Gladbeck. In der Stadtplanung wird das Problem häufigerer Starkregentage bereits berücksichtigt. Offene Wasserführung schützt gegen überflutete Keller.
Die aktuellen Starkregenfälle sorgen nicht nur in Gladbeck wieder für überflutete Keller. Die Emschergenossenschaft forderte jetzt in der WAZ, dass es „verpflichtender Standard“ werden müsste, dass Städte Neubaugebiete so planen, dass der Schutz vor Überflutung so groß wie möglich ist. In Gladbeck ist das bereits bei mehreren Projekten geschehen. Zum Beispiel in der Siedlung um die Albert-Einstein-Straße mit 230 Wohnhäusern in Rentfort-Nord. Sie wurde im zukunftsorientierten Konzept der offenen Wasserführung geplant und 2002 bis 2006 realisiert.
Siedlungswege werden zu kleinen Wasserstraßen
Ergebnis: Wenn andere Bürger bei Gewitter und Starkregen verzweifeln, weil das Wasser in ihrer Straße aufstaut und in Keller flutet, bleiben die
wird“, erklärt Frank Restemeyer, Leiter der Gladbecker Stadtentwässerung. Sichtbar wird das an der speziell angelegten, zehn Zentimeter tiefen Rinne im Straßenpflaster, die Fußgänger bei Normalregen gut queren können.
Das sei eine moderne Form der Stadtentwässerung, die an die Herausforderungen der klimatischen Veränderungen angepasst sei, um sich gegen häufigere Starkregenereignisse und Hitzetage zu wappnen. Denn auch viel Grün ist zu sehen. „Die Bäume können Flüssigkeit aufnehmen sowie abgeben. Sie wirken so und als Schattenspender klimaausgleichend“, sagt Restemeyer. Und wo herkömmliche DIN-Kanäle im Boden ihre Kapazitätsgrenzen erreichen, können die dafür extra ausgestalteten Siedlungsstraßen noch ‘volllaufen’ und als breite „Regenrinnen“ fungieren, über die plötzliche Wassermassen gut abgeleitet werden.
1200 Liter Wasser pro Sekunde fließen ab
Restemeyer: „Die Anlage ist so ausgelegt, dass bei starkem Niederschlag etwa 1200 Liter pro Sekunde auf dem Gebiet abfließen können.“ Das entspreche der Wassermenge von acht gefüllten Badewannen. „Bei starken Ereignissen kann dieser Wert auf das 5- bis 7-Fache steigen.“ Abgeleitet werden die Wassermassen über den rund 28 Meter breiten ‘Flutgraben’, der quer durch die Siedlung verläuft. Ein schmucker Grünsteifen, der wie ein Park mit Bachmulde angelegt wurde, so dass wohl nur darüber informierte Bürger erkennen, dass es sich hier um ein Entwässerungsbauwerk handelt.
„Die moderne, grüne Siedlung am Stadtrand“ war auch Grund für Ulrike Hermann aus Bottrop, mit ihrem Mann herzuziehen. „Das Entwässerungskonzept funktioniert gut“, so die 57-Jährige. Das viele Grün und die direkte Anbindung an Wald und Feld sei „toll zum Spazierengehen“, so dass sich die Neu-Gladbecker auch einen Hund anschafften.
Parkähnliche Regenwasseranlage
Zurück zur parkähnlichen Regenwasseranlage: Das aus dem Siedlungsbereich eingeleitete Wasser wird hier aufgefangen und aus der
Siedlung in Richtung großer, vertiefter Flutfläche, die unmittelbar an den angrenzenden Feldern im Westen liegt, abgeleitet. „Das Wasser kann hier zurückgehalten werden und versickert langsam durch die Grasnabe in den Boden, um so gereinigt über eine Drainage in den nahen Quälingsbach abzufließen, in den nur 20 Liter pro Sekunde eingeleitet werden dürfen“, erklärt Restemeyer.
Ein modernes, den Klimawandel berücksichtigendes Entwässerungskonzept, das auch in den Gladbecker Neubau-Siedlungen rund um die Hege-Lotte-, Gustav-Stresemann- oder Maria-Theresien-Straße umgesetzt wurde.
Das Konzept ist nicht überall umsetzbar
Das moderne Siedlungskonzept einer offenen Wasserführung sei eine gute Möglichkeit, um gegen Klimawandel und häufigere Starkregenfalle besser gewappnet zu sein. „Es kann aber nicht überall im Stadtgebiet umgesetzt werden“, sagt Frank Restemeyer, Abteilungsleiter Stadtentwässerung.
Der Grund ist einfach nachzuvollziehen: Die für ein solches Neubauprojekt vorgesehene Siedlungsfläche müsse über die notwendige Geländestruktur verfügen. „Denn wir benötigen ja ein ausreichendes Gefälle, um das Niederschlagswasser an der Oberfläche aus der Siedlung ableiten zu können.“ Eine Stadtrandlage mit Flächenkapazitäten in der Nähe bestehender Entwässerungssysteme sei dabei sicher von Vorteil, da Regenrückhalteanlagen zum Konzept gehören.
Der Investor muss das Vorhaben mittragen
In Neubaugebieten auf eng begrenzten Freiflächen, etwa auf einem umgewidmeten Sportplatz, „der kein Gefälle hat und von Altbebauung umgeben ist“, sei das moderne Entwässerungskonzept so nicht umsetzbar.
Selbstverständlich müsse auch der Investor, der das Neubauprojekt umsetzt, bereit sein, das Konzept mitzutragen. Restemeyer: „In der Siedlung Albert-Einstein-Straße wäre in herkömmlicher Planung und Entwässerung zum Beispiel eine verdichtetere Bebauung mit mehr vermarktbaren Häusern möglich gewesen.“ Hier sei der Spagat gut gelungen, trotzdem Eigentumshäuser „zu einem moderaten Preis“ anbieten zu können.