Gladbeck . Auch Taxi-Betriebe sind durch den Gerichtsentscheid in Sachen Diesel besorgt. Fahrverbote in anderen Städten würden sie wie Berufspendler treffen
Auch in Gladbeck ist das Urteil des Bundesverwaltungsgericht zu möglichen Dieselfahrverboten in Städten mit Spannung erwartet worden. Zwar sei Gladbeck von dem Urteil nicht betroffen, so die Stadtverwaltung, da die Grenzwerte für Stickoxide nur an der Messstation an der Grabenstraße leicht überschritten werden.
Doch von Fahrverboten, die laut Urteil in einzelnen Städten erlassen werden können, wären Berufspendler und Unternehmen betroffen, die sich tagtäglich über Gladbecker Stadtgrenzen hinaus bewegen. Ein Blick auf die Pendlerströme (siehe Grafik) verdeutlicht, dass allein in Richtung Essen 3 775 Gladbecker Berufspendler tagtäglich das Stadtgebiet verlassen.
Fahrverbot hätte Folgen für lokale Handwerker
Und für Handwerker birgt das Urteil noch weitere Unsicherheiten. Zwar seien Ausnahmeregelungen für diese Branche vorgesehen, doch niemand wisse, wie diese aussähen, sagt Egbert Streich, Geschäftsführer der Kreishandwerkerschaft Emscher-Lippe-West. „Wo zieht man da die Grenze?“ fragt er.
Die Ausnahmeregelungen, die ja auch für weitere Branchen wie Feuerwehr, Polizei gelten müsste, wären am Ende so zahlreich, dass Fahrverbote nur noch Privatpersonen treffen würden. Eine regionale Beschränkung für Handwerker bei der Durchführung von Aufträgen hätte zudem nicht nur finanzielle Folgen: „Die Versorgung mit Handwerkleistungen würde ohne Dieselfahrzeuge zusammenbrechen“, glaubt Streich.
Umrüstung für Betriebe mit hohen Kosten verbunden
Es gäbe schlichtweg keine Alternativen zu den dieselbetriebenen Fahrzeugen, die Automobilindustrie produziert sie nicht mehr. „Selbst wenn man als Handwerker umrüsten möchte – es gibt auf dem Markt keine Alternative“, so der Experte.
Durch eingeschränkte Mobilität sähen sich Handwerker in ihrer Existenz bedroht, schließlich gehöre diese für Handwerksbetriebe zum Geschäftsmodell. „Wie sollen wir dann zum Kunden kommen? Wir arbeiten schließlich nicht nur in Gladbeck“, sagt Jörg Rosch, Inhaber des Meisterbetriebs Rosch Bedachungen. Aktuell werden von seinem Unternehmen fünf Dieselfahrzeuge betrieben.
Nachbarstädte wollen Fahrverbote vermeiden
Inwiefern andere Städte ein Fahrverbot verhängen, ist bisher unklar. Die Stadt Essen, in der Schadstoffgrenzwerte überschritten werden, ließ bereits vor Urteilsverkündung verlauten, dass ein Fahrverbot für Dieselfahrzeuge nicht umzusetzen sei.
Die Verwaltung in Gelsenkirchen will Diesel-Fahrverbote vermeiden. Die Messwerte für Stickoxide seien in den vergangenen fünf Jahren rückläufig.
Für eine generelle Umrüstung der Fahrzeugflotte bestünde keine Möglichkeit. „Wir haben zwar viele Aufträge, aber als mittelständisches Unternehmen kämpfen wir jeden Tag aufs Neue um unsere Existenz“, sagt Rosch.
Zu geringe Reichweite von E-Autos
Auch für Taxiunternehmen gehört das Pendeln zwischen Städten zum täglichen Geschäft. „80 Prozent unserer Fahrten sind Krankentransporte. Chemo- und Strahlentherapien finden zum Beispiel im Essener Uni-Klinikum statt“, sagt Andreas Scholz von Taxi Scholz. Zur Flotte des Taxiunternehmens zählen aktuell neben einem Hybrid- und Benzinfahrzeug auch sechs Dieselautos.
Auf ein drohendes Fahrverbot könne man nicht reagieren. Gerade die Umstellung auf Elektrofahrzeuge käme – gemessen an den technischen Standards – aktuell nicht in Frage: „Wegen der geringen Reichweite und den langen Ladezyklen von Elektrofahrzeugen stellen diese keine Alternative dar“, sagt Scholz.
Nachfrage bei Händlern sinkt stark
Diejenigen, die ihr Auto privat nutzen und in jüngster Zeit ein neues gekauft haben, wollten offenbar erst gar kein Risiko eingehen, dass sie von möglichen Fahrverboten betroffen werden könnten. Gladbecker Autohändler berichten von einer stark gesunkenen Nachfrage für Dieselfahrzeuge: „Wir verkaufen aktuell 90 Prozent weniger Dieselfahrzeuge. Man merkt, Privatkunden wollen keine Diesel mehr“, sagt Norbert Lucas, Geschäftsführer des Autohauses Lucas.