gladbeck. . Um das Thema Schuld und Sühne dreht sich der Inhalt des Stücks „Pontius Pilatus“. Das Premierenpublikum war begeistert und applaudierte stehend.

  • 250 begeisterte Zuschauer verfolgten die letzten Stunden von Jesus
  • Jens Dornheim und seine Schauspielertruppe sorgen für großen Theaterabend
  • Pontius Pilatus und Jesus liefern sich einen Schlagabtausch auf Augenhöhe

Ein ausverkauftes Haus, einer der mittlerweile renommiertesten Kulturstandorte der Region und eine Schauspieltruppe, die vornehmlich aus Laien besteht? Dass das funktioniert, zeigte die bejubelte Premiere von „Pontius Pilatus“.

Jens Dornheim inszenierte mit der aus Laien und Profis bestehenden Schauspieltruppe „Glassbooth“ das Stück, das auf Auszügen des Romans „Der Meister und Margarita“ von Michail Bulgakow beruht, im Martin Luther Forum. 250 Zuschauer verfolgten die letzten Stunden Jesu, der hier wie in Bulgakows Roman den hebräischen Namen Jeschua Ha-Nozri (Alexander Kupsch) trägt. Das Stück dreht sich um Schuld.

Grandiose Inszenierung

Die Sünde der Feigheit wird hier als „schrecklichste“ bezeichnet. Pontius Pilatus (Dominik Hertrich) ist eine zerrissene Gestalt. Er ist zum einen der Machtmensch, der seine Entscheidungen systemkonform gemäß einem Zweck trifft, an dem er allerdings selber zweifelt. Diese äußerliche Hartherzigkeit verbirgt eine grundlegende bis zur Dünnhäutigkeit gehende Sensibilität.

Das Publikum war begeistert von der Inszenierung.
Das Publikum war begeistert von der Inszenierung. © Lutz von Staegmann

Selbstzweifel, Unzufriedenheit, Migräneanfälle und Einsamkeit kennzeichnen das verborgene Wesen dieses Prokurators. In der Begegnung mit Jeschua, der als pazifistischer und bis zur Selbstverleugnung menschenfreundlicher Mensch dargestellt wird, kommt all dies zu Tage. Pilatus spielt mit dem Gedanken, Jeschua zu begnadigen, wird jedoch aus Gründen der Staatsraison gezwungen, das Todesurteil zu bestätigen. Eingerahmt von den Aufzeichnungen eines Erzählers (Hans-Peter Bause) stehen auch in Dornheims grandioser Inszenierung die Dialoge zwischen Jeschua und Pontius Pilatus im Mittelpunkt.

Wer hier aber nun ein karges Zweipersonen-Stück erwartete, der wurde angenehm überrascht. Der Bühnenraum mit seiner minimalistischen Ausstattung wird durch eine Leinwand erweitert. Auf dieser werden Bilder und Filmsequenzen gezeigt, die zum aktuellen Bühnengeschehen gehören und so die Handlung vorantreiben.

Verratener Verräter

Die Musik, orientiert an Jerry Goldsmith’ Filmmusik zu „Omen“, erzeugt ebenso wie die Einflüsterungen des unsichtbaren Chors gewaltig Pathos im Raum. Im Zusammenhang mit dem Handeln der Figuren ergibt sich daraus eine Fallhöhe, in der die Ironie, die die Aufführung kennzeichnet, deutlich zutage tritt. Zwar liegt der Fokus auf dem Spiel zwischen Jeschua und Pilatus, aber die zentrale Frage nach Schuld und Sünde transportiert jede der Figuren.

Innerlich zerrissen: „Pontius Pilatus“ (Dominik Hertrich).
Innerlich zerrissen: „Pontius Pilatus“ (Dominik Hertrich). © Lutz von Staegmann

Levi Matthäus (Merlin Dembowski), einziger Jünger des Gekreuzigten, wird durch Übereifer beständig missverstanden. Kaiphas (Frieder Kornfeld) verkörpert die Engstirnigkeit lokalpolitischer Entscheidungen, und Judas (Thomas Kinner) wird aus Geldgier und Geilheit schlussendlich durch seine Geliebte (Julie Dioum) zum verratenen Verräter.

Afranius (Timo Knop), der Geheimdienstchef, ist darauf geeicht, auch die nicht ausgesprochenen Befehle seines Herrn zu befolgen, und Marcus Rattenschlächter (Finn Brand) wurde durch seine Kriegserlebnisse zur brutal ergebenen Leibwache des Pontius Pilatus.

Die grandiose Leistung der Darsteller, aber auch des gesamten Teams hinter der Bühne wurde mit stehenden Ovationen gefeiert.