Essen/Gladbeck. . Neun Jahre Haft für eine „brutale, erschreckende“ Tat. So lautet das Urteil für einen 37-jährigen Mann aus Gladbeck, der seinen Cousin totgetreten hat.

Geschwiegen hatte Sascha D. (37) zu den Tatvorwürfen. Aber das nutzte ihm nichts. Das Essener Schwurgericht ist sicher, dass der Gladbecker im Appartement 34 des Hochhauses Steinstraße 72 seinen Cousin und Nachbarn nach einem Saufgelage totgetreten hat. Es verurteilte ihn zu neun Jahren Haft wegen Totschlag und Körperverletzung.

Körperverletzung, weil er auch die zehn Jahre ältere Mieterin, in deren Wohnung er den 62-Jährigen umgebracht hatte, „massiv“ schlug. Ihre schweren Gesichtsverletzungen mussten im Krankehaus behandelt werden. Staatsanwalt Joachim Lichtinghagen, der elf Jahre Gefängnis gefordert hatte, sah ihn auch für die Vergewaltigung der 47-Jährigen schuldig. Doch dafür reichten die Beweise nach Ansicht der Kammer nicht aus. Richter Andreas Labentz: „Dafür gab es nur die Aussage der Frau, keine objektiven Beweise.“ Und allein auf ihre Angaben wollten die Richter ihr Urteil nicht stützen, weil sie an einer paranoiden Schizophrenie mit Wahnvorstellungen leidet.

Der Angeklagte schwieg

Auch der Totschlag sei angesichts des schweigenden Angeklagten schwierig zu rekonstruieren, betonte Labentz. Aber das Spurenbild und die Angaben des Rechtsmediziners erlaubten dem Gericht, einen Blick auf die Nacht zum 27. Januar in der Steinstraße 72. Abends gegen 22 Uhr sei Sascha D. mit seinem Cousin bei der 47-Jährigen aufgetaucht. Betrunken waren sie. Sascha D. hatte 3,5 Promille, stand dazu unter Tabletteneinfluss.

Aus nichtigem Anlass seien die beiden Männer in Streit geraten. Zugunsten des Angeklagten ging das Gericht davon aus, dass der Ältere gestolpert und mit dem Hinterkopf auf eine Marmorplatte geschlagen sei. Rücklings sei er liegen geblieben, unfähig sich zu bewegen. Das muss Sascha D. ausgenutzt und den 62-Jährigen geschlagen und getreten haben. Richter Labentz zählte die Verletzungen im Bauch- und Brustbereich des Getöteten auf, außerdem die im Gesicht. Er sprach von einem „brutalen, erschreckenden Tatbild“. Dass der Angeklagte es verursachte, belegen Blutspuren des Opfers an der Schuhsohle des Angeklagten und ein Sohlenabdruck im Gesicht des Opfers.

Alkoholtherapie in einer Entziehungsanstalt

Strafverschärfend berücksichtigte das Gericht die Vorstrafen des vermindert schuldfähigen Angeklagten. „Sie haben alle mit Gewalt zu tun“, sagte Labentz. Im Gegensatz zum Staatsanwalt ermöglichte das Gericht dem Angeklagten, nach zweieinhalb Jahren Gefängnis eine Alkoholtherapie in einer Entziehungsanstalt anzutreten. Der psychiatrische Gutachter Dieter Oswald hatte dafür zwar keine Erfolgsaussicht gesehen, die Kammer will Sascha D. diese „letzte Chance“ aber gewähren. Gelänge ihm die Abkehr vom Alkohol, müsste er nur die Hälfte der Strafe absitzen.