Gladbeck. Bis zum Frühjahr wird am Wortlaut eines Wertekonsenses „Wir in Gladbeck“ gefeilt. Die Erklärung soll bei einem Festakt unterschrieben werden.
Einen Leitfaden, wie das Zusammenleben von Menschen aus 112 Nationen, verschiedener Herkünfte, Kulturen, Generationen, religiöser oder sexueller Orientierungen in Zukunft besser in Gladbeck gelingen kann: Dies alles will das gesamtstädtische Integrationskonzept bieten, das am Mittwochnachmittag im Ratssaal präsentiert wurde.
Etwa 70 Teilnehmende der Abschlusskonferenz begrüßte Bürgermeister Ulrich Roland, der dabei an die Werte der Bergbautradition erinnerte. Wo es unter Tage nicht wichtig gewesen sei, „woher jemand kommt, oder welcher Religion er angehört, sondern, dass man sich auf ihn verlassen kann“.
Eine wirkliche Willkommenskultur schaffen
An diese Haltung soll das Integrationskonzeptes ansetzen. Mit dem großen Ziel, eine wirkliche Willkommenskultur zu schaffen, ein Verständnis füreinander und einen Wertekonsens zu entwickeln, der ein starkes gemeinsames „Wir-Gefühl“ in Gladbeck etabliert.
Zur Bestandsaufnahme des Ist-Zustandes in Gladbeck waren im Bereich tätige Fachleute und auch Partner aus Moscheevereinen, Jugendeinrichtungen, Kitas oder Integrationsrat in qualitativen wie quantitativen Umfragen interviewt worden. Das Zusammenleben wurde als grundsätzlich gut bewertet, aber auch die Tendenz einer sich verstärkenden Trennung beschrieben mit Reizthemen wie AfD, Türkeipolitik, Islamphobie, Diskriminierungserfahrung, Chancengleichheit oder Rassismus.
Ein Leitfaden für die stadtweite Integrationsarbeit
In einem mehr als zwei Jahre andauernden Prozess mit Workshops und Konferenzen unter Teilnahme von Vertretern aus Verwaltung, Politik, freien Trägern und Migrantenorganisationen, sowie weiteren interessierten Mitstreitern wie Geflüchteten und Bürgern, wurde der Leitfaden für die stadtweite Integrationsarbeit erarbeitet. Mit ihm soll auch die interkulturelle Kompetenz der in diesem Bereich tätigen Multiplikatoren (z.B. aus Stadtverwaltung, Kitas, Schulen, Ehrenamtler) durch Fortbildungen, etwa zu Mentalitäten, Kulturen, Herkunftsländern, gestärkt werden.
Die Regie im Entstehungsprozess führte das Büro für interkulturelle Arbeit der Stadt, mit wissenschaftlicher Unterstützung durch das beauftragte Institut für interdisziplinäre Beratung und interkulturelle Seminare (kurz Ibis). Dessen Leiterin, Islamwissenschaftlerin Patricia Jessen, stellte nun der Abschlusskonferenz die Kernpunkte des insgesamt rund 100-Seiten starken Integrationskonzeptes vor.
Ein Maßnahmenkatalog definiert konkret fünf Handlungsfelder mit dazugehörigen Arbeitsaufträgen: Zusammenleben und Austausch, Sprache und Bildung, Fortbildung und Information, Arbeitsmarkt und Beschäftigung sowie Wohnen und Quartier.
Zuwanderer enger begleiten
Zuwanderer sollen demnach enger begleitet und auf Hilfs- und Bildungsangebote (z.B. Spracherwerb) aufmerksam gemacht werden, die Elternarbeit durch eine koordinierende Stelle verbessert und Best-practice-Projekte verstetigt und intensiviert werden. Infodefizite sollen mit Hilfe ehrenamtlicher Multiplikatoren beseitigt und generell die Kontaktmöglichkeit zwischen Menschen mit und ohne Zuwanderungshintergrund gestärkt werden.
Um berufliche Perspektiven zu schaffen, soll überprüft werden, inwieweit Angebote und Bedarfe bei Qualifizierungsangeboten zusammenpassen. Zudem soll die individuelle Bildungssituation stärker in den Fokus genommen werden und etwa eine Imagekampagne mit jungen Gladbeckern deren berufliche Potenziale bewerben. Ein weiterer runder Tisch unter Regie der Verwaltungsspitze soll die Wohnsituation gerade für Menschen in schwierigen Lebenslagen verbessern.
Das Integrationskonzept wird kommendes Jahr zunächst über den Integrationsrat, der den Auftrag erteilt hatte, in die Politik eingebracht. Bis zum Frühjahr 2019 soll noch gemeinsam am Wortlaut des Wertekonsenses „Wir in Gladbeck“ gefeilt werden, der dann in einem Festakt von Bürgermeister und Honoratioren der Stadt unterschrieben wird.