Gladbeck. . Gerhard Cebula arbeitet als Bauhandwerker - obowhl er längst im Rentenalter ist. Mit 1000 Euro Rente käme der Gladbecker sonst nicht zurecht.

Vor drei, vier Jahren, da konnte Gerhard Cebula ohne Mühe noch einen 50 Kilo schweren Sack auf seine Schulter wuchten. „Ich war immer ein kräftiger Mensch, auch durch meine Arbeit“, sagt der gelernte Maurer. Mit 77 Jahren aber, da lassen die Kräfte nach. Und trotzdem: Tag für Tag streift Cebula die Arbeitsklamotten über, um Geld zu verdienen. Beton mischen, Wände verputzen, Dämmmaterialien einbauen: Seine Arbeit ist anstrengend.

Mit 77 Jahren könnte er eigentlich seine Rente genießen, Urlaube machen, Ausflüge mit seinen Enkeln unternehmen. Doch mit knapp 1000 Euro Rente käme er nicht weit. Um sich ein „vernünftiges Leben“ leisten zu können, muss er etwas dazuverdienen. „Ich kann jetzt normal leben, kaufen was ich gerne möchte, mir ein Auto leisten und einmal im Monat essen gehen.“

Wie Gerhard Cebula geht es vielen Rentnern

Auch die Miete muss bezahlt werden. „Und ich kann meinen Enkelkindern mal was schenken“, so der Gladbecker, der fünf Kinder aus erster Ehe hat. Gerhard Cebula geht es wie vielen Menschen, die von ihrer Rente allein nicht mehr leben können und so trotz ihres Alters noch arbeiten gehen müssen.

Den zuvor aufgetragenen Putz mit einem Schwammbrett zu glätten, gehört zu den Aufgaben von Gerhard Cebula. Mit 77 Jahren ist er noch als selbstständiger Bauhandwerker aktiv.
Den zuvor aufgetragenen Putz mit einem Schwammbrett zu glätten, gehört zu den Aufgaben von Gerhard Cebula. Mit 77 Jahren ist er noch als selbstständiger Bauhandwerker aktiv. © Lutz von Staegmann

Acht Stunden am Tag zu arbeiten, das schafft der Familienvater schon lange nicht mehr. Vier bis fünf Stunden steht er aber noch täglich an Flächenspachtel oder Schwammbrett. Mit 55 Jahren machte er sich 1994 im Bauhandwerk selbstständig, nachdem sein früherer Arbeitgeber Insolvenz anmeldete. „Ich habe mich damals bei vielen Betrieben beworben, aber niemand wollte mich haben.“ Er war zu alt. Im gleichen Jahr bekam er mit seiner zweiten Frau eine Tochter.

Zeitpunkt für Ruhestand war irgendwann überschritten

Als die Zeit kam, in Rente gehen zu können, hatte er gar keine Lust, die Arbeit aufzugeben. „Ich hatte so viele Kunden, die mich brauchten.“ Irgendwann, da war der Zeitpunkt für den Ruhestand überschritten. „Schulbildung und Ausbildung meiner Tochter, das kostete auch.“ Also machte er weiter.

Weitere arbeitende Rentner gesucht

In der Serie „Arbeit trotz Rente“ stellt die WAZ Menschen vor, die einen Job haben, obwohl sie schon im Rentenalter sind.

Viele Rentner müssen arbeiten gehen, da ihr Geld sonst nicht zum Leben reichen würde. Andere möchten arbeiten gehen, weil ihr Job für sie vielleicht zur Leidenschaft geworden ist oder ihnen sonst zuhause die Decke auf den Kopf fallen würde.

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Denn die Arbeit ist für den Handwerker nicht nur anstrengend und eine Geldquelle, sondern sie macht ihn auch zufrieden. „Mein Beruf gibt mir das Gefühl, gebraucht zu werden.“ Ab und an kommt es vor, dass Kunden nach seinem Alter fragen. Sein wahres Alter verrät der 77-Jährige dann nicht. „Ich will vermeiden, dass jemand fragt, was will der alte Kerl noch auf der Baustelle?“ Und für die 50 Kilo schweren Säcke, beschäftigt Gerhard Cebula heute eine Aushilfe.

Er merkt aber auch: „Die Lust lässt irgendwann nach, wenn man 60 Jahre den gleichen Mist gemacht hat.“ Schließlich kann er sich seine Aufträge nicht aussuchen und muss machen, was gerade kommt. Zum Beispiel Wände verputzen. „Das habe ich noch nie gerne gemacht.“

Ein richtiges Rentnerleben kann er sich nicht vorstellen

Jetzt hat sich Gerhard Cebula ein Limit gesetzt: Bis Ende des Jahres möchte er noch arbeiten, dann soll Schluss sein. Gleich zwei Gründe hat der 77-Jährige für einen endgültigen Ausstieg aus dem Berufsleben: Seine Tochter zieht von Zuhause aus und auch der Leasingvertrag für sein Dienstauto läuft zum Ende des Jahres aus. „Ob ich dann noch mal einen neuen Wagen kaufen will, weiß ich noch nicht.“

Die Maurerkelle
Die Maurerkelle © Lutz von Staegmann

Ein richtiges Rentnerdasein, das kann sich der Maurer sowieso nicht vorstellen. „Viele Rentner hängen nur in der Innenstadt herum und sind unzufrieden“, findet Cebula. Natürlich, wenn er genügend Geld hätte, dann wüsste er was mit sich und seiner freien Zeit anzufangen. „Ich wollte immer mit dem Wohnmobil das Land bereisen.“ Dass das jetzt vorerst wegen seiner nur kleinen Rente nicht möglich ist, macht den Gladbecker sauer. „Es ist eine Sauerei, dass Rentner noch arbeiten gehen müssen, um sich ein halbwegs vernünftiges Leben leisten zu können.“

Einmal im Jahr gönnt sich Gerhard Cebula eine Woche Sommerurlaub, dann geht es in seine Heimatstadt Brandenburg. Und es bleibt noch genug Geld übrig, um jede Woche für ein paar Euro Lotto spielen zu können. Die Hoffnung auf das große Geld, die hat der 77-Jährige noch nicht aufgegeben.