Gladbeck. . Matthias Bohm will mit seiner Mode Erinnerung an Arbeit unter Tage hoch halten. T-Shirts, Hoodis und mehr gibt’s im Internet und bald im Geschäft.
Die Mode-Vision von Matthias Bohm ist ein Spagat. Sie führt in die Zukunft und die Vergangenheit zugleich. Bohm ist geboren auf Kohle. Natürlich weiß er, dass die letzte Zeche des Reviers, Prosper Haniel in Bottrop, 2018 geschlossen wird, dass damit das alte Ruhrgebiet passé ist. Doch gerade deshalb will er die Geschichte des Kohlenpotts konservieren, sie ins Morgen mitnehmen. Sein Vehikel hierbei ist die Mode, ist die ganz spezielle Kollektion seines Mode-Start-up „Grubenhelden“.
"Geradeaus und klar wie das Revier"
„Das, was uns alle hier in der Region geprägt hat, darf nicht verloren gehen“, sagt der 33-jährige Gladbecker voller Überzeugung und zeigt auf einen Kleiderständer. T-Shirts, Tank Tops, Hoodis, Sweater, Beanie-Mützen – und bald auch Caps. Sie sollen die Erinnerung an harte Arbeit unter Tage und die Kameradschaft aufrecht erhalten.
„Die Linie ist recht gerade gehalten, eben geradeaus und klar wie das Revier hier ist“, beschwört Bohm die Authentizität der Kollektion. In jedem Teil ist ein Stück eines originalen Grubenhemdes verarbeitet. „Ein jedes erzählt eine Geschichte und die wollen wir weiter transportieren.“
Wir? Nun, Bohm ist im Hauptberuf Vertriebsleiter bei einem Gelsenkirchener Unternehmen. Die Modegeschichte ist sein Hobby. Ein Hobby, dass er nebenberuflich zwar mit Herzblut, aber nur schwer allein stemmen kann. Deshalb hat sich um ihn herum eine kreative Gruppe von neuen jungen Leute geschart: Models, Videokünstler, Fotografen aus dem Freundeskreis. Sie fanden seine Idee prima und sagten volle Unterstützung zu. „Alle hauen rein, alleine könnte ich es nicht machen. Es ist Teamwork wie bei den Kumpel unter Tage.“ Und: „Andere schrauben an Autos rum, wir werden eben kreativ.“
Förderturm mit „G“ und „H“
Die Kreativität des Kollektivs trug schnell Früchte. Schon das Logo, zusammengesetzt aus den Großbuchstaben „G“ und „H“ sowie einem Förderturm, fällt auf, passt und sieht gut aus. Auch groß gedruckt auf einem T-Shirt. Für Bohm genau das richtige, selbstbewusste Zeichen. Er spricht von „T-Shirts mit Niveau“ und sagt: „Wir haben eine geile Region hier, auf die wir stolz sein können. Also lasst uns die Brust rausdrücken.“
In der Tat kommt die Mode nicht nur stylish und hochwertig daher, sondern auch pfiffig – bis ins Detail. Die Shirts tragen Zechennamen wie „Auguste Victoria“ oder „Graf Moltke“. Im Nackenbereich sind Strophen des Steigerlieds aufgedruckt, an den Reißverschlüssen hängen Grubenmarken. Auffällig hier: die eingeprägte Zahl „306“. Bohm: „Das bedeutet März 1906. Damals gab es ein Bergwerksunglück in Frankreich. Deutsche Kumpel sind hin und haben bei den Rettungsarbeiten geholfen.“ Natürlich hat soviel Ideenreichtum und Authentizität seinen Preis. Die T-Shirts kosten 30 bis 40 Euro, ein Hoodi 90 Euro. Bohm lässt in Portugal „zu fairen Bedingungen“ produzieren. Heimische Manufakturen kosten einfach zuviel, auch wegen der großen Individualität und geringen Stückzahlen. „Das hätte sich wirtschaftlich nicht darstellen lassen.“ Mit Mode Geld verdienen? „Schwer“, meint Bohm, „aber wir haben die Segel gesetzt und schauen nun, wo es uns hintreibt“.
Produziert wird in Portugal
Dann räumt er den Kleiderständer wieder vor die Wand des kleinen Ladenlokals an der Maria-Theresien-Straße 1. Hier, wo früher ein Lebensmittelladen, dann ein Kiosk und zuletzt eine Pizzabude ihren Sitz hatten, soll noch im Juni Eröffnung gefeiert und die Kollektion gezeigt werden. „Freiraum“ steht in großen Rostbuchstaben hinterm Fenster und Bohms Augen scheinen zu funkeln. Er will noch nicht erzählen, was hier, wo es eine große Sitzecke und eine Theke gibt, in Zukunft geschehen soll. „Ich liebe es, Dinge zu entwickeln. Es macht mir Spaß, kreativ zu sein.“ Das Ziel scheint also klar – es geht wohl in Richtung Ideenschmiede.
