Gladbeck. . Der CDU-Ortsverband Mitte hatte die NRW-Staatssekretärin für Integration nach Gladbeck geholt. Das Interesse an der Diskussion mit ihr war groß.
Serap Güler, NRW-Staatssekretärin für Integration, war noch bei der Beantwortung der Einstiegsfrage von Tobias Lüdiger (CDU), da gab es schon die ersten Wortmeldungen aus dem vollbesetzten Gastraum des Café Stilbruch an der Rentforter Straße. Die fünfte Veranstaltung des CDU-Ortsverbands Mitte in der Reihe „60 Minuten mit…“ war vom Start an geprägt von lebhafter bis hitziger Diskussion. Über 50 interessierte Gladbecker waren gekommen, darunter – was wohl auch der Aktualität geschuldet war – Mitglieder von FDP, SPD und Grünen.
Güler: „Chemnitz hat nichts mit Werten zu tun“
Um Integration sollte es gehen, doch kaum hatte Güler die für sie wichtigen vier Eckpunkte Sprache, Bildung, Arbeitsmarkt und Wertevermittlung aufgezählt, da standen bereits die Vorkommnisse in Chemnitz m Raum. „Chemnitz hat nichts mit Werten zu tun“, bekräftigte die Staatssekretärin, „wenn wir allein auf solche Menschen angewiesen wären, dann Gute Nacht Deutschland.“ Jeder Demokrat müsse aufschreien, aber dazu müsse man nicht zwangsläufig Migrant sein, so ihr Plädoyer, das gleich Widerspruch provozierte.
Seit 2012 Mitglied im CDU-Bundesvorstand
Serap Güler, geb. 1980 in Marl, arbeitete nach ihrem Studium der Kommunikationswissenschaften und Germanistik von 2007 bis 2010 als Referentin im Familienministerium NRW. Sie ist seit 2009 CDU-Mitglied, war von 2012 bis 2017 Abgeordnete im NRW-Landtag.
Seit 2012 ist sie Mitglied im CDU-Bundesvorstand, seit 2017 Staatssekretärin für Integration im NRW-Familienministerium.
Ein Zuhörer warf ein, er habe nichts „für die braune Soße übrig“, ihm komme allerdings in der Debatte zu kurz, dass ein Mensch von einem Flüchtling getötet worden sei, der hier Schutz gesucht und gefunden habe.
Auch um die hitzige Diskussion in ruhigere Bahnen zu lenken, verwies Güler auf die Mittel des Rechtsstaates: „Der Täter wird die Strafe bekommen, die das Gesetz für eine solche Tat vorsieht.“ Die Demonstranten gingen doch nicht auf die Straße, weil sie um einen Menschen trauerten, „vielmehr instrumentalisieren sie den Tod für ihre Zwecke“, so die 38-jährige gebürtige Marlerin.
Die Landesregierung favorisiert Integrationsausschüsse
Tobias Lüdiger lenkte die Diskussion auf das Thema Integrationsrat, ein kommunales Gremium, das die Landesregierung nicht abschaffen, sondern „erweitern“ wolle, wie die Staatssekretärin erklärte. In seiner jetzigen Form habe der Integrationsrat lediglich „Alibifunktion“, da er nur beratend tätig sein könne. Die Landesregierung wolle daher gesetzliche Rahmenbedingungen schaffen, damit Kommunen in Zukunft alternativ auch Integrationsausschüsse gründen könnten. Sie sollten selbst entscheiden, ob sie von der Möglichkeit Gebrauch machen wollten. Dies rief den Vorsitzenden des Gladbecker Integrationsrates, Bahtiyar Ünlütürk, auf den Plan, der vor „falschen Signalen“ warnte und seinem Gremium „gute Arbeit“ bescheinigte.
Das Publikum hatte viele Fragen und bekam viele Antworten
Wohl auch in der Hoffnung, sein „60-Minuten-Versprechen“ halten zu können, verabschiedete sich Tobias Lüdiger irgendwann von seinem Konzept, denn zu viele Fragen warteten auf Antworten und dabei ging es recht emotional zu. Warum haben so viele Türkischstämmige in Deutschland für einen Despoten Erdogan gestimmt? Warum wird Integration oft falsch verstanden und was ist der richtige Weg? Warum konnte die AfD bei der Bundestagswahl 2017 ausgerechnet im Stadtteil Brauck (24,9 Prozent) ihr bestes Ergebnis erzielen? Wie ist mit dem Islam-Unterricht der DITIB umzugehen? Serap Güler räumte Nachholbedarf in der Integrationspolitik ein und forderte „neue Vorbilder“. Dies soll mit einer Kampagne ab Oktober umgesetzt werden, die „z.B. Lehrer mit Migrationsgeschichte oder die türkischstämmige Auszubildende in Deutschland in den Fokus stellen wird.“