Gladbeck. . Die „Zukunftskirche St. Marien“ in Gladbeck-Brauck hat ein neues Projekt zur Leseförderung aus der Taufe gehoben. Schwellenängste überwinden.

Ein Bild für die Götter! Das kleine Mädchen mit den flachsblonden Rattenschwänzchen, fesch mit Strohhütchen und pinkfarbenem Shirt, hat sich neben eine junge Frau an den Fuß des Altars in der St.-Marien-Kirche gekniet. Gemeinsam stöbern sie in einer Kiste, in der wahre Schätze für kleine Leseratten stecken. Ein älterer Herr hat einen Platz in der ersten Reihe und schaut den beiden interessiert über die Schulter. Vielleicht ist ja später sein Einsatz als Vorleser gefragt?

Lesepaten helfen weiter

So soll’s sein bei der Aktion „Schock Deine Eltern! Lies ein Buch! Oder lass es Dir vorlesen!“, die der Ausschuss „Zukunftskirche St. Marien“ aus der Taufe gehoben hat: Kinder ab fünf Jahren und Erwachsene als Lesepaten kommen in dem katholischen Gotteshaus zusammen, um mitein­ander den Spaß an Büchern zu entdecken und weiter zu geben. Esther Krüger, Mitglied der Arbeitsgruppe, stellt fest: „Vielen Kindern wird heutzutage im Elternhaus gar nicht mehr vorgelesen.“ Die Folge: Die Welt der Geschichten bleibt für sie ein Buch mit sieben Siegeln.

Angebot nicht nur für Katholiken

Und noch ein Ziel haben sich die Initiatoren dieser offenen Lesestunde gesetzt: „Wir wollen Schwellenängste zum Kirchenraum abbauen“, sagt Krüger. Das gelte nicht nur für kleine Katholiken. Die 53-Jährige, selbst Mutter von drei Kindern, meint: „Was spricht dagegen, dass auch ein kleiner Protestant zu uns kommt?“ In der Lesestunde könne der Nachwuchs die Kirche einmal anders erleben.

Lesepaten aus St. Altfrid

Bei den Mädchen und Jungen, die jetzt zur Premiere in die Braucker Kirche an der Horster Straße gekommen sind, ist von Berührungsängsten nun wahrlich nichts zu spüren. Sie hocken sich gruppenweise in den Mittelgang, um zu blättern und zu schmökern. Sie laufen hin und her, wollen von ihren Buch-Entdeckungen erzählen. Und wenn die Steppkes sich in der Welt der Buchstaben nicht auskennen, haben die allermeisten keinerlei Scheu, ausgewachsene Bücherwürmer um Hilfe zu bitten. „Heute haben wir Senioren aus St. Altfrid als Lesepaten hier“, berichtet Esther Krüger. Wie die Dame im Rollstuhl, die ein Bilderbuch auf dem Schoß liegen hat – nur eine Frage von Minuten, bis eines der vielen Kinder darauf aufmerksam wird . . . „Aber beispielsweise auch Frauen aus der KfD und Mütter sind bei uns Lesepaten“, sagt Esther Krüger.

Unterstützung der Stadtbücherei

Sie freut sich, dass die Lesestunde, die in Zusammenarbeit mit dem Familienzentrum St. Marien durchgeführt ist, weitere Helfer hat – wie die Stadtbücherei. Krüger: „Sie unterstützt uns viel, hat beispielsweise angeboten, Bücherkisten für uns zu packen.“

Kamishibai-Theater

Stillere Gemüter in der munteren Kinderschar fragen die 53-Jährige: „Dürfen wir in der ,Blauen Grotte’ lesen?“ Sie dürfen. Nur: Wenn sie mitbekommen wollen, wie Krüger die Geschichte vom haarigen Grüffelo im Kamishibai-Theater – eine Bilderschau im Kasten – erzählt, müssen sie sich zu den anderen Mädchen und Jungen vor dem Altar gesellen. Und da versammeln sich denn auch alle, einerlei welchen Alters, um über die Begegnungen des Ungeheuers mit Maus, Schlange und Uhu zu lachen.