Gelsenkirchen-Buer. Die Gelsenkirchenerin Christine Beckmann ist mit nachhaltiger Mode gut durch die Corona-Krise gekommen. Welche Chancen sie für die Zukunft sieht.
Zu den meisten der Kleider, Blusen, Hosen, die in ihrem Laden hängen, kann Christine Beckmann eine Geschichte erzählen. Seit Jahren verkauft die Gelsenkirchener Modehändlerin fast nur Stücke, die in Europa gefertigt werden. Sie ist eine echte Expertin - nicht nur, was Slow Fashion, sondern vor allem den Handel mit Mode angeht. Wie hat sich die Corona-Krise auf ihr Geschäft ausgewirkt?
Gelsenkirchen: Wie eine Modehändlerin gut durch die Corona-Krise kommt
Christine Beckmann erzählt von einer jungen Frau, die sich am Tegernsee selbstständig gemacht hat und nun eigene Kollektionen entwickelt, dort von einem dänischen Designer oder von italienischen Modemachern. Manche Stücke können gar für sich sprechen. Wie die brasilianischen Handtaschen, gefertigt von Frauen, die auf einem Kärtchen einen persönlichen Gruß an die Käuferin schicken. Kurzum, die Herkunft der Stücke ist nachvollziehbar.
Dafür steht der neue Begriff „Slow Fashion“. Er bezeichnet nachhaltige und bewusste Mode, für transparente Herstellungswege, für faire Bezahlung, manchmal auch für Naturmaterialien, zuweilen für Upcycling und immer für eine bewusste Kaufentscheidung des Kunden. Frei nach dem Motto „Klasse statt Masse“.
Die Corona-Pandemie hat die Modewelt druchgerüttelt
Die Corona-Pandemie hat die Modewelt durchgerüttelt. Weil sie vor allem den Markt der „Fast Fashion“ mit seinen weltumspannenden Produktionsnetzwerken zusammenbrechen ließ, hoffen manche Experten, die Modewelt könnte sich damit nachhaltig verändern, ja verbessern.
„Wir hoffen, dass sich dadurch Liefertermine wieder normalisieren“, sagt Christine Beckmann und meint damit, dass man im Handel demnächst nicht mehr so weit seiner Zeit voraus sein könnte. „Ohne Corona hätte ich Anfang Juli Lammfelljacken da gehabt“, beschreibt die Geschäftsfrau, unter welchem Druck die Branche stand. Das sei zumindest im Moment anders.
Die Winterjacke gibt es künftig erst ab Herbst zu kaufen
Man habe sich darauf verständigt, die Saison um die Zeit des Stillstands zu verlängern, um die teuer eingekaufte Ware auch abverkaufen zu können. Damit gibt es die Winterjacke künftig im Herbst zu kaufen, jedoch nicht eher. „Ich hoffe, dass wir alle daraus lernen.“
Im Wandel sei immer noch vieles. „Wir machen zum ersten Mal digitale Messen“, erzählt Christine Beckmann, dass sie in diesem Jahr von Buer aus ihre Ware einkaufe. „Da macht man einen Termin und die gehen dann mit einem via Skype durch den Showroom.“ Ein Manko: Man könne die Kleidung nicht anfassen, ihre Stoffe, ihre Struktur nicht begreifen. Aber das bringt Corona eben auch mit sich.
Seit 30 Jahren gehört „Slow Fashion“ zum Konzept des Modeladens
In diesem Jahr feiert Christine Beckmann ihr 30-jähriges Geschäftsjubiläum. Auch wenn sich der Trend zur „Slow Fashion“ erst in den vergangenen Jahren entwickelte, ihr Konzept war das schon immer. Ob in der Produktion oder in der Vermarktung.
Für den Einkauf bei ihr nehmen sich ihre Kundinnen Zeit. Sie nehmen zum Teil weite Wege auf sich, reisen aus Düsseldorf an, aus Brandenburg oder gar Zürich und verbringen mehrere Stunden im Laden an der Hochstraße.
Einkaufen gilt hier als bewusstes Erlebnis
Hier werden sie persönlich empfangen und betreut. „Bei uns gibt es immer einen Kaffee und samstags von mir selbst gebackenen Kuchen.“ Einkaufen als bewusstes Erlebnis, mit dem Gefühl sich etwas Gutes zu tun, das ist auch ein Aspekt der „Slow Fashion“, für den die Geschäftsfrau wirbt. „Man sagt ja immer, einmal gut gekauft ist günstiger.“ Das gelte bei Waschmaschinen wie bei Mode.
Ob sie erwarte, dass sich nach dem zeitweiligen Zusammenbruch der Welt der „Fast Fashion“ vielleicht nun im Bewusstsein der Konsumenten etwas tue? Derzeit sehe es danach nicht aus. Zumindest nicht in Buer. „Meine Kunden wissen aber auch, ich habe nichts aus Bangladesh oder ähnlichen Ländern.“ Darauf achte die Modefachfrau sehr. „Made in Italy muss auch dort gefertigt sein und nicht in Teilen aus anderen Ländern kommen.“
„Wir sind quasi die Trüffelschweine auf der Messe“
Und so sucht Christine Beckmann demnächst wieder besondere Kleidungsstücke mit Geschichte für ihren Laden in Buer. Eine ganz schöne Herausforderung sei das, erzählt sie und lacht: „Wir sind quasi die Trüffelschweine auf der Messe.“
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