starren Hierarchien in der Kirche.“ Die Initiative gehe in die Richtung von „Fridays for Future“.

Warum heißt der Frauenstreik „Maria 2.0“?

Warum heißt die Frauen-Streikaktion „Maria 2.0“? Eine der Mit-Initiatorinnen in Münster, Andrea Voß-Frick, erklärte das in einem Interview mit dem WDR: „Maria“ stehe stellvertretend für das Frauenbild der katholischen Kirche. Eine Frau, die man „auf einen Sockel stellen und verehren“ könne, die aber selbst schweigen und Demut zeigen solle. Voß-Frick: „Das ist ein Frauenbild, das wir nicht teilen.“

Maria 2.0 stehe dagegen für eine starke Frau, die sich engagiere und selbstverständlich alle kirchlichen Aufgaben übernehmen könne. Das Motiv der Aktion sei „Sehnsucht nach einer geschwisterlichen, liebenden und erneuerten Kirche“.

Nach dem Gottesdienst, der trotz des Streikaufrufs gut besucht war, kam Propst André Müller zu den Protestierenden. Er zeigte Verständnis: „Es geht nicht um Spaltung.“ Die Initiative sei ein kleiner Schritt hin zu einem nachvollziehbaren Ziel. Die Initiatorinnen kündigten weitere Aktionen an. Am Samstag, 18. Mai, findet um 17.30 Uhr vor der Herz-Jesu-Kirche der nächste Streik statt. Vor der Kirche sammelten sie am Sonntag auch Unterschriften, mit denen die Teilnehmer die Forderungen der Initiative „Maria 2.0“ bekräftigen konnten. Sympathiebekundungen hatten die Initiatorinnen von Frauen aus allen Gemeinden in Gladbeck bekommen.