Ruhrgebiet. . Auch der Bürger kann vorsorgen. Mit einfachen Mitteln kann man viel erreichen. Bei Unwettern wie Dienstag aber hilft nur noch die Feuerwehr.

Nach den Wolkenbrüchen der vergangenen Tage fordern Fachleute, Neubausiedlungen künftig so anzulegen, dass der Schutz vor Überflutungen so groß wie möglich ist.

„Das sollte verpflichtender Standard werden“, sagt ein Sprecher der Emschergenossenschaft. Bisher ist die Anlage von Flutmulden, Fließwegen und natürlichem Überschwemmungsgelände freiwillig.

Schäden nach Unwetter in NRW

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    Starkregen-Kongress in Gelsenkirchen

    „Die Städte können sich nicht sofort gegen Starkregen wappnen, aber Planung und Neubau wassersensibel entwickeln“, sagt Professor André Niemann, Wasserwirtschaftler an der Uni Duisburg-Essen. Auch das „Deutsche Institut für Urbanistik“ in Berlin will eine „stärkere Berücksichtigung der Überflutungsgefahren in der Bauleitplanung“.

    Im Ruhrgebiet wird an der Vorsorge vor sogenannten „Starkregen-Ereignissen“ bereits intensiv gearbeitet. Unter anderen Bottrop und Herne sind an einem Forschungsprojekt des Landesumweltministeriums beteiligt, bei dem das Institut für Unterirdische Infrastruktur (IKT) in Gelsenkirchen ein „Handbuch“ entwickelt, um Wetter-Schäden einzugrenzen.

    Auch bildet das IKT zertifizierte „Berater Starkregenvorsorge“ aus; bei den Kommunen ist die Nachfrage groß. Im September greift ein „Starkregen-Kongress“ in Gelsenkirchen das Thema auf.

    Gefahr in unterschiedlichen Blautönen

    Viele Städte entwickeln mittlerweile Starkregenkarten, auf denen die Einwohner an unterschiedlichen Blautönen erkennen können, wie groß die Überschwemmungsgefahr an ihrer Adresse ist. Doch diese Karten seien „oft noch nicht beim Bürger angekommen“, sagt Niemann. Es gebe „Widerstände und Sekundärinteressen“: aus Sorge um Grundstückspreise und Immobilienwerte.

    Experten berichten, dass von Stadt zu Stadt – auch juristisch – versucht werde, die Veröffentlichung solcher Karten zu verhindern. Argumentiert wird auch mit dem Datenschutz.

    100 Liter pro Quadratmeter und Stunde

    Auf dem Campus Haspel der Uni Wuppertal ist das Dach eines Nebengebäudes zerstört.
    Auf dem Campus Haspel der Uni Wuppertal ist das Dach eines Nebengebäudes zerstört. © Lukas Schulze

    Die Unwetter hatten am Dienstag vor allem in Wuppertal und Aachen, aber auch in Duisburg große Schäden angerichtet. Vereinzelt fielen 100 Liter Regen pro Quadratmeter und Stunde. Am Wochenende gab es Starkregen-Ereignisse auch in Bottrop und Gladbeck.

    Die Emschergenossenschaft geht davon aus, dass sich ihre Zahl von derzeit drei bis vier im Jahr auf sechs erhöht. Hydrologe Niemann spricht dagegen von einer „gefühlten Zunahme. Das gab es immer. Man sieht nur mehr Bilder davon.“

    „Rückstauklappe auf jeden Fall“

    „Jeder sollte selbst dafür sorgen, dass sein Haus hochwassergesichert ist“, sagt Ilias Abawi, der Sprecher der Emschergenossenschaft: „Rückstauklappe auf jeden Fall.“ Sie verhindert, dass bei einem Rückstau in der Kanalisation das Wasser ins Haus aufsteigt. Oder: Wenn die Zufahrt zur Garage abwärts führt, gehört davor eine Drainage.

    In bestehenden Gebäuden, in alter Infrastruktur „kann man mit kleinen Maßnahmen sehr viel erreichen“, sagt Professor Niemann, der Wasserwirtschaftler. Sperren bauen, Abdeckplatten anbringen.

    Hauseingänge oder Kellerräume kann man mit Schwellen versehen. Ganz simpel: Wertvolles oder Empfindliches sollte nicht im Keller stehen. Mehr Tipps unter: www.starkgegenstarkregen.de.

    Ausbildung zum „Manager Starkregenvorsorge“

    Das also kann der Bürger tun (und bezahlen). Die Städte bemühen sich aber auch. Immer mehr Kommunen lassen Mitarbeiter zu „Managern Starkregenvorsorge“ ausbilden. In Gelsenkirchen beim Institut für Unterirdische Infrastruktur (IKT) lernen sie, wie sich Ämter untereinander und mit den Einwohnern austauschen können, was man schon vorbereiten kann, wenn der Wetterdienst gerade erst warnt. „Eine Gemeinschaftsaufgabe“, sagt IKT-Chef Roland Waniek.

    Vom oft geforderten Ausbau der Abwasserkanäle übrigens hält Waniek nicht viel. Denn es liegt in der Natur der Starkregen-Ereignisse, dass sie sehr lokal sind. Wer für alle Fälle vorbereitet sein wolle, müsse „Flussbetten statt Fußgängerzonen bauen“.

    Denn, da sind Experten einig, wenn das Wasser so herunterkommt wie Dienstag in Wuppertal, „können nur noch Feuerwehr und Katastrophenschutz helfen“.