Gladbeck. . Gladbeckerin Brigitte Vollenberg bringt gerne Menschen um die Ecke – nur auf dem Papier, versteht sich. Druckfrisch gibt’s jetzt neue Geschichten.

  • Kriminelle Geschichten in drei Erzählbänden
  • 63-Jährige schöpft Inspiration aus dem Alltag
  • Zum Schreiben auf die Insel

Nein, eine Draufgängerin sei sie als Kind nicht gewesen. Brigitte Vollenberg lächelt, so dass ihrem Gegenüber der dunkle Verdacht kommt: Dieses Statement könnte durchaus nicht ganz ernst gemeint sein. Doch die 63-Jährige beteuert: „Ich war eine ganz liebe Schülerin.“ Damals, bei den Dorstener Ursulinen, „durften wir noch nicht einmal Röcke tragen“. Und wenn doch, dann waren darunter Steghosen Pflicht. Das wollten die Lehrerinnen, „fast nur Nonnen“, so. Ebenfalls „Pumphosen“ im Sport-Unterricht. Shorts? Undenkbar.

Blick in die „Mordsklasse“

Die Krimi-Autorin erinnert sich: „Ich war aber auch kein Anpasser; einmal musste ich Krankenhaus-Dienst leisten, um eine Note zu retten.“ Nach der mittleren Reife wechselte Vollenberg, die schon seit zig Jahren in Gladbeck zu Hause ist, zum Berufskolleg an der Herderstraße. „Wenn man so war wie ich, gab’s in der Schule keine Probleme“, sagt die 63-Jährige.

Hintergrund

Die Sammlungen mit den Erzählungen aus Vollenbergs Feder sind ab sofort erhältlich. „Tat-Hergang 1 – Sommerferien – Eiskalt!“: Hrsg. Ester Meinert & Jamin N. Weidner, Brighton Verlag, 14,90 Euro.

Mordsklasse – Von Quälgeistern, Notenkrieg und anderen (Schul-)Katastrophen“: Hrsg. Greta Wallenhorst, Der kleine Buch Verlag, 14,90 Euro.

„Erfurt – mordsmäßig aufgetischt“, kriminelle Kurzgeschichten: Hrsg. Karina Bleicher, Genusskrimi bei KSB, 14,90 Euro.

Da sind Kinder und Teenager, aber auch Pädagogen, mit denen Vollenberg bisweilen zu tun hat, ein ganz anderes Kaliber. Todsicher die auf dem Papier, man werfe nur einen Blick in die „Mordsklasse“, druckfrisch auf dem Büchermarkt. Unter den Autoren, die dort die Feder gewetzt haben, ist auch die Gladbeckerin. Von ihrem „ganz lieb“ aus eigener Schulzeit kann da keine Rede sein. Als Mutter – die Tochter ist mittlerweile 32 Jahre alt, der Sohn 30 – konnte sie aus einem reichen Erfahrungsschatz schöpfen. Nicht zu vergessen ihre Tätigkeit in der Langzeithilfe – besser bekannt als „Hausaufgabenbetreuung“ – an der Lambertischule.

Eine Lehrerin wird um die Ecke gebracht

Notenkrieg, Chemie oder Pausengong gehören halt zum Schulalltag. Ebenso Auseinandersetzungen mit Lehrern, Querelen zwischen den Kindern. Da haben Krimi-Autoren mörderische Lösungen parat. Wie Brigitte Vollenberg in „Der Elternsprechtag“. Die Gladbeckerin bringt darin eine Lehrerin, die eindeutig eine glatte Sechs bekommen würde, mit leichter Hand um die Ecke.

Während der Beitrag der 63-Jährigen zur „Mordsklasse“ nach eigener Aussage „völlig frei erfunden ist“, steckt in „Fahrerflucht“ ein autobiografischer Kern. Für die Kurz-Krimi-Sammlung „Sommerferien – Eiskalt!“ – ebenfalls blutjung im Handel – reiste die Gladbeckerin gedanklich zurück in einen Urlaub nach St. Peter Ording. Die passionierte Rennrad-Fahrerin und Läuferin hat seitdem ein Huhn auf dem Gewissen – Stoff für eine Erzählung, bei dem es nicht nur einem Federvieh an die Gurgel geht.

Schreiben auf Baltrum

Gen Norden zieht’s Brigitte Vollenberg auch heutzutage noch. Zum Beispiel Norwegen, da fühlt sie sich wohl. Baltrum ist zwei-, dreimal im Jahr das Ziel der Autorin. Hier taucht sie in allzu menschliche Abgründe ein, entwickelt ihre kriminellen Handlungen und schreibt, schreibt, schreibt: „Auf Baltrum bin ich ganz in meiner Geschichte.“ Wie viele Morde sie schon auf dem Kerbholz hat? – Da müsste sie ihre Opfer in bald 100 Geschichten mal zählen.

Wechselnde Tatorte

Dabei ist sie nicht zimperlich, was die Methode angeht, um jemanden ins Jenseits zu befördern. Und auch die Tatorte wechseln munter. So schlägt Vollenberg literarisch in der Landeshauptstadt Thüringens zu: in der Sammlung „Erfurt – mordsmäßig aufgetischt“. Ein unbekömmliches Essen macht einem arglosen Würstchen den Garaus. Die Arbeit am Herd ist nicht Vollenbergs Ding, gesteht sie. Aber sie recherchiere viel, schließlich sollen ja die Fakten stimmen. Die Handlungen sind hingegen der Fantasie einer einst „ganz lieben Schülerin“ entsprungen. Wenn ihre Lehrerinnen geahnt hätten, was außer Deutsch und Mathe in Brigittes Kopf so vor sich geht . . .