gladbeck. . Im aktuellen Theaterstück „Pontius Pilatus“ geht es um die Frage der Schuld. Schwerpunkt sind Szenen vor, bei und nach der Kreuzigung.
In drei Wochen ist es soweit: Dann zeigt die freie Theatergruppe „Glassbooth“ ihr aktuelles Stück „Pontius Pilatus“. Hier dreht sich alles um die letzten Tage im Leben Jesus Christus. Gezeigt wird von den äußerst engagiert agierenden Laiendarstellern die Geschichte von Pontius Pilatus – vor, während und nach der Kreuzigung. Und natürlich geht es um die Frage der Schuld. Eine Frage die übrigens auf der Bühne nicht geklärt wird.
Textliche Grundlage des Stücks ist eine Nebenhandlung des allegorisch-satirischen Romans „Der Meister und Margarita“ des russischen Autors Michail Bulgakow. Adaptiert und fürs Theater aufbereitet hat den Nebenstrang des Romans der Regisseur, Autor und künstlerische Leiter von „Glassbooth“, Jens Dornheim. „Ich war als Student schon von diesem Part elektrisiert. Er ist enorm stark und steht für sich. Man erkennt das Evangelium wieder.“
Für Dornheim war klar, dass die Nebenhandlung die Intensität und das Potenzial für ein eigenes, abendfüllendes Theaterstück hat. Schwerpunkt ist das Gespräch zwischen Jesus und Pilatus – vor der Entscheidung, ihn zu kreuzigen. „Der Stoff soll die Besucher zum Nachdenken bringen“, sagt Dornheim und verspricht: „Trotz der Schwere der Thematik sollen die Zuschauer unterhalten werden, aber eben anspruchsvoll.“ Fürs Publikum bedeutet dies auch, am Geschehen aufmerksam dranzubleiben, um die Wendungen mitzubekommen, so die Empfehlung Dornheims, der „eine altbekannte Geschichte im neuen Gewand erzählen will“.
Einige Passagen werden über Filme transportiert
Die Theatermaschine läuft. Darsteller fand Dornheim bei einem offenen Casting. In der Aula der Wittringer Schule werden nun zwei Mal in der Woche einzelne Szenen geprobt. Am Wochenende dann, wenn alle da sind, steht der Durchlauf im Block an. „Alles bestens“, freut sich Dornheim, der mit seiner Regieassistentin Sabrina Wolf Szenen und Schauspieler auf liebevolle aber stringente Art im Griff hat.
Die 14. Probe läuft hochkonzentriert ab, jetzt geht es um den Feinschliff auf Basis der Grundfassung. Und auch ums Komprimieren, ums Gucken, was auf der Bühne letztlich funktioniert. Nicht alles muss deshalb auf der Bühne eins zu eins gezeigt werden. „Es gibt Passagen, die über Filme transportiert werden.“ Die Arbeiten vor dem sogenannten Green-Screen sind bereits abgeschlossen. Gedreht wurde im Atelier von Susanne Schalz – bevor dort die Heizung installiert wurde. Dornheim schmunzelnd: „Es war bitterkalt, der Atem der Schauspieler bildete kleine Wölkchen, dabei spielt die Szene in der Wüste.“ Entsprechende Landschaften für den Hintergrund wurden später mittels Green-Screen-Technik eingebaut.
In der Aula hat sich derweil Pilatus (Dominik Hertrich) auf seinem Regentenstuhl niedergelassen. Die Vorführung des gefangenen Jesus steht bevor. Ihm zur Seite sitzt Hans-Peter Bause, der Sprecher. Ein Kunstgriff, der es erlaubt, ganze Szenen nicht spielen zu lassen, sondern über die wunderbare sonore Stimme Bauses zu transportieren. Zudem verknüpft der Sprecher die einzelnen Szenen, führt durchs fortschreitende Geschehen.
Prokurator bezeichnet sich als grausamens Ungeheuer
Wider Erwarten macht Pilatus auf seinem Stuhl nicht den Eindruck eines brutalen Prokurator, obwohl er sich selbst als „grausames Ungeheuer“ bezeichnet. Der Mann klagt. Das Rosenöl, das in ganz Jerusalem zu riechen ist, macht ihn fertig. Er verträgt es nicht, es verursacht bei ihm Kopfschmerzen. Da kommt ihm dieser Gefangene gerade recht. Und es wird laut: Brutal auf den Bretterboden hereingestoßen von Centurio Markus, genannt Rattenschlächter, entspannt sich zwischen dem Herrscher und dem mitgenommenen Geknechteten ein Gespräch über die Anklagevorwürfe Majestätsbeleidigung und Volksaufruhr.
Enorm textsichere Widersacher
Was auffällt: Die beiden Widersacher sind enorm textsicher, sehr engagiert bei der Sache. Die harte Szene wirkt intensiv gespielt. Während Jesus textmäßig in die Tiefe geht und in gewisser Weise den Laurence Olivier gibt, hat Pilatus gewisse Starqualitäten, zieht die Blicke wie Robert Redford auf sich. „Ja“, sagt Dornheim über seinen heimlichen Star, mit dem er bereits vier Produktionen verwirklichte, „an dem können sie nicht vorübergucken“.
Pilatus-Darsteller Hertrich gibt sich denn auch durchaus selbstbewusst. „Wenn ich zu den Proben komme, so ist dies wie mein Zuhause. Hier will ich mein Bestes geben.“ Der Kino- und TV-Liebhaber schaut sich auch „privat gerne Schauspieler in ihren Rollen an“. Lampenfieber kennt er nicht. „Ich habe keine Angst vor der Bühne, nur Respekt.“
Schwerer Stoff mit viel Spannung
Jesus-Darsteller Alexander Kupsch wiederum spielt seit sieben Jahren in der freien Szene. Er nennt den Pilatus „schweren Stoff mit viel Spannung drin“ und spürt wie sich „von Probe zu Probe alles mehr fügt“. Das Spielen auf der Bühne bedeutet für ihn Freiheit. „Dann läuft alles von alleine.“ Über Team kann er nur Positives sagen. „Alle sind pünktlich, gut vorbereitet und voll bei der Sache. Das gefällt mir.“