Gladbeck. Die Ausbreitung von giftigem Kohlenmonoxid und explosivem Methangas in Richtung Keller von Grundschule und Privathäusern wird gestoppt.
Die Arbeiten zum Bau der Drainage, die die Anwohner der ehemaligen Mülldeponie an der Halde Ellinghorst vor explosivem Methangas schützen soll, sind endlich gestartet. Am Diekmannshof arbeitet sich schweres Gerät auf breiten Raupen durch den aufgeweichten matschigen Boden am Haldenfuß, um den ersten Sperrriegel in den Boden einzubringen. Im Prinzip ein tiefer, schmaler Graben, der in Richtung Anwohnerbereich mit einer Folie abgedichtet und dann mit durchlässigem Kies aufgefüllt wird. Das Sperrwerk stoppt das von der Halde im Boden abwandernde Gas, das über den Kies gefahrlos nach oben in die Luft entweichen kann.
Beim Einbau gilt es aber zunächst, die Arbeiter selbst zu schützen. „Wir wenden aus diesem Grund das so genannte Grabenverbausystem mit Doppelgleitschiene an“, erklärt Dr. Beatrix Haglauer vom projektführenden Altlastensanierungsverband NRW (AAV). Dazu werden mit einem großen Bagger in zuvor definierten Abständen Führungsschienen senkrecht in den ausgekofferten Bereich eingelassen, die zwischen von oben eingeschobene Verbundplatten aufnehmen, die wiederum verhindern, dass Erde seitlich in die Baugrube nachrutschen kann. Hagelauer: „Die Absperrfolie und der Schotter für die Gasdrainage können so gut eingebracht werden und das ganze Grabensystem kann zügig weiter vorrücken.“
Arbeiter müssen geschützt werden
Am Diekmannshof muss 4,50 Meter tief ausgekoffert werden. „Dann sind wir auf Grundwasserniveau, durch das kein Gas hindurchdringen kann“, erklärt der beauftragte Gutachter, Diplom-Geologe Dr. Werner Linnenberg. Die letzten etwa 20 Zentimeter vom groberen Kies bis zur Oberfläche werden mit feinem Splitt aufgefüllt, so dass die Drainage später optisch an einen Spazierweg erinnern mag. Linnenberg: „Die Halde ist
Naturschutzgebiet und Lebensraum von Fröschen und Lurchen, die sich so wieder ungehindert über den Drainagenbereich bewegen können.“
Apropos gefahrlos bewegen: Im zweiten Ausbauabschnitt, am Spazierweg hinter der Albert-Schweitzer-Schule, müssen Naherholungssuchende, die zudem gerne eine Zigarette anstecken, keine Angst vor eventuell ausströmendem Gas haben. Linnenberg: „Das verteilt sich so schnell am Boden, dass keine Explosionsgefahr mehr besteht.“
Komplette Fertigstellung Ende 2018
„Bis Januar wollen wir am Diekmannshof fertig sein und dann die Drainage in Richtung Agnesstraße und Firma Döllken ausbauen“, so Diplom-
Gesamtkosten etwa eine Million Euro
Der Altlastensanierungsverband rechnet damit, dass die Baumaßnahmen 680 000 Euro kosten und sich die das Gesamtprojekt (Gutachterkosten, Bodensondierung) auf rund eine Millionen Euro belaufen wird.
Die Stadt trägt nur einen kleineren Anteil der Kosten, den Großteil der AAV, der über Einzahlungen der NRW-Kommunen getragen wird.
Geologin Barbara Sasse von der Stadtverwaltung, zuständig für den Bereich Altlasten. „Wir hoffen, wenn das Wetter mitspielt und die Auftragsvergaben zügig klappen, die Arbeiten bis Ende 2018 komplett fertigstellen zu können.“
Hier wird bis auf 7,50 Meter ausgekoffert, da dann erst gasdichte Bodenschichten vorliegen. Im ehemaligen Eingangsbereich der Deponie ist der Untergrund zudem mit Lösungsmitteln belastet. Dr. Haglauer: „Der kontaminierte Boden wird in Spezialcontainern gesammelt, um dann entsorgt zu werden.“
Mitte der 1950er Jahre Mülldeponie angelegt
Im Bereich des heutigen Naturschutzgebietes Halde Ellinghorst, südlich der Agnesstraße, wurde in den 1930er Jahren der Boden bis auf 12,5 Meter Tiefe großräumig für den Ausbau der Autobahn 2 abgetragen. Die so entstandene Senke wurde ab Mitte der 1950er Jahre mit Hausmüll, Bauschutt, Erdaushub und Industrieabfällen angeschüttet.
Im Jahr 1974 erfolgte die Aufschlämmung der Fläche mit Rückständen aus der Müllverbrennung und sauberem Boden. 1991 wurden im Deponiekörper erstmals auffällige Methangasanreicherungen gemessen. Die sollten laut einem Gutachten aus 2004 kontinuierlich ausdünsten und bis 2010 gegen Null abnehmen. Stattdessen wurden bei Kontrollen 2011 in der Deponie hohe Methan- und Kohlendioxidgehalte von bis zu 20 Prozent pro Raummeter Luft gemessen.
Suche nach Blindgängern ist erfolgt
Da die Gutachter nicht ausschließen konnten, dass die giftigen Gase im Boden bis in die Keller angrenzender Wohnhäuser und Firmen wie an der Agnesstraße, am Diekmannshof oder der Albert-Schweitzer-Schule wandern, wurde der Ausbau einer Gasdrainage beschlossen. Zunächst hieß es, dass der Schutzriegel im Sommer 2012 erstellt werde, dann sollte das Vorhaben bis Ende November 2013 umgesetzt sein, um wiederum auf Sommer 2015 neu terminiert zu werden. Zur Sicherheit der Anwohner wurden Gas-Warngeräte in Kellern innerhalb des Gefahrengebiets eingebaut.
Eine weitere Verzögerung ergab sich, weil Bodensondierungen vom Kampfmittelräumdienst der Bezirksregierung vorgeschrieben wurden, da der Drainagenbereich als starkes Bombenabwurfgebiet aus dem II. Weltkrieg ausgewiesen ist. Rund 400 Sondierungsbohrungen nach Blindgängern erfolgten so bis zum Herbst dieses Jahres. Mit der Freigabe konnten nun endlich die Tiefbauarbeiten starten