Gladbeck. . Stadtverwaltung macht in Gladbeck Straßenmusikern keine Auflagen. Nur eine Spielregel gilt: Jeder Interpret muss die Standorte wechseln.

Ein Hauch aus den Anden weht über dem Europaplatz. Denn die Straßenmusikanten-Gruppe, die in der Fußgängerzone Station macht, bläst ordentlich in die Panflöten. Folkloristisches dringt an die Ohren der Passanten. Und die Musiker in der buntbestickten Tracht lassen auch den Kondor musikalisch vor­überfliegen – ein Panflöten-Ständchen ohne das peruanische Lied „El cóndor pasa“? Ein Unding! Und weil’s so schön und bekannt ist, summt ein Passant sogar mit und lässt eine Münze für die Männer-Combo ins Schälchen fallen.

Greensleeves in der Fußgängerzone

Weniger leicht wieder zu erkennen sind die Stücke, die ein paar Schritte weiter zu hören sind. Eine Straßenmusikantin hat vor einem Geschäft an der Horster Straße Posten bezogen und lässt den Bogen mit viel Elan über die Saiten flitzen. Eine Frau bleibt stehen, stutzt und rätselt: „Was spielt sie denn da?“ „Moonlight“ aus dem Musical „Cats“ könnte es sein. Ah, die Geigerin stimmt ein anderes Lied an. Klar, das unverwüstliche „Greensleeves“ – kennt man doch.

Keine Beschwerden im Rathaus

Die Mitarbeiterin im anliegenden Geschäft (Name der Redaktion bekannt) ist genervt. Sie sagt: „Den ganzen Tag dieses Gefiedel und Gepfeife! Das ist ja nicht zum Aushalten!“ Glaubt man Christiane Schmidt, ist diese Kritik eine absolute Ausnahme. Die Sprecherin in der Stadtverwaltung sagt: „Weder Händler noch Anlieger haben bisher bei uns Beschwerden wegen der Straßenmusik vorgebracht.“

Vorspielen wird nicht verlangt

So lange nicht so laut und so viel musiziert wird, dass sich Menschen beschweren, haben Geiger, Panflöten-Spieler, Gitarristen und Leierkastendreher und wie sie alle auftreten laut Schmidt kein Problem. Sie erklärt: „Es bedarf bei uns keiner Genehmigung, wenn man als Straßenmusiker in der Stadt unterwegs sein möchte.“

Ein Vorspielen – beispielsweise in München und anderen Großstädten üblich – ist ebenfalls nicht erforderlich. Was ist gut und verdient klingende Münze? Ob Schrammelmusik oder Folklore, Irish Songs oder virtuos dargebrachte Klassik – jeder, der möchte, darf ungeachtet seines Talents zum Musikinstrument greifen. Der Geschmack des Publikums entscheidet über Stehenbleiben oder Weggehen. Da macht die Verwaltung keine Auflagen. Deren Auffassung lautet: „Straßenmusik steigert das Gemeingut, das ist mehr als der Verkauf von Waren.“

Regel in Gladbeck: Standorte wechseln

Vom Straßenmusiker zum Musikstar

Einige Musiker, die mit ihren Songs die Charts stürmten, haben eine Vergangenheit als Straßenmusiker.

Dazu gehört beispielsweise Passenger. Hinter diesem Künstlernamen steckt der Brite Michael David Rosenberg, der zeitweise mit seiner Gitarre auf Straßen seines Heimatlandes und in Australien spielte. Sein Lied „Let her go“ wurde in mehreren Ländern, auch in Deutschland ein Hit. Passenger erhielt für diesen Erfolg Silber-, Gold- und Platinauszeichnungen.

Allerdings gebe es durchaus eine Spielregel, die die Interpreten stillschweigend akzeptieren: „Nach einer halben Stunde ist auch gut.“ Dann muss ein jeder Interpret den Standort wechseln. Der Kommunale Ordnungsdienst (KOD) achte darauf, dass die Straßenmusikanten nicht nur eine Stelle beschallen. Die Rathaus-Sprecherin: „Die Spieler ziehen eigentlich von sich aus nach einer Weile weiter.“ Und von einem Streit um die besten Plätze in der Stadt sei ihr bislang noch nichts zu Ohren gekommen. Deshalb gelte: So lange es keine Probleme gebe, müsse Straßenmusik im Ortsrecht auch nicht thematisiert werden.