Gelsenkirchen. . Der Geschäftsführer von Gelsentaxi, Harald Großmann, etwa lässt kein gutes Haar an der geplanten Verordnung. Er hat Sicherheitsbedenken, insbesondere wenn es um das schnelle Reagieren bei tätlichen Angriffen auf Taxifahrer geht.

Erst gurten, dann starten – heißt es künftig auch für Taxifahrer in Gelsenkirchen und anderswo. Dies sieht eine neue Verordnung vor, die die Bundesregierung am vergangenen Mittwoch auf den Weg brachte. Die Verordnung soll noch in diesem Jahr in Kraft treten. Was aber sagen Gelsenkirchens Taxifahrer bzw. Unternehmen dazu? Die WAZ hat nachgefragt.

„Wir halten von dieser Regelung ehrlich gesagt rein nichts“, erklärt Harald Großmann, Geschäftsführer von Gelsentaxi. Der wirtschaftliche Verein verfügt über eine Flotte von gut 80 Taxen in Gelsenkirchen. Großmann begründet seinen Standpunkt: „Wer einmal Übergriffe von Fahrgästen im Auto erlebt hat, der weiß: Nur bremsen hilft und dann raus aus dem Auto. In einer Gefahrensituation hat man keinen Kopf und keine Zeit, noch den Gurtknopf zu suchen.“ Zumal viele moderne Fahrzeuge im Innenraum so verbaut seien, dass die Fahrer selbst ohne Notlage nur mit Mühe an das Gurtschloss kämen. Großmanns Urteil: „Über das, was sich der BZB da ausgedacht hat, kann man nur den Kopf schütteln. Aber die fahren auch kein Taxi.“

Nicht jeder Übergriff ist registriert

Der BZB ist der Bundesverband des deutschen Taxi- und Mietwagengewerbes. An die Adresse des BZB-Präsidenten Michael Müller richtet sich auch eine weitere Kritik des Gelsenkirchener Taxi-Unternehmens. „244 Überfälle mit Verletzungsfolgen sind in der BZB-Statistik für 2013 geführt“, sagte Großmann, „aber wenn man noch die Fälle dazu rechnet, die nicht polizeilich registriert werden, dann sehen die Zahlen ganz anders aus.“

Denn: Oft lösten die Fahrer im Wagen stillen Alarm aus, eilten Kollegen zu Hilfe – Taxi-Notruf per GPS ermöglicht es heute, den Standort eines Fahrzeugs nahezu metergenau zu ermitteln. „Später schließen sich Privatklagen an – sofern überhaupt die Fahrer über die Mittel dazu verfügen“, so Großmann weiter. Schon des Öfteren sei der Verein da in die Bresche gesprungen. Statistisch erfasst, so der Gelsentaxi-Chef weiter, würden diese Fälle von Übergriffen nicht, „aber glauben sie mir, es kommt oft vor“.

Hintergrund: Die Befreiung der Chauffeure von Mietwagen von der Anschnallpflicht „aus Verkehrssicherheitsgründen“ wird der neuen Regelung zufolge nicht mehr als sinnvoll angesehen. Anschnallen müssen sich Taxifahrer allerdings auch jetzt schon, wenn sie in ihrem Fahrzeug allein unterwegs sind und keine Fahrgäste befördern.

Die bisherige Ausnahmeregelung stammt aus den 1970er-Jahren und sollte bei Überfällen eine Flucht erleichtern. „Doch inzwischen stellen Verkehrsunfälle die größere Gefahr dar“, sagte der Geschäftsführer des Deutschen Taxifahrer- und Mietwagenverbandes, Thomas Grätz, auf Anfrage der Nachrichtenagentur dpa. Er begrüßte die Initiative der Bundesregierung.

Geteiltes Echo bei Taxi Hauk,City Funk Taxi und Taxi Ernst

Ein geteiltes Echo erzeugt die sich anbahnende Verordnung bei Taxi Hauk (15 Taxen) und City Funk Taxi (zwei Taxen) in Gelsenkirchen. Die Chefinnen, Heidrun Hauk und Regina Kögler, finden die Anschnallpflicht allein aus „Gründen der Sicherheit“ – Stichwort Unfall – „notwendig“. Hauk: „Früher gab es Trennwände, die sind weggefallen, später das Rauchverbot – in beiden Fällen war die Aufregung zunächst groß, jetzt ist alles selbstverständlich. Das wird mit dem Anschnallen ähnlich.“

Zumal, wie Kögler glaubt, „die Aufregung mehr der Bequemlichkeit geschuldet ist“. Jeder soll sich anschnallen, fordert sie – „die Belegschaft aber“, verrät die Unternehmerin, „ist da strikt dagegen.“

Bei Taxi Ernst (sechs Taxen) sieht Hans-Werner Lätsch den Plan mit Skepsis: „Ich habe bessere Erfahrungen gemacht, mit Fahrgast ohne Gurt zu fahren. Bei einem Unfall oder wenn der Gast angeheitert aggressiv ist, kann ich viel schneller Hilfe leisten. Oder flüchten bei Überfällen.“