Gladbeck. Nicht nur die fünf ehemaligen Püttstandorte erinnern an die Bergbauzeit. Ganze Siedlungen und Stadtteile gehen auf diese „goldene Zeit“ zurück.

100 Jahre Bergbau haben in Gladbeck Spuren hinterlassen. Gute – wie die Zechensiedlungen, die mit ihrem Gartenstadtcharakter die Stadt prägen, oder das erhaltene Industrieschloss Maschinenhalle Zweckel. Aber auch weniger schöne, wie die Reste und ungenutzte Flächen ehemaliger Püttstandorte.

Geht man auf Spurensuche, erkennt man die Standorte der alten Schächte mitunter deutlich an den Ausgasungsrohren, aus denen immer noch Grubengas aus der Tiefe strömt. Sehr gut zu sehen sind so Gladbecks erste Schächte, Moltke 1 und 2, an der Wilhelm-Oleijnik-Straße, die mitten übers alte Zechengelände geht. Hier wird der Wandel äußerst spürbar: Käme einer der Püttrologen, die vor 100 Jahren auf Moltke schufteten, noch einmal zurück, würde er seinen Augen nicht trauen. Die Zeche ist heute ein citynahes Wohngebiet. Viele, viele Jahre hat die Verwirklichung des Bebauungsplanes „Butendorf West“ gedauert, doch seit einigen Jahren ist auch die letzte Fläche an der Ecke Bergmannstraße/Horster Straße attraktiv bebaut.

Belastete Bergbau-Flächen wurden saniert

© Joachim Kleine-Büning

Moltke 3/4 jenseits von Helmut-/ und Phönixstraße ist heute Gewerbestandort und Teil des Gewerbeparks Brauck mit neuen Straßen und direkter Anbindung an die B 224. Mehr als zehn Jahre lag das Gelände brach, ehe Anfang der 80er Jahre die Sanierung der teils belasteten Flächen begann. Nur noch wenige Baufelder sind frei. Die ehemaligen Schächte (Europastraße) sind völlig abgedeckelt, allerdings durch Kennzeichnung auffindbar. Einige alte Zechengebäude sind auch noch zu finden. Unklar – aber eher unwahrscheinlich – ist, ob die direkte Anbindung an der überörtliche Verkehrsnetz über die B 224 bleibt, wenn die Bundesstraße zur A 52 ausgebaut wird.

Stinnes 3/4 ist wohl der Standort, der am wenigsten aufbereitet ist. Vieles liegt hier brach wie in den 70ern. Es besteht tatsächlich südlich der Boystraße jenseits der Firma Klingenburg noch Handlungsbedarf. Immerhin ist der verrohrte Hahnenbach wieder ans Licht geholt und ein neues Bachbett am südlichen Fuße der Halde 22 gebaut worden. Eine Augenweide ist die alte Schmiede, die nahe der einstigen Schächte an der Roßheidestraße steht und von der Firma Klingenburg mitgenutzt wird. Dem Weltmarktführer für Wärmetauscher geht es aber seit einigen Monaten weniger gut – er hat Insolvenz in Eigenverantwortung angemeldet.

Viele Zechengebäude von Möller stehen noch

Zwei gut erhaltene Zechenbauwerke

Die Zeche Zweckel ist das einzige Ensemble in Gladbeck, das noch als ehemalige Zeche erkennbar ist. Beide Fördertürme – Strebengerüste aus dem Jahre 1908 – sind erhalten und natürlich die prächtige, 1909 erbaute Maschinenhalle, wegen der anmutigen Architektur auch als Industrieschloss bezeichnet. Längst ist der Bau auch als Veranstaltungsort ein fester Bestandteil des städtischen Kulturlebens. Regelmäßig finden dort Führungen statt.

Auch die Königliche Berginspektion II am Bernskamp ist ein prächtiges bauliches Zeugnis der Bergbauzeit. Die beeindruckende Architektur fesselt noch heute den Betrachter des 1905 auf dem Grund des ehemaligen Hofes Schulte-Rebbelmund gebauten Hauses, in dem die Verwaltung der Zechen Möller und Rheinbaben residierte. Seit 1984 wird das Haus von der Musikschule der Stadt genutzt.

Viele Ex-Zechengebäude, teils recht ungepflegt, stehen noch im Eingangsbereich der alten Zeche Möller an der Karl-Schneider-Straße. Sie werden von kleinen Betrieben genutzt. Hier könnte eine Neuordnung dem Stadtbild gut tun. Der hintere Teil des ehemaligen Zechengeländes der Möllerschächte wurde schon vor längerer Zeit zum modernen Gewerbeareal Stollenstraße. Die einzige Stelle in Gladbeck, an der man so etwas wie alte Zechenatmosphäre tanken kann, sind die Reste der Zeche Zweckel mit der viel gelobten und beliebten Maschinenhalle und den erhaltenen Fördertürmen. Ein Großteil der alten Zechenfläche ist im übrigen seit vielen Jahrzehnten Betriebsfläche der Phenolchemie.

Gladbeck verdankt alles seinen fünf Zechen – war sich aber deshalb auch immer seiner Verpflichtung dem Bergbau gegenüber bewusst, stellte zum Beispiel Platz für Halden bereit. Die drögen Abraumberge sind besondere Relikte der Ära. Zehn Halden gibt es in Gladbeck, hundert Hektar des 3600 Hektar großen Stadtgebietes sind mit Halden bedeckt, bis zu über hundert Meter hoch. Lange bedrückten die grauen Riesen die Anwohner. Erst seit zehn, zwanzig Jahren werden die Halden zu Freizeitzwecken genutzt und entsprechend gestaltet.

Die Bergehalden sind ein ganz besonderes Relikt

Die Mottbruchhalde in Brauck ist Gladbeck höchste und größte Halde.
Die Mottbruchhalde in Brauck ist Gladbeck höchste und größte Halde. © Blossey

Allerdings kaschieren die Bezeichnung „Landschaftsbauwerk“ und die angepriesene Freizeitnutzung („Braucker Alpen“), dass die Bergeaufschüttungen Landschaften, vor allem in Brauck, nachhaltig zerstörten, Flora und Fauna vernichteten oder verdrängten. Auch die Schüttungen waren alles andere als rosig: Jahre-, fast jahrzehntelang litten die Menschen unter den Bergetransporten. Matsch, Staub, Lärm – sie wurden ertragen, weil man wusste, sie gehörten dazu.

Zu den ältesten Halden zählen die zwei kleinen Moltke-Halden an der B 224/Ecke Steinstraße und die einstige Halde der Zeche Zweckel zwischen Frentroper- und Arenbergstraße, die Halde Rheinbaben südlich der A 2/westlich der Beisenstraße bis zu Stadtgrenze Bottrop sowie die Möllerhalde entlang des Haarbaches. Hinzu kommen die „Braucker Alpen“: Die Südhalde (einst Kippe 19), die Halde 22, die Mottbruchhalde (bis Anfang 2017 geschüttet), höchstes und größtes Landschaftsbauwerk, sowie die „kokelnde Halde“ Moltke 3/4 und die kleine „Halde im Brauck“ an der Welheimer Straße.