Gladbeck. Private Brunnen sollen nicht mehr benutzt werden, da flüchtige Schadstoffe aus dem Wasser eingeatmet werden können.
- Private Bauchwasserbrunnen sollen nicht mehr für die Besprengung der Gartenpflanzen benutzt werden
- Hochflüchtige Schadstoffe aus dem belasteten Grundwasser können ausdampfen und eingeatmet werden
- Anwohner des Chemiewerkes befürchten, über Nutzpflanzen seit Jahren unbewusst Gift verzehrt zu haben
Die Unsicherheit ist groß bei den Nachbarn an der Schanzenheide in Rentfort-Nord. „Wir wollen Antworten, was denn jetzt weiter mit dem Gift im Boden passiert“, sagt Horst Lippeck. Er gehört zu den unmittelbaren westlichen Nachbarn der Industrieanlage von Ineos Phenol, in deren Brauchwasserbrunnen Schadstoffe entdeckt wurden, die wohl aus kürzlich bekannt gewordenen Altlastenquellen auf dem Firmengrund stammen.
Die zuständige Bodenschutzbehörde des Kreises hatte die Ineos Phenol-Nachbarn um Mithilfe gebeten, um festzustellen, ob sich die Altlasten über das Grundwasser in Richtung privater Wohngebiete ausbreiten konnten. Dies bestätigte sich leider nach der Untersuchung privater Brauchwasserbrunnen für Anlieger nördlich der Frielinghausstraße.
Grenzwert drastisch überschritten
„Der gesetzliche Grenzwert von leichtflüchtigen Kohlenwasserstoffen ist in meinem Brunnenwasser um das bis zu 5000-fache überschritten worden“, weiß Horst Lippeck aufgrund des Analyseergebnisses. Ein Mitarbeiter der Bodenschutzbehörde habe ihn auch angerufen „und dringend davon abgeraten, das Wasser weiter zu nutzen. Auch nicht zum Blumengießen
oder Rasensprengen, da dabei Dämpfe der hochflüchtigen krebserregenden Stoffe freigesetzt werden“. Gleiches haben die Nachbarn zur Linken erfahren, „obgleich bei uns im Brunnenwasser die Schadstoffbelastung nicht ganz so hoch waren“. Seit mehr als 30 Jahren sprenge man mit Grundwasser den großen Garten, „und wir wissen nicht, ob wir dabei die ganze Zeit auch schädliche Dämpfe eingeatmet haben, die sich gesundheitlich auswirken können“.
Sorgen treiben jetzt auch Nachbarin Heidi Thiel (49) um. „Wir sind erst vor ein paar Jahren hierher gezogen, der Kinder zuliebe, weil sie im Ländlichen mit einem großen Garten aufwachsen sollten.“ Zwei und vier Jahre sind die Beiden jetzt alt, „seit dem Kleinkindalter haben wir sie auch mit selbst angebautem Obst und Gemüse aus unserem Garten versorgt“, das, wie der übrige Teil des Gartens, mit dem Brunnenwasser gesprengt wurde. „Wir wollten alles richtig machen und befürchten jetzt, dass wir alles falsch gemacht haben“, so Heidi Thiel. „Wir hoffen, das uns der Kreis die Sorgen nehmen kann.“ Sie hat sich jetzt auch bei der Behörde gemeldet und um Analyse ihres Brunnens gebeten, der nicht so tief ist wie die 30-Meter-Brunnen der Nachbarn.
Ineos Phenol ist zur Sanierung der Altlasten verpflichtet
„Wenn der Garten in dem besonders belasteten Gebiet liegt, werden wir auch diesen Brunnen zeitnah beproben“, davon geht Florian Adamek von der Pressestelle des Kreises aus. Unstrittig sei auch, „dass Ineos Phenol als Grundstücksinhaber zur Sanierung der Altlasten verpflichtet ist“. Wie genau und in welchem Umfang dazu vorgegangen werde müsse, „steht noch nicht fest“, so Adamek. Zurzeit werde aufgrund der bisher ermittelten Probenergebnisse vom beauftragten Gutachter ein Konzept erarbeitet, das die Einrichtung von weiteren Grundwassermessstellen beinhaltet“. Dieses Konzept werde nach den Sommerferien vorliegen. Die Bohrungen liefern dann Ergebnisse, wie weit sich Schadstoffe über das Grundwasser ausbreiten konnten. Auf deren Grundlage werde „dann über das weitere Vorgehen entschieden“.
In der Vergangenheit ist bei anderen bekannt gewordenen Schäden schon mit Altlasten verunreinigter Boden ausgekoffert und entsorgt worden. In einem anderen Fall wurde verunreinigtes Grundwasser abgepumpt, gereinigt und wieder in den Boden eingeleitet.