Gladbeck. . Ingeborg Redmann hat seit 56 Jahren eine finnische Freundin. Zwei Mal trafen sie sich. „Wir sind miteinander alt geworden“, sagt die 72-Jährige.
Mit einer Kontaktanzeige in der Jugendzeitschrift „Rasselbande“ im Jahr 1963 fing alles an. Als Ingeborg Redmann die Suche einer Finnin nach einer deutschen Brieffreundin entdeckte, griff sie gleich zu Stift und Papier. „Sie las genauso gerne wie ich, wohl auch deshalb habe ich mich bei Anna-Liisa gemeldet“, sagt die Gladbeckerin 56 Jahre später. Und so flatterte bald ein Brief bei Anna-Liisa Helenius im finnischen Loviisa, nahe Helsinki, ins Haus. Zunächst tauschten sich die damals 17-jährigen Mädchen über die neueste Bikini-Mode, Dauerwellen oder aktuelle Schallplatten aus. Mit den Jahren wurde der Austausch ernsthafter.
Irgendwann verlor sich der Kontakt. Doch Ingeborg Redmann, die viele Jahre bei der Gladbecker Stadtverwaltung arbeitete, suchte nach einiger Zeit wieder nach ihrer Freundin. „Ich schrieb das Meldeamt in ihrer finnischen Heimatstadt an – auf deutsch. Und ich bekam tatsächlich eine Antwort sowie die neue Adresse von Anna-Liisa.“ Die Finnin freute sich nach der langen Zeit riesig über einen erneuten Brief aus Deutschland.
„Wir haben uns gesehen und waren uns sympathisch“
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1976 begegneten sich die beiden zum ersten Mal. Gemeinsam mit ihrem damaligen Verlobten und einem befreundeten Pärchen war Anna-Liisa Helenius auf einer Rundreise durch Deutschland unterwegs. „Wir haben uns gesehen und waren uns direkt sympathisch“, erinnert sich die 72-Jährige. „Der erste Besuch meiner Brieffreundin aus Finnland“ sind zwei Bilder der jungen Frau überschrieben, die die Mutter zweier Töchter später in ein Fotoalbum klebte.
Ihre zerbrochenen Ehen schweißten die Freundinnen dann noch enger zusammen. „Wir haben uns viel ausgetauscht und unsere ähnlichen Lebenswege haben uns verbunden.“ Auch über die Landesgrenzen hinweg. Das Besondere an ihrer Freundschaft über all die Jahre ist, dass sie sich vertrauen und sich sehr offen schreiben, berichtet die Gladbeckerin. „Wir sind miteinander alt geworden.“
Seit 1979 haben sich die beiden nie wiedergesehen
1979 sahen sich die beiden ein zweites Mal wieder, auch da war Anna-Liisa Helenius mit Freunden in Deutschland unterwegs und wohnte gemeinsam mit ihnen für vier Tage auch bei Ingeborg Redmann. „Ich habe Gulasch und Rouladen gekocht, die deutsche Küche hat ihnen gut geschmeckt.“
Den Besuchern gefiel die Stadt, Wittringen und auch das Ruhrgebiet hatten sie sich wegen der verbreiteten Klischees viel dreckiger vorgestellt. „Seitdem haben wir uns nie wiedergesehen.“ Doch die Verbindung ist bis heute geblieben. Aus den Briefen wurden mit den Jahren Nachrichten auf Facebook oder Videos und Fotos per WhatsApp. Der Wunsch von Ingeborg Redmann aber bleibt: „Ich würde Anna-Liisa gerne einmal in Finnland besuchen.“