Gladbeck. . 31-Jähriger wollte Schulden des Onkels eintreiben. Gericht sah verminderte Schuldfähigkeit wegen hohen Alkoholpegels.

Die Vorwürfe waren nicht von schlechten Eltern: Nötigung, Beleidigung, Widerstand gegen die Staatsgewalt, vorsätzliche und gefährliche Körperverletzung, räuberische Erpressung. Am Ende der Verhandlung vor dem Schöffengericht unter Leitung von Amtsgerichtsdirektor Bernd Wedig blieb davon aber nicht allzu viel übrig.

Vorfall geschah am 11. März 2016 in Brauck

Angeklagt war der 31-jährige Zbigniew P., dem zur Last gelegt wurde, am 11. März 2016 in Brauck einem Jugendlichen das Handy entrissen zu haben, ein Vorwurf, den der Angeklagte zu keinem Zeitpunkt bestritt. Aber: Um Diebstahl sei es ihm nie gegangen. Vielmehr sei er mit zwei Freunden zur Matthiasstraße gefahren, um dort 120 Euro einzutreiben, die der Onkel des Jugendlichen einem Kumpel von ihm noch schuldete. Er könne das Handy sofort zurück bekommen, wenn diese Schulden beglichen seien, so das Vorhaben. Diese Darstellung bestätigten seine beiden „Kumpel“, die als Zeugen geladen waren.

In relativ kurzer Zeit schaukelte sich der Konflikt hoch, zumal etliche Angehörige und Bekannte des Jugendlichen vor dem Haus auftauchten. Die zwischenzeitlich informierte Polizei, die gleich mit fünf Fahrzeugen beim Tatort erschien, ließ die Ansammlung weiter anwachsen. Eine Massenschlägerei drohte.

Alkoholgehalt betrug 2,2 bis 2,3 Promille

Als die Ordnungshüter den Angeklagten aufforderten, das „beschlagnahmte“ Handy herauszugeben, weigerte sich dieser, randalierte und war nur unter Mühen zu Boden zu bringen. „Ich war auf 180 und hatte einiges getrunken,“ so seine Begründung. In der Tat belief sich der Alkoholgehalt des Blutes auf respektable 2,2 bis 2,3 Promille. Nach Faustschlägen konnte er fixiert und ins Polizeigewahrsam gebracht werden.

Die drei als Zeugen geladenen Beamten schilderten, wie heftig sich der Angeklagte gegen die Festnahme gewehrt habe; erst ein gezielter „Schock-Schlag“ habe ihn außer Gefecht setzen können. Die im Krankenhaus diagnostizierte Prellung von Schädel und Nasenbein sowie die geschwollenen Augen seien zum Teil auch auf den Sturz zurückzuführen. Lakonischer Kommentar des Verteidigers in Richtung seines Mandanten: „Wer im Ruhrgebiet eine große Fresse riskiert, muss damit rechnen, dass er was drauf kriegt!“

Staatsanwältin: Angeklagter sah sich wohl in der Rolle des Rächers der Enterbten

Nach Abschluss der Beweisaufnahme plädierte die Staatsanwältin, den Vorwurf der Beleidigung fallen zu lassen und die gefährliche Körperverletzung nach § 21 wegen massiven Alkoholgenusses aufs Mindestmaß zu reduzieren. Sie schlug eine Geldstrafe vor oder es bei einer Verwarnung zu belassen. Er habe sich an dem Abend wohl in der Rolle des ,Rächers der Enterbten’ gefallen.

Das Schöffengericht schloss sich dem Plädoyer an und verhängte über den zum Tatzeitpunkt unbescholtenen Zbigniew P. eine Geldstrafe von 600 Euro, zwei Jahre zur Bewährung ausgesetzt, und sprach zudem eine eindringliche Verwarnung aus.