Gladbeck/Recklinghausen. Nach der Intervention der SPD Gladbeck war der Druck auf die Sozialdemokraten im Kreis Recklinghausen gestiegen. Ende der Neubaupläne.
Einen Tag, nachdem die Gladbecker Sozialdemokraten den Ausstieg aus dem Kreishaus-Neubauprojekt forderten, haben der SPD-Kreisverband und die Kreistagsfraktion am Freitag die Reißleine gezogen und schlagen den Stopp des in der Bevölkerung umstrittenen Projekts vor. Bereits in seiner Sitzung am 25. September soll der Kreistag den Neubaubeschluss revidieren. Das schlagen SPD-Kreistagsfraktionschef Klaus Schild und SPD-Kreisvorsitzender Frank Schwabe in einer Mitteilung vor.
Die Forderung ist das Ergebnis einer Telefonkonferenz des Kreisvorstandes am Freitagmittag. Es sei nicht gelungen, heißt es zur Begründung, die Bürger von dem Projekt zu überzeugen. „Ohne eine breite Mehrheit im Kreistag und ein von dieser Mehrheit geschaffenes Verständnis in der Bevölkerung kann dieses Bauvorhaben nicht gelingen“, schreiben Schild und Schwabe. „Das haben wir verstanden“, fügen sie noch an. Deshalb schlagen sie den Partei- und Fraktionsgremien nun vor, von den Neubauplänen für ein neues Kreishaus Abstand zu nehmen.
Bürgerbegehren hat schon 20 000 Unterschriften gesammelt
Erst am 11. Juni war nach Jahren der Diskussion im Kreistag die knappe Entscheidung gefallen für den Neubau (130 Millionen Euro) statt einer Sanierung (32 Millionen Euro) mit Stimmen von SPD, Grünen und FDP. Die CDU hatte hingegen eine Sanierung auf Sparflamme gefordert.
Seit Wochen läuft das Bürgerbegehren „Sanierung statt Neubau des Kreishauses“ des Dorsteners Uwe Kähler, das von CDU und den Linken unterstützt wird. Mehr als 20 000 Unterschriften wurden bislang gesammelt. „Wie wir aus den vielen Diskussionen in den Städten erkannt haben, spaltet der Beschluss vom Juni den Kreis“, erklären Schwabe und Schild. „Das wollen wir als SPD im Kreis nicht.“
SPD-Fraktionschef Hübner begrüßt schnelle Reaktion in Recklinghausen
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Offenbar stand der Ausstieg aus dem umstrittenen Projekt bereits seit Tagen fest. Es gab auch bereits einen Zeitplan, wie die Angelegenheit abgewickelt werden sollte. Doch dann grätschte die Gladbecker SPD am Donnerstag dazwischen und erhöhte den Handlungsdruck. „Die schnelle Reaktion in Recklinghausen begrüße ich absolut“, äußerte sich am Freitag SPD-Ratsfraktionschef Michael Hübner, der davon ausgeht, dass das Projekt endgültig am 25. September gekippt wird.
Er hält eine Aufarbeitung des Themas für dringlich. „Es gab keine Kommunikationsstrategie, das war schlimm.“ Für SPD-Parteichef Jens Bennarend wäre nach wie vor der Neubau die klügere Entscheidung. „Aber die Bürger wollen das nicht, das haben wir jetzt verstanden.“ CDU-Ratsfraktionschef Peter Rademacher kommentiert: „So ein Prestigeprojekt passt nicht in unsere Zeit - die SPD hat kalte Füße bekommen.“
Landrat Süberkrüb will schnell über die Sanierung reden
Nach dem offensichtlichen Scheitern der Neubau-Pläne ist die Kreisverwaltung gezwungen, möglichst schnell Sanierungsmaßnahmen in Auftrag zu geben. Die Kosten für Sofortmaßnahmen beziffert die Verwaltung auf 34,2 Millionen Euro. „Wir werden dafür sorgen, dass Mitarbeiter und Besucher sich sicher im Kreishaus aufhalten können und dort ordentliche Arbeitsbedingungen herrschen“, so Landrat Süberkrüb am Freitag. Er bleibt bei seiner Meinung, dass der Kreistag am 11. Juni eine „fachlich richtige Entscheidung“ getroffen habe.
Die Rolle der CDU, die das Bürgerbegehren massiv unterstützt hat, sieht der Landrat mit „großem Befremden“, zumal CDU-Kreisvorsitzender Josef Hovenjürgen auf einem Parteitag Ende 2017 selbst noch für den Neubau war. Hovenjürgen sagt dazu, dass er damals von sehr viel geringeren Investitionskosten ausgegangen sei. Die vom Kreis aufgerufenen 130 Millionen Euro seien jedenfalls inakzeptabel. Der SPD bot Hovenjürgen an, für konstruktive Gespräche über notwendige Sanierungsmaßnahmen bereit zu stehen.