Gladbeck. . Nach Ausgrabungen in Griechenland oder Ägypten kehrt der Student immer gern in seine Heimatstadt zurück. Und dann zapft er mit Hingabe Bier.
Zuhause: So fühlt sich Felix Mustar (31), wenn er freitagabends hinter der Theke steht und Bier zapft. Sieben Jahre ist es her, dass er sich bei Ruth Herberhold, der Wirtin vom „Goethe“, um einen Kellner-Job bewarb.
Nach langer krankheitsbedingter Pause war das ein Schritt, der ihn wieder Fuß fassen ließ. Erst vor drei Jahren machte der heute 31-Jährige das Abitur am Ruhrkolleg Essen nach und bewarb sich um einen Studienplatz in Archäologie und Geschichte. Demnächst hat er seinen Bachelor in der Tasche. Der Masterabschluss und der Doktortitel sollen auch noch kommen.
„Mein Interesse galt schon immer der Historie und Altertümern“, sagt der Gladbecker. „Erst hatte ich geplant, auf Lehramt zu studieren. Als dann die Bestätigung für die Archäologie an der Bochumer Uni kam, hab ich meinem Bauchgefühl vertraut.“
Aufgewachsen in Butendorf
Aufgewachsen ist Felix in Butendorf, derzeit wohnt er in Essen. Noch immer ist Gladbeck von großer Bedeutung für ihn: Hier lebt seine Familie und wohnen viele seiner Freunde. Wenn er kellnert, kommen Bekannte vorbei, um mit ihm bei einem Bier über alte und neue Zeiten zu quatschen.
Einer seiner größten Unterstützer, Prof. Dr. Martin Schnell, ist hier Stammgast. „Wir tauschen Bücher aus und er liest meine Arbeiten“, sagt Felix. „Er ist ein großartiger intellektueller Austauschpartner und Freund für mich geworden. Außerdem gehen wir manchmal zusammen auf Schalke – das gehört natürlich dazu.“
Am liebsten würde er auch in Zukunft im Ruhrgebiet wohnen. Aus dieser Verbundenheit spricht wohl sein besonderes Interesse für die Montanarchäologie, bei der es um Bergbau– und Hüttenwesen geht. Sein Herzensprojekt hat Felix schon gefunden: Feuerstein-Bergbau in Ägypten. Bei dem internationalen Forschungsprojekt, an dem unter anderem das Deutsche Bergbau-Museum und die Ruhr-Universität Bochum mitwirken, nimmt er in der Anfangsphase als einziger Student teil. Positive Anmerkung: Trotzdem sind alle im Team auf Augenhöhe.
Nächste Exkursion geht in den Iran
Der Kontakt zu den Einheimischen ist einer der Gründe, warum er Arabisch lernen möchte. „Wir sind da mitten in der Provinz, nicht in Urlaubsorten“, sagt er. „Es ist faszinierend, die Kultur und die Menschen hautnah zu erleben.“ Wenn man dort unter der Erde uralte Stollen untersucht oder an der Oberfläche Feuersteinmesser findet, fühle man sich tatsächlich manchmal wie in einem Abenteuerroman. Dass das Forschen in solchen Gebieten auch gefährlich sein kann, das mache die hohe Militärpräsenz im Land deutlich. Oft hat das Team Begleitschutz. Nach einer Woche hätte man sich aber daran gewöhnt. Die Rudel von Straßenhunden wären meist weitaus beängstigender.
„Ich bin ein bisschen wie ein Trüffelschwein, alles mit Suchauftrag hält mich auf Trab.“ Bei seiner ersten Exkursion nach Kreta fand er auch sofort einen Gegenstand, obwohl das gar nicht vorgesehen war: Ein Bergkristall-Amulett mit Lochbohrung. Dadurch knüpfte er Kontakte in die Archäologen-Szene. Kurz darauf ging es nach Georgien, zum ältesten Goldbergwerk der Welt und zu einem Steinkammergrab, dessen Ausgrabung bisher sein absolutes Highlight war. Nun erhält er öfters Angebote. Das nächste führt Felix wahrscheinlich in den Iran, wo es um Kupferbergbau ab 3000 v.Chr. gehen wird.
Das "Goethe" als Heimathafen
Bei aller Wanderlust bleiben Gladbeck und das gemütliche Café an der Goethestraße, das es schon seit 1981 gibt, Heimat-Hafen für den abenteuerlustigen Studenten. Den bunten Mix aus Leuten in der Kneipe findet er besonders schön, denn nicht nur ältere Stammgäste, gerade auch jüngere Leute tummeln sich hier gern. Das „Goethe“ ist eine der letzten Gastwirtschaften in Gladbeck, die so viel junges Publikum hat. Das läge unter anderem daran, dass es keine Ausgrenzung gibt und viel Freiraum für die individuellen Persönlichkeiten besteht, glaubt Mustar. Das gelte zumindest solange sich alle benehmen.
Wenn Felix Mustar heute aus seiner Archäologen– und Historikersicht auf Gladbeck guckt, fragt er sich manchmal, wieso er in der Schule so wenig über die eigene Stadt gelernt hat. In die große weite Welt hinauszuziehen sei wichtig, aber was Gladbeck zu Gladbeck gemacht hat: Darüber hätte er damals gerne mehr erfahren.