Essen/Gelsenkirchen. Ein Gelsenkirchener Erzieher wollte schwer erziehbare Jugendliche an der Costa Brava wieder auf den richtigen Weg bringen. Nun steht der Erzieher vor dem Landgericht Essen. Ihm wird vorgeworfen zwei Jugendliche sexuell missbraucht zu haben. Der 54-jährige Gelsenkirchener spricht von einer Intrige.

Letzte Rettung Spanien, Costa Brava. In seinem dortigen Anwesen sollten schwer erziehbare Jugendliche, für die es in deutschen Heimen keine Hilfe mehr gab, wieder auf den richtigen Weg gebracht werden. Aber an zwei 16-Jährigen soll sich der 54 Jahre alte Erzieher aus Gelsenkirchen vergangen haben. Vor dem Landgericht Essen wird ihm sexueller Missbrauch vorgeworfen.

Er weist die Vorwürfe zurück: „Zum sexuellen Missbrauch kann ich nichts sagen. Nur: Ich war es nicht.“ Von einer Intrige spricht er. Die Jugendlichen seien von einer Frau, mit der er in Spanien zusammengearbeitet habe, zu der Lüge angestiftet worden. Außerdem hätte sich einer der Jungen davon erhofft, schneller zurück nach Deutschland zu kommen.

Vier Betreuer, fünf Jugendliche

Auslandspädagogik nennt sich das Projekt, das er zwischen 2001 und 2012 auf seinem 2500 Quadratmeter großen Anwesen an der Costa Brava praktizierte. Vier Betreuer, fünf Jugendliche – so sollte denen geholfen werden, die in Deutschland von keinem Heim mehr aufgenommen wurden.

Erzieher hat der ehemalige Handballspieler gelernt. Bis 2001 habe er in Heimeinrichtungen gearbeitet. Er sei aber der Meinung, dass angesichts der Arbeitsbedingungen in deutschen Heimen den Jugendlichen nicht geholfen werde. Deshalb sei er 2001 nach Spanien gezogen. Mit zwei Einrichtungen der Jugendhilfe, die ihm die Kinder zuwiesen, hätte er zusammengearbeitet.

„Schwer erziehbar“ oder „problematisch“ will er die Jugendlichen nicht nennen; er sagt, sie seien „emotional vernachlässigt“. Sein pädagogisches „Konzept“: Verbot von Ablenkungen wie Internet und Fernsehen, Verbot von Süßigkeiten und Nutella. Außerdem mussten sie an seinem Haus und im Garten arbeiten, durften mit ihm, dem geprüften Tauchlehrer, auch im Meer tauchen.

Umzug nach Spanien

Ob sein Umzug nach Spanien an einer Verurteilung zur gleichen Zeit in Deutschland liegen könnte, wird er vor der V. Strafkammer am Montag nicht gefragt. 2001 hatte er Bewährung bekommen, nachdem er zwei Nachbarjungen sexuell missbraucht haben soll.

Auslöser des aktuellen Verfahrens waren spanische Ermittlungen. Nachdem ein anderer Jugendlicher ihm sexuellen Missbrauch vorwarf, kam er in Spanien für einen Tag in U-Haft. Das Verfahren wurde zwar schnell eingestellt, weil der Junge die Vorwürfe zurückzog.

Doch die Vertreter der deutschen Jugendhilfeeinrichtungen recherchierten vor Ort und hörten dabei von neuen Vorwürfen. In U-Haft kam der seit 2012 wieder in Gelsenkirchen lebende Mann im Mai. Da hatte die Justiz den Tipp bekommen, er packe seine Sachen für Ägypten.