Gladbeck. . Immer wieder keimt Hoffnung auf, wenn es um die alte Siedlung in Zweckel geht. Doch ein Blick ins WAZ-Archiv zeigt: der Verfall schreitet fort.

Das Märchenbild war zu verlockend: „Dornröschen ist endlich wachgeküsst“, hieß es vor nicht allzu langer Zeit in einem Werbespruch für die Sanierungspläne der Siedlung Schlägel und Eisen.

Im Herbst 2014 sah es so aus, als könnte es etwas werden mit dem märchenhaften Ende einer jahrelangen Verfallsgeschichte. Nachdem das Ensemble zwischen Bohnekamp-, Schlägel- und Eisenstraße mehr als ein Jahrzehnt dem Verfall überlassen war, wollte eine Marler Investorin sanieren, modernisieren, Wohnraum schaffen, der modernen Ansprüchen genügen sollte.

Die Firma ging in die Insolvenz

Aber es wurde nichts, die Firma ging in die Insolvenz, seit mehr als einem Jahr sucht der Insolvenzverwalter geeignete Investoren, versprach mehrfach, eine Lösung sei in Sicht – und verstummte schließlich.

Wechselnde Eigentümer

Ende 2012 hatte die Marler Firma Kwates-Immobilien die Siedung Schlägel und Eisen erworben. Vorige Eigentümerin war die Duisburger Firma Akimo, die erfolgreich die Häuser an der Phönixstraße sanierte.

Zuvor hatten die Häuser der Deutschen Annington gehört. Schon lange leben keine Mieter mehr dort, die letzten offiziellen Bewohner zogen Anfang 2013 aus.

Insgesamt stehen auf dem Gelände 29 Häuser, die 142 Wohnungen hatten einst eine Wohnfläche von insgesamt 7200 m².

Neue Informationen gibt es seit Monaten nicht, seit es im Sommer 2017 hieß, innerhalb einiger Wochen werde ein neuer Eigentümer präsentiert.

Rund um Schlägel und Eisen sind indes die Dornen zurück. Sie wuchern auf den Grünflächen rund um die Ruinen, Brombeeren haben sich um Müllhaufen und alten Bauschutt ausgebreitet, Grün hat den Asphalt der Schlägelstraße erobert, die so auf Radwegbreite zusammengeschrumpft ist.

Überall liegen Scherben herum

Allerdings: Radler sollten genau hinsehen, wie auch die Menschen, die dort ihre Hunde ausführen, denn nicht nur Gräser, sondern auch Scherben säumen den Wegesrand.

Im Jahr 2013 war die Siedlung aus den 20er. Jahren leergezogen.
Im Jahr 2013 war die Siedlung aus den 20er. Jahren leergezogen. © Kitschenberg

Von der Auf- und Abbruchstimmung vor drei Jahren ist nichts geblieben. Eigentlich sieht es sogar schlimmer aus als zuvor, denn nun ragen die Dachbalken der Häuser, die als erstes saniert werden sollten, nackt in den grauen Winterhimmel – die Dächer sind nie neu gedeckt worden.

Die Isolierfenster, die bereits eingebaut wurden, sind kaputt, vergammelt, eingeworfen.

Aufgebrochene Türen geben den Blick in Flure frei

Am anderen Ende der Siedlung, an der Eisenstraße, schreitet der Verfall einfach voran. Immer wieder haben Neugierige die Sicherungen überwunden, und so klappern Fenster im Wind, geben aufgebrochene Türen den Blick frei in Flure, die längst nur noch Abenteuerlustige betreten und mit ihren nächtlichen Aktivitäten Unruhe verbreiten.

Dornröschen, das ist längst klar, wird nicht mehr erwachen. Wer mag schon eine Prinzessin küssen, die dermaßen derangiert ist? Was bleibt, ist die Hoffnung auf eine Lösung. Einen Abriss, Neubau, Wohnraum. Auch, damit die Anwohner, die an der Bohnekamp-straße schon so lange mit der Ruine leben, endlich wieder Ruhe finden.

Es gibt kaum noch Hoffnung für Schlägel & Eisen

Die Geistersieldung in Zweckel

Die Karte zeigt, wo in Gladbeck-Zweckel die alte Bergarbeiter-Siedlung aus den 20er-Jahren zu finde ist. Sie liegt an der Bohnekampstraße.

Das Konzept

Aus der Luft schoss der WAZ-Luftbildfotograf im Sommer 2016 diese Aufnahme – sie zeigt das Konzept der alten Siedlung mit ihren großen Innenhöfen.

Die Entkernung

Entkernt: An der Bohnekampstraße begannen die Sanierungsarbeiten der Kwates-Immobilien.

Im Hintergrund qualmen die Kraftwerk-Schlote

Fast fünf Jahre alt ist dieses Foto – im Hintergrund qualmen die Schlote des Kraftwerks Scholven. Zum Positiven hat sich seither nichts geändert, der Verfall schreitet zügig voran. Kein Wunder, dass dort mehrere Regisseure Nachkriegszenen drehten, zuletzt Söhnke Wortmann im Sommer 2016.

Überall liegt Müll

Vermüllt: Blick in ein Treppenhaus eines Gebäudes an der Eisenstraße, aufgenommen kurz vor dem Jahreswechsel.

Dann zogen die Mieter aus

Noch bis Anfang 2013 waren zwei Wohnungen in der Siedlung bewohnt. Die Mieter lebten in einem Haus an der Schlägelstraße, während um sie herum bereits alles verfiel.

Saniert wurde nur kurz

Da sah es noch nach Sanierung aus: Im Sommer 2015 hatten Arbeiter das Dach des Riegels an der Schlägelstraße abgedeckt. So sieht es noch heute aus – nur ohne Gerüst und Werbeschild.

Und dann kam die Pleite

Abbruchstimmung: Der Bagger rückte Ende 2014 an, um klar Schiff zu machen, Schuppen wurden abgerissen, neue Fenster eingebaut – und dann ging der Investor pleite.

Es blieb bei den Zeichnungen

Auf der Bau-Messe im Herbst 2014 präsentierte Kwates Immobilien Pläne für die erste Bauphase, wie die umgestaltete ehemalige Zechensiedlung Schlägel und Eisen mal aussehen sollte.

Viele wilde Katzen leben hier

Der Schuppen im Hinterhof des Gebäuseriegels an der Bohnekamp-/Schlägelstraße ist mittlerweile abgerissen. Dort vesteckten sich gern verwilderte Katzen.

Sträucher wuchern

Brombeeren überwuchern große Teile des Geländes zwischen Bohnekamp-, Schlägel- und Eisenstraße. Die Natur holt sich langsam aber sicher das Areal zurück...

1/11