Recklinghausen / Gladbeck. . Rund 360 Notrufe erreichen die Leitstelle pro Tag. Vor allem bei Unwettern ist die Größe des Kreises eine Herausforderung für die Feuerwehr.

Bei der Kreisleistelle der Feuerwehr in Recklinghausen gehen im Schnitt 360 Notrufe pro Tag ein, natürlich auch die aus Gladbeck. Das summiert sich auf 130 000 Notrufe in einem Jahr. Ein Blick auf einen ganz normalen Arbeitstag in der Kreisleitstelle.

Ein melodisches Klingeln ertönt. Nach wenigen Sekunden ist Markus Terwellen am Apparat: „Notruf Feuerwehr und Rettungsdienst. Aus welcher Stadt rufen Sie an?“ Terwellen ist einer von 46 Disponenten in der Leitstelle. Zielgerichtet und ruhig leitet der 39-Jährige den Anrufer durch das Telefonat.

„Atmet die Frau?“

Eine Frau hat schwere Blutungen, meldet der Mann am anderen Ende der Leitung. „Atmet die Frau?“ Mit wenigen Fragen versucht der erfahrene Feuerwehrmann, ein Bild von der Lage zu bekommen. „Unser Ziel ist, immer die passenden Einsatzmittel zu schicken“, sagt Markus Terwellen hinterher. In diesem Fall einen Rettungswagen und einen Notarzt – mit Sondersignal, also mit Martinshorn und Blaulicht.

Großeinsatz für die Feuerwehr auf der Sandstraße in Gladbeck Anfang September.
Großeinsatz für die Feuerwehr auf der Sandstraße in Gladbeck Anfang September. © Christoph Wojtyczka

Was aus der Person wird, erfahren die Disponenten üblicherweise nicht. In einem Fall aber weiß Markus Terwellen, dass alles gut ausgegangen ist. Es war eine Geburt, die er am Telefon begleitet hat. Während ein Leitstellen-Mitarbeiter telefoniert oder funkt, leuchtet die „Ampel“ an seinem Arbeitsplatz rot. Das Signal für alle anderen, dass er gerade nicht für andere ansprechbar ist.

Blitzlicht aktivieren

Geht ein neuer Anruf ein, leuchten an allen Arbeitsplätzen die orangefarbenen Lampen – bis einer der Disponenten den Anruf übernimmt. Braucht ein Kollege Unterstützung, kann er ein Blitzlicht aktivieren. „Dann kann sich jemand zusätzlich in das Telefonat einklinken und beispielsweise Kontakt zu Polizei oder Krankenhaus aufnehmen – oder ganz simpel helfen zu verstehen, was der Anrufer sagt, wenn er kein Deutsch oder nur sehr schlecht Deutsch spricht“, erklärt Markus Terwellen.

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Wenn alles planmäßig läuft, sind in Recklinghausen sieben Disponenten und ein Wachabteilungsleiter auf einer Schicht. Kurzfristige Erkrankungen machen aber auch vor Feuerwehrleuten nicht Halt. An diesem Tag gibt es aber keinen Engpass. Fünf Leitungen sind belegt, die Mitarbeiter schauen konzentriert auf ihre sechs Bildschirme. Einer zeigt, welche Stationen in welchem Krankenhaus frei oder belegt sind. Einer ist für die Erfassung der Einsatzdaten.

Gleich daneben erscheint automatisch eine Karte, die den eingegebenen Ort zeigt. Auf der anderen Seite steht zusätzlich ein Display für die Kommunikation. Nur ein Fingertipp und schon steht die Leitung zu einer Feuerwache, einer anderen Leitstelle im Umfeld, dem Giftnotruf, Krankenhäusern oder zu der Zentralen Verteilungsstelle für Krankenhausbetten in Hamburg.

In einem Supermarkt ist ein Kunde zusammen gebrochen

Wieder werden Rettungssanitäter und Notärzte losgeschickt. Eine Tür muss aufgebrochen werden; in einem Supermarkt ist ein Kunde zusammengebrochen; eine Brandmeldeanlage an einer Schule hat Alarm geschlagen.

Die Leitstelle in Zahlen

Die Kreisleitstelle der Feuerwehr in Recklinghausen hat 52 Mitarbeiter. 48 Stunden arbeitet ein Disponent im Schnitt in der Woche.

Im Schnitt gibt es pro Jahr 10 200 Einsätze für die Feuerwehren im Kreisgebiet Recklinghausen, 114 000 Einsätze für den Rettungsdienst und zudem 33 000 Einsätze für den Krankentransportwagen.

698 Brandmeldeanlagen sind in der Leitstelle aufgeschaltet. Die Leitstelle koordiniert und alarmiert im Kreisgebiet zehn Feuerwehren, 24 Rettungswagen, zehn Notarztwagen sowie 22 Krankentransportwagen und Rettungshubschrauber.

„Das ist es, was den Reiz an dieser Arbeit ausmacht: Man weiß nie, was einen erwartet, wenn das Telefon klingelt. Aber wir sind Ansprechpartner in der Not und können in den allermeisten Fällen dafür sorgen, dass den Menschen geholfen wird. Für die richtige Einschätzung der Lage ist die praktische Einsatzerfahrung aus der Arbeit von Feuerwehr und Rettungsdienst eine wichtige Grundlage“, so Terwellen.

Die Disponenten können auf fast 700 Feuerwehreinsatzkräfte zugreifen, die in unterschiedlichen Schichten an den Feuerwehrwachen in den Kreisstädten rund um die Uhr einsatzbereit sind. Diese werden von 1900 ehrenamtlichen Feuerwehrfrauen und –männern unterstützt. Alles für die Sicherheit der über 620 000 Menschen im Kreis Recklinghausen.

Es gibt sechs Überlaufplätze

„Die Größe des Kreises ist vor allem bei Unwetterlagen eine besondere Herausforderung, weil dann hunderte Anrufe gleichzeitig eingehen. Für diese Fälle haben wir sechs sogenannte Überlaufplätze, an denen ebenfalls Notrufe entgegen genommen werden können. Über die WarnApp „NINA“ und die kreiseigenen Kommunikationskanäle informieren wir in solchen Situationen die Menschen im Kreis“, sagt Brandamtsrat Lars Jesse, stellvertretender Leiter der Kreisleitstelle.

Er lässt seinen Blick in die Runde schweifen. Vier rote Lampen zeigen, dass seine Mannschaft gerade einiges zu tun hat.