Gladbeck. . Auf einem wüsten Ackergelände in Gladbeck legten Bergleute in Eigenarbeit vor 50 Jahren die ersten Parzellen in der Kleingartenanlage Am Nattbach an.
Was für eine Einöde! Ein schmaler, matschiger Weg – ach was: Trampelpfad – führt durch das kahle Gelände. Drei Frauen in Wintermänteln schreiten zwischen einem Graben, in dem sich offenbar Regenwasser gesammelt hat, und Acker. Am Rande des hüfthoch aufgetürmten Erdreichs stecken kurze Latten im Boden. Ein Indiz, dass hier gebaut werden soll. Vielleicht Wohnhäuser, wie sie am Horizont erkennbar sind? Nein, das Schwarz-Weiß-Foto dokumentiert den Beginn der Kleingartenanlage Am Nattbach anno 1968.
Kaum zu glauben, dass sich diese Mond-Landschaft einmal zu einem grünen Paradies auf Gladbecker Grund und Boden gewandelt hat. Heute, 50 Jahre nach Gründung des Kleingartenvereins, ist Gras über die Anfangsjahre gewachsen. Die eingangs beschriebene Szene ist längst Geschichte – aber noch nicht vollkommen vergessen. Denn zwei der allerersten Nattbacher hegen und pflegen immer noch ihr Fleckchen Grün am Hürkamp. „Die Gartenanlage war früher an der Landstraße und ist hierher verlegt worden“, erzählt Waldine Kathke. Die 79-Jährige sagt mit einem Augenzwinkern: „Ich habe diesen Garten hier gekriegt, damit ich mich daran erfreue.“
Stadt steckte die Grundstücke ab
Aber vor der Augenweide stand die Maloche. Günter Hielscher, der wie Waldine Kathke im Jahre 1968 die ersten Beete anlegte, entsinnt sich: „Vorher war hier Ackerland, alles Gestrüpp.“ Wer einen Garten haben wollte, der musste in die Hände spucken und zupacken können. Doch das waren die angehenden Laubenpieper gewohnt, denn die Anlage war Bergleuten vorbehalten. Der 83-jährige Hielscher war Kumpel „auf Moltke und Hugo“. Waldine Kathke erzählt: „Mein Mann Alfred war auch Bergmann auf diesen beiden Zechen.“
Hand in Hand hätten damals die Freizeitgärtner ihre Lauben in Eigenarbeit errichtet. „Die Stadt hat die Grundstücke abgesteckt“, sagt die 79-Jährige. Hielscher: „Um Wege, Wasserleitungen und alles andere haben wir uns selbst gekümmert.“ Ein Gartenhaus nach dem anderen sei so entstanden, hübsch der Reihe nach Datum der Anmeldung. „Von der Stadt haben wir Schablonen für den Dachstuhl bekommen“, erinnert Günter Hielscher sich. Sie habe auch später Birken und Eichen gepflanzt.
Vier Bauabschnitte mit vier Hüttentypen
In vier Bauabschnitten wurden vier Hüttentypen errichtet – alle zwischen 300 und 370 Quadratmeter groß. Das erste Modell hieß sinnigerweise Nattbach (von 1968 bis Anfang der 1970er). „28 Lauben gab’s in diesem ersten Abschnitt“, so Hielscher. Manuela Kruck, die erste Vereinsvorsitzende, zählt auf: Es folgten Dortmund, Beckram und Giebel. 105 Parzellen befinden sich heutzutage auf dem Areal.
Das Festprogramm
Die Kleingärtner des Vereins „Am Nattbach“ lassen am Samstag, 15. September, auf ihrer Anlage am Hürkamp 20 eine Party zum 50. Geburtstag steigen.
Der offizielle Teil des Festprogramms dauert von 15 bis 18 Uhr. Für die Kinder haben die Organisatoren eine Hüpfburg, ein Glücksrad und eine Torwand vorbereitet.
„Für unsere Ehrenmitglieder gibt’s eine Überraschung“, kündigt die Vorsitzende Manuela Kruck an.
Außerdem soll das Engagement von Rosemarie (Rosel) Bunsel gewürdigt werden. Sie leitet die Frauengruppe des Vereins. Vor 40 Jahren übernahm sie einen Garten im KGV Am Nattbach.
Auch wenn Alfred seiner Waldine dereinst den Schrebergarten – heute mit der internen Adresse Starenweg 5 – zur Erbauung besorgte: Die Parzellen sollten auch Platz bieten für Nutzpflanzen. Schließlich waren selbstgezogene Kartoffeln, Kohl und Co. sowie Äpfel, Kirschen und Zwetschgen von den eigenen Bäumen willkommene Produkte für die Bergmannsfamilien. Manuela Kruck erklärt: Jeweils ein Drittel Ziergehölze, Obst und Gemüse sowie Freizeit seien vorgeschrieben. „Aber das wurde inzwischen etwas gelockert“, sagt die 52-Jährige.
Die erste Vorsitzende siedelte sich mit ihrem Mann Peter – „ein Bergmann durch und durch“ – am Tulpeneck an. Mit seiner Tochter besuchte das Paar im Jahre 2005 eine Schrebergarten-Familie – und war sehr angetan von der Atmosphäre. Manuela Kruck: „Das war so schön ruhig. Da haben wir einen Termin mit dem Verein abgemacht und einen Garten gekauft.“
Lobenswerte Gemeinschaft
Kruck und die beiden Nattbacher der ersten Stunde schätzen das Vereinsleben. Auch wenn Hielscher bedauert: „Früher gab es mehr Gemeinschaft.“ Ohne die gegenseitige tatkräftige Hilfe wäre der Acker Acker geblieben.