Gladbeck. Nur ein Anwohner der Sperrzone musste mit Hilfe der Polizei aus der Wohnung geholt werden. Die Bombenentschärfung verlief ohne Komplikationen ab.
Die Bombenentschärfung am Samstagnachmittag sorgte für eine Ausnahmesituation in der Gladbecker Innenstadt, die zweieinhalb Stunden andauerte. Um 14.30 Uhr erreichte die erhoffte Nachricht von Feuerwerker Uwe Pawlowski die Einsatzleitstelle in der Hauptwache der Feuerwehr: „Blindgänger entschärft“. Damit konnten die Sperrstellen an de Straßen und Wegen aufgehoben werden, die die Sicherheitszone um den Bombenfundort am Dietrich-Bonhoeffer-Haus abgeriegelt hatten. Auch alle rund 1500 von der vorherigen Evakuierung betroffenen Anwohner konnten so wohlbehalten in ihre Wohnungen zurückkehren.
Wie auch in der WAZ angekündigt worden war, startete um 12 Uhr der Fahrplan zur Entschärfung der 250-Kilo-Fliegerbombe aus dem Weltkrieg.
Vorab waren die rund 50 eingesetzten Mitarbeiter der Stadtverwaltung und des ZBG noch in einer kurzen Besprechung im Neuen Rathaus instruiert worden, welche Sperrstellen sie zu besetzen haben, damit niemand mehr den Sicherheitsbereich betritt. Einsatzkräfte des Gladbecker DRK erhielten Informationen, wo Personen mit Geheinschränkung oder Bettlägrigkeit Hilfe benötigen und mit Krankentransportern abgeholt werden müssen. Acht Personen hatten sich vorab gemeldet.
Evakuierungsbereich wurde in fünf Kontrollbezirke eingeteilt
Das Ordnungsamt wies zudem Zweier- und Dreierstreifen des Kommunalen Ordnungsdienstes (KOD) einen der fünf Räumbezirke zu. In diese war der Evakuierungsbereich, der einen Sicherheitsradius von 250 Metern um den Bombenfundort umfasste, aufgeteilt worden. Aufgabe des KOD: An den Haustüren klingeln und kontrollieren, beziehungsweise dafür
sorgen, dass alle Wohnungen geräumt werden. Eine vorgeschriebene Maßnahme im Bevölkerungsschutz, damit im Falle der Explosion des Blindgängers niemand durch die Detonation und umherfliegende Splitter verletzt wird.
Ab 12 Uhr wurden die festgelegten 16 Sperrstellen an den Zufahrtsstraßen und Wegen um den Sicherheitsbereich mit roten Sperrbaken abgeriegelt. Teils gar nicht so einfach, da die leichten Plastiksperrzäune durch starke Windböen umgepustet wurden. Die Feuerwehr fuhr mit ihrem Lautsprecherwagen durch den Sperrbereich, informierte mit Durchsage zur Bombenentschärfung und rief dazu auf, die Wohnungen zu räumen und das Sperrgebiet zu verlassen: „In der Stadtbücherei ist eine Anlaufstelle eingerichtet worden, wo Sie sich aufhalten können“.
Ein Teil der Fußgängerzone war schnell menschenleer
Ein Teil der Fußgängerzone war so auch schnell menschenleer, da unter anderem die Hochstraße von Willy-Brandt-Platz bis Goethestraße zum
Sperrgebiet zählte, so dass hier auch die Geschäfte schließen mussten. Einzig unterwegs waren die Streifen des Ordnungsamtes, die an den Haustüren klingelten. Und immer wieder öffnete sich die Haustüren, wie etwa am Goetheplatz. „Ich wusste von der Bombenentschärfung und hatte es so verstanden, dass alle Personen, die ihre Wohnung verlassen müssen, einen Infobrief der Stadt erhalten“, erklärte Dominika Piekarski KOD-Mann Frank Plenker. Sie habe keinen im Briefkasten gefunden, so gedacht, „dass wir unsere Wohnung nicht räumen müssen.“ Mit Söhnchen Leon auf dem Arm verließ die Neu-Gladbeckerin dann zügig den Sicherheitsbereich.
Die Stadtverwaltung wurde bei der Evakuierung von Polizeikräften
unterstützt. Sie standen an Sperrstellen bereit, um zügig dem KOD helfen zu können, falls Bürger sich uneinsichtig zeigen. Letztlich nur in einem Fall mussten Polizeibeamte bei einem Mieter in der Barbarastraße hinzugerufen werden, der sich weigerte die Wohnung zu verlassen.
Viele Anwohner hatten sich vorbereitet und waren bei Verwandten untergekommen
Viele Innenstadtanwohner hatten sich auf die Entschärfungsmaßnahme eingestellt, die Wohnung verlassen, um sich beispielsweise bei Verwandten außerhalb des Sperrbezirkes aufzuhalten. „Wir haben unsere
beiden Söhne Marlon (10) und Felix (4) zu Freunden beziehungsweise zu den Großeltern gebracht“, erzählten Despina und Christian Huesmann. Beide hatten sich von der Wohnung an der Oberen Goethestraße in der Sammelstelle im gemütlichen Lesecafé der Stadtbücherei eingefunden. „Weil wir uns hier auch gut mit unseren beiden Hunden Edda und Bolle aufhalten und die Entschärfung abwarten können.“ Ein paar Tische weiter saß Gisela Klempke (79). Sie habe über die Kontakt-Telefonnummer der Stadtverwaltung selbst darum gebeten, „vom DRK abgeholt zu werden“, so die gehbehinderte Seniorin. Sie wartete bei einer Tasse Kaffee und einem belegten Brötchen ab. Freundliche Mitarbeiterinnen der Stadtverwaltung sorgten für die Verpflegung. „Wir haben hier rund 60 Personen, die die Entschärfung abwarten“, hatte Stadthallen-Chefin Dagmar Wollschläger-Musiol durchgezählt.
Mit dem 14-Uhr-Glockenschlag der Christuskirche startete die Bombenentschärfung
Die Gesamtmaßnahme lief letztlich wie erwartet ab. Kurz vor 14 Uhr hatte die Leitstelle planmäßig alle Meldungen der KOD-Streifen vorliegen: „Bezirk ist kontrolliert und geräumt“. Feuerwerker Uwe Pawlowski konnte so mit dem Glockenschlag der Christuskirche in die Entschärfungsgrube
steigen, um hochkonzentriert den Aufschlagzünder weiter frei zu legen und dann aus der Fliegerbombe zu drehen.
Um 14.20 Uhr war der gefährliche Job erledigt. Mit seine Kollegen vom Kampfmittelbeseitigungsdienst, die im Rückraum mit einem Bagger gewartet hatten, wurde die entschärfte Bombe aus der Grube und in einen zum Abtransport bereitstehenden Lkw gehoben. Der erfahrene Experte sprach letztlich von einer eher unkomplizierten Entschärfung. Uwe Pawlowski: „Der Zünder war gut zugängig und ließ sich relativ gut herausdrehen, die englische Fliegerbombe lag auch fast waagerecht und nur etwa 1,50 Meter unterhalb der Erdoberfläche im Boden.“