Gladbeck. . Marita Rörtgen schloss als 13-Jährige Brieffreundschaft mit einem Norweger. Gemeinsam mit ihren Partnern treffen sie sich bis heute jährlich.

Dass aus der Brieffreundschaft der Schülerin der Mädchenrealschule Gladbeck und dem norwegischen Jungen aus Sandefjord einmal eine Lebensfreundschaft werden würde, das hatte die damals 13-Jährige nicht geahnt. Dann nämlich hätte Marita Rörtgen die Schreiben aufbewahrt, die sie regelmäßig aus dem skandinavischen Land geschickt bekam.

Hans Egil Carlsen aber, ihr norwegischer Freund, hob einige der Briefe auf und so fand auch der allererste Brief, den die Schülerin 1967 nach Norwegen schickte, einen Platz in dem Album, das er ihr zum 50. Jubiläum ihrer Freundschaft schenkte. Unzählige Bilder ergänzen das Erinnerungsalbum. Denn seit vielen Jahren sehen sich die beiden, inzwischen gemeinsam mit Marita Rörtgens Mann und Hans Egil Carlsens Frau, regelmäßig.

Die Freunde besuchen sich gegenseitig

Entweder geht es nach Holland, wo das Ehepaar Rörtgen drei Monate im Jahr ihren Wohnwagen aufstellt, oder die beiden besuchen ihre Freunde in Norwegen. Stockbrot grillen im Schnee, Bootsfahrten zu kleinen Inseln, Rentier-Gulasch-Essen bei der Familie: „Man lernt die Kultur ganz anders, viel tiefer kennen als ein Tourist“, sagt Marita Rörtgen, die die Menschen und die Landschaft Norwegens unglaublich schätzt.

Das ist der erste Brief, den Marita Rörtgen im Jahr 1967 an den Norweger schickte, der später ihr Brieffreund wurde.
Das ist der erste Brief, den Marita Rörtgen im Jahr 1967 an den Norweger schickte, der später ihr Brieffreund wurde. © Lutz von Staegmann

Hans Egil Carlsen kommt am liebsten in der Adventszeit nach Deutschland. „Er liebt die Weihnachtsmärkte“. Gemeinsam fahren sie dann zum Oberhausener Centro oder in die Essener Innenstadt. Aber auch außerhalb der Weihnachtszeit haben Marita und Heinz Rörtgen ihren norwegischen Freunden schon viel gezeigt: Das Bochumer Bergbaumuseum, den Kölner Dom ... Auch sie lernen ihre Heimat noch einmal gleich viel besser kennen. „Zwischen uns vieren passt es einfach, von Anfang an“, findet Heinz Rörtgen.

Adresse wurde in der Schule verteilt

Zunächst schrieben die beiden, die ihre Adressen über ihre Schulen erhalten hatten, auf Englisch miteinander. Doch der junge Norweger lernte Deutsch in der Schule und so verständigten sich die beiden nach und nach in Marita Rörtgens Muttersprache. Dabei schaute sich ihr Freund auch ruhrgebietstypische Eigenarten von seiner Freundin ab. „Er sagt auch immer ‘datt“ und ‘watt’ und einmal fragte ihn seine Lehrerin, wo er denn Deutsch gelernt habe, im Ruhrgebiet?“, erinnert sich die 64-Jährige. Ja klar, das hatte er.

WAZ startet Serie anlässlich der Europa-Wahl

Anlässlich der Europa-Wahl am 26. Mai schaut die WAZ, wie viel Europa überhaupt in Gladbeck steckt.

Dazu werden verschiedene Aspekte beleuchtet. Wir wollen darstellen, wie der europäische Gedanke in der Stadt gelebt wird und werfen u.a. einen Blick auf die Städtepartnerschaften und unterschiedliche europäische Traditionen.

Den Auftakt der Serie „Europa in Gladbeck“ macht heute das Thema „Europafreundschaften“. Darin stellen wir Gladbecker vor, die Freundschaften zu Menschen aus anderen europäischen Ländern pflegen. Diese Länder müssen nicht unbedingt zur EU gehören.

Wenn Sie enge Verbindungen zu anderen Europäern pflegen, melden Sie sich bei uns in der Redaktion: 2998-38, per Mail an redaktion.gladbeck@waz.de oder kommen Sie einfach in der Redaktion vorbei: Horster Straße 10 (ab 10 Uhr).

Mit 17 Jahren lernten sich die beiden das erste Mal kennen. Die Jugendliche fuhr mit dem Schiff nach Oslo, am Hafen erwarteten sie ihr Brieffreund und sein Vater. „Als ich vom Schiff stieg, wusste ich gleich, das ist er“, sagt Marita Rörtgen, die heute mit ihrem Mann in Bottrop lebt und viele Jahre im St. Barbara-Hospital arbeitete.

Die beiden schreiben seit jeher über viele Themen

Familie, Urlaube, die nächsten Treffen – Marita Rörtgen und der gleichaltrige Hans Carlsen schreiben seit jeher über viele Themen. „Auch durch unsere gemeinsamen Unternehmungen haben wir viel Gesprächsstoff.“ Denn sich mindestens einmal im Jahr zu sehen, das gehört für sie dazu. „Sonst verliert man sich“, glaubt Rörtgen und sieht in den regelmäßigen Treffen auch einen Grund für diese lange Verbindung. Inzwischen gehören Hans Carlsen und seine Frau zur Familie. Sie waren bei der Hochzeit von Marita und Hans Rörtgens Tochter Steffi dabei und auch bei der Silberhochzeit ihrer deutschen Freunde.

Auch Urlaube unternehmen die Brieffreunde, wie hier in den Niederlanden.
Auch Urlaube unternehmen die Brieffreunde, wie hier in den Niederlanden. © Lutz von Staegmann

Aus der Brieffreundschaft ist über die vielen Jahren eine wahre Freundschaft geworden. Aber die Briefe sind mit der Zeit immer weniger geworden. Post gibt es eigentlich nur noch zu Weihnachten oder Geburtstagen. „Heute telefonieren oder skypen wir eher“, sagt Marita Rörtgen. Denn das ist, findet sie, noch ein bisschen persönlicher.