Gladbeck. Ein Hubsteiger ermöglichte Gästen ungewöhnliche Perspektiven von St. Marien. Eine Wanderausstellung zeigt, wie Kirchen ungebaut werden können.

Ein Feuerwehrauto auf dem Vorplatz der St. Marien Kirche könnte normalerweise Sorgenfalten verursachen. Am Sonntag war das anders. Denn es brannte keineswegs. Es war Gemeindefest. Und Benedikt Zisch war mit seinem Event-Löschfahrzeug da, als Attraktion. Im Korb der Drehleiter fuhr er die Besucher bis in 30 Meter Höhe, bis hinauf zu den Kirchenglocken.

„Ich hoffe, dass viele Kinder mit strahlenden Augen wieder herunterkommen“, sagte der ehemalige Feuerwehrmann. Der Kontakt zwischen ihm und den Organisatoren kam vor einem Jahr in der ehemaligen Zeche Hugo zustande. Die Wurzeln des Bergbaus spielen auch in der Kirche St. Marien eine große Rolle. In der blauen Grotte, einem besonderen Teil der Kirche, hängt eine Bramme. „Wir haben hier die Verbundenheit zum Bergbau. Alleine deshalb wollen und dürfen wir die Kirche nicht abgeben“, erklärte Festmitveranstalter Ulli Völker. Er organisierte zudem eine Ausstellung, die am Freitag in St. Marien im Rahmen des Festes Premiere feierte. Ihr Titel: Kirchengebäude und ihre Zukunft.

Gemeinde ist stolz auf Ausstellung zu Kirchenumnutzungen

Ulli Völker, Fest- und Ausstellungsorganisator, in der  Wanderausstellung  zu Kirchenumnutzungen, die bis August in St. Marien läuft.
Ulli Völker, Fest- und Ausstellungsorganisator, in der Wanderausstellung zu Kirchenumnutzungen, die bis August in St. Marien läuft. © Lutz von Staegmann

Auch in St. Marien spielt dieses Thema eine große Rolle. Völker bestätigte, dass eine Umgestaltung die letzte Chance für ‘seine’ aber auch für andere Kirchen im Umkreis ist. „Wenn die Kirche nur für Gottesdienste drei, vier Stunden in der Woche geöffnet hat, hat sie keine Chancen zu überleben“, sagte er. „Es muss ein veränderter Ort der Begegnung werden, von dem sich junge Menschen angesprochen, und zugleich alte Kirchgänger nicht vor den Kopf gestoßen fühlen.“

Ein Ort der Begegnung war das Gelände rund um die zwei Türme am Wochenende auf jeden Fall. Am Samstagabend wurde zudem im gut besuchten Gemeindesaal das Deutschlandspiel übertragen. „Da war kein Quadratzentimeter mehr Platz“, meinte Völker. Mitorganisator Christoph Müller ergänzte: „Es waren unerwartet viele Leute da. Der Spielausgang sorgte am Ende für pure Euphorie. Der Moment ist kaum zu beschreiben.“ Die anschließende Party ging bis in die Nacht, der folgende Sonntag war dann eher Spiel- und Unterhaltungstag für die Familien.

Viele Besucher kamen zum Fest nach Brauck

Zurück zur Zukunfts-Ausstellung, die 36 bebilderte Schautafeln im Gotteshaus zeigt, die verschiedene Möglichkeiten vorstellen, wie Kirchengebäude in Deutschland bereits umgestaltet worden sind. Auch St. Marien soll sich verändern. Sie nennt sich ja auch Zukunftskirche.

Anmeldung für eine Führung ist möglich

Die Wanderausstellung „Kirchengebäude und ihre Zukunft“ wurde von der Wüstenrot Stiftung initiiert und am Freitagabend feierlich durch Projektleiter Dr. René Hartmann (Wüstenrot Stiftung) sowie Diözesan Baumeister Thomas Tebruck vom Bistum Essen eröffnet.

Ulli Völker hat die Absicht, auch Gruppen durch die Ausstellung in der Kirche St. Marien zu führen, die dort noch bis August zu sehen ist. Möglichkeit zur Anmeldung haben Interessierte via E-Mail unter info@zukunftskirche-gladbeck.de

„Zuerst muss man die Mauern in den Köpfen einreißen, bevor der Bagger kommt“, meint Ulli Völker. Ein Zukunftskonzept für St. Marien bedeute auch, dass die Möglichkeiten der Digitalisierung stärker für Gottesdienst und Gemeindealltag genutzt werden müssten. „Es braucht moderne Technologien.“ Seine persönliche Idee ist übrigens, hinter dem Altar eine Wand aufzuziehen. Egal ob als Mauer, Stoff oder Leinwand. Für einen abgeteilten Gemeinderaum im Kirchenbau.

Gemeindefest-Mitorganisator Uwe Pasternack freute sich derweil über die Vielzahl der Besucher. St. Marien bedeute für ihn Zusammenhalt und vor allem viele junge Leute, die sich engagieren. Wichtig sei aber, dass die Kirche trotz Neukonzeptionierung „kein Freizeitpark wird“. Der Glaube stehe heute und auch in Zukunft „im Vordergrund“ .