Gladbeck. Wohnungslosenhilfe der Caritas übt Kritik gegenüber der Wohnungsgesellschaft Vonovia. Unerwünschtes Klientel werde bewusst als Mieter ausgegrenzt

In der Weihnachtsgeschichte der Bibel gelingt es Maria und Josef nach kurzer Suche in einer bescheidenen Herberge unterzukommen. „Wohnungslose in Gladbeck habe es da heute deutlich schwerer, eine eigene Bleibe zu finden, weil Wohnungsgesellschaften sie bewusst ausgrenzen“, kritisiert Frank Bücher von der Wohnungslosenhilfe des Caritasverbandes. Zur traditionellen Weihnachtsfeier mit Bürgermeister und Sozialdezernent waren am Freitagmorgen alle Plätze in der Einrichtung an der Humboldtstraße besetzt, auch die an den zusätzlich aufgestellten Tischen.

Psychologe Bücher konkretisierte im Gespräch mit der WAZ, dass Wohnungsgesellschaften, „zum Beispiel die Vonovia“, ihre Bruttokaltmiete bewusst knapp über die Grenze drückten, die maximal vom Jobcenter gezahlt werde, „weil sie unser Klientel nicht als Mieter haben will“. Beispiel: Das Jobcenter gewähre für die 50 Quadratmeter-Wohnung eines Alleinstehenden in Gladbeck laut bekannter Tabelle maximal 376 Euro Bruttokaltmiete – und die Vonovia grenze aus, „weil sie für ihre freie Wohnung dann mit Kalkül sechs Euro mehr verlangt“.

Klientel als Mieter nicht erwünscht

Rund 260 Ratsuchende habe die Wohnungslosenhilfe dieses Jahr betreut, berichtet Einrichtungsleiterin Annette Frerick. Zudem besuche ein leicht

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wechselndes Stammpublikum von täglich 20 Menschen die gemütliche Einrichtung. Darunter Mandy-Eilin. Sie habe zwar noch eine Wohnung, berichtet die 27-Jährige, wolle aber eine andere und sie sei in Sorge, bald ganz ohne Bleibe dazustehen. „Der Strom ist mir schon abgestellt worden, alle Möbel hat man mir geklaut, nur eine Matratze ist noch da, auf der schlafe ich“, berichtet die junge Frau. Sie habe Probleme mit den Ämtern, weil sie sich nicht richtig ausweisen könne, der Pass wurde auch gestohlen, ihre Geburtsurkunde sei bei einem Streit zerrissen. „Jetzt lebe ich von Tag zu Tag und bin froh, dass mir hier geholfen wird.“

Die Anlaufstelle, in der kostenloses Frühstück ausgegeben, ein Mittagessen für ein Euro gereicht wird, ist nicht nur für die junge Frau so etwas wie eine schützende Arche im Alltagsleben. Viele der Besucher, die Job, Beziehung, psychische Gesundheit und Lebensstruktur verloren haben, empfinden die Anforderungen der Alltagsgesellschaft als tosendes Meer, in dem sie drohen unterzugehen. Und der Großraum der Hilfseinrichtung mit Couchecke, Bücherregalen und jetzt festlich geschmückter Weihnachtstanne ist das gemütliche Wohnzimmer, wie es sich viele der Wohnungssuchenden wohl erträumen.

Die Menschen nicht vergessen

„Das ist eine der wichtigsten Einrichtungen hier in Gladbeck und jeder Euro hier ist gut angelegt“, sagt Mirko, der hier nahezu täglich strandet. „Ohne die Einrichtung hätte ich gar nichts“, so der 45-Jährige. Schon sechs Monate erhalte er keine Bezüge mehr vom Amt, finde mit seiner 60-prozentigen Schwerbehinderung, den Alkoholproblemen, keinen Job.

Als Zeichen, dass die Herberge ihre Pforten im Sinne einer solidarischen Stadtgesellschaft auch weiterhin öffnen werde „und die Menschen hier nicht vergessen sind, darum kommen wir vor Weihnachten jedes Jahr vorbei“, unterstrich Bürgermeister Ulrich Roland. Caritas-Vorstand Rainer Knubben bedankte sich für die gute Kooperation, da die Stadt die Einrichtung mitfinanziert. Er verwies ebenfalls auf die Notlage vieler und den für sie unbezahlbaren Wohnraum: „Wir müssen uns weiter dafür einsetzen, dass jeder Mensch ein Zuhause hat.“