Gladbeck. . Der Zweiteiler „Gladbeck“ wird Mittwoch und Donnerstag in der ARD gezeigt. Die WAZ hat sich vor der Ausstrahlung am Originalschauplatz umgesehen.
„Wenn mich früher jemand gefragt hat, wo ich herkomme, habe ich immer gesagt, dass ich in Gelsenkirchen wohne“, sagt Herbert Saliger. Ihm geht es wie vielen Gladbeckern: Sie wollen nicht immer und immer wieder mit dem Verbrechen in Verbindung gebracht werden, das vor 30 Jahren das ganze Land in Atem hielt.
Noch immer ist das Geiseldrama in das kollektive Gedächtnis der Stadt gebrannt. Jetzt also wieder: Die ARD zeigt am Mittwoch und Donnerstag (jeweils um 20.15 Uhr) den Film „Gladbeck“.
Film wirft schlechtes Licht auf Heimat
Herbert Saliger wohnt noch immer unweit des Geschäftszentrums in Rentfort-Nord, kauft gerade Getränke im kleinen Kiosk von Sornaranjini Paramanthan. Er liegt nur einige Schritte von der damaligen Bank-Filiale entfernt, die die beiden Verbrecher am 16. August 1988 überfielen.
Dass der ARD-Film nun ausgerechnet so heißt, wie seine Heimatstadt, das ärgert Saliger. „Das ist abscheulich“, sagt der Rentforter. Gladbeck sei schließlich keine üble Stadt, der Film werfe nun aber wieder ein schlechtes Licht auf seine Heimat.
Stadt hat das Verbrechen mühsam verarbeitet
Auch der orthopädische Schuhmacher Adi Raible findet es „sowas von ekelhaft“, dass der Zweiteiler schlicht „Gladbeck“ heißt. Schließlich habe sich das Geiseldrama doch erst so richtig in Köln an der Domplatte entwickelt. „Nicht in Gladbeck auf dem Lambertiplatz.“ Mühsam habe die Stadt das Geiseldrama verarbeitet und jetzt koche alles wieder hoch.
Raible erinnert sich noch genau, dass damals gerade ein neues Stadt-Logo entwickelt war: „Gladbeck hat es“. Nach dem Geiseldrama wurde daraus schnell „Gladbeck hat ... Geiselnehmer“. „Das Logo wurde dann eingestampft“, sagt der Geschäftsmann. Den Film ansehen wird er sich dennoch. „Ich muss ja gucken, wie real der Zweiteiler überhaupt ist.“
Das Geschäftszentrum ist verwaist
Am Geschäftszentrum Rentfort-Nord herrscht inzwischen vor allem Leere: „Geschlossen.“ Das Schild in der ehemaligen Dorotheen Apotheke hängt in der Fensterscheibe. Sie ist nicht das einzige Geschäft, das rund um die Hochhausruine an der Schwechater Straße nicht mehr existiert. Das Sonnenstudio, Bäckerei Kläsener, der Hubertus-Grill: alle verwaist. Auf den Balkonen der heruntergekommenen Hochhauses flattern Tauben hin und her.
Die Kulisse des einstigen Verbrechens zieht auch heute noch Menschen an, die das Drama damals vor dem Fernseher mitverfolgten. So wie Andreas Küster. Der Essener schaut sich verwundert um, blickt auf die Ruine. „Das ist ja ein richtiger Schandfleck“, sagt er. Das Haus hatte er damals im Fernsehen gar nicht wahrgenommen.
Einige kommen noch heute, um sich den Ort anzusehen
Die Geiselnahme hatte den 57-Jährigen ziemlich aufgewühlt. 30 Jahre später will er sich dann endlich einmal den Original-Schauplatz ansehen. „Ich war gerade in der Nähe und da habe ich die Chance genutzt, mir die Ecke mal anzugucken“, sagt er als er auf die WAZ-Reporter trifft. Mit der Ausstrahlung des Zweiteilers befürchtet er, dass Angehörige wieder an die Tat erinnert werden.
Auch Renate Böing vermutet, dass „in vielen Familien wieder die Traurigkeit hochkommt.“ Dennoch: vergessen werden solle das Verbrechen nicht und auch dass der Film den Stadtnamen trägt, stört die Dame nicht, die gerade durch das ausgestorbene Geschäftszentrum schlendert. „Es ist ja schließlich hier passiert.“
Das sieht Ellen Weber anders. „Der Film wühlt die Erinnerungen wieder auf.“ Die Rentforterin wird sich den Film nicht ansehen. Sie hat genug von dem Geiseldrama – wie so viele Gladbecker.