Gelsenkirchen. . Der Sturm am Montagabend hat eine Spur der Verwüstung hinterlassen und lähmte Dienstag das öffentliche Leben. THW, Feuerwehr und Gelsendienste machten sich ans große Aufräumen. Zur Sicherheit ist der Zutritt zu den städtischen Parkanlagen, Waldgebieten, Friedhöfen sowie den Spielplätzen vorerst gesperrt.

Chaos in der Stadt. Gewitter und Sturm verwüsteten weite Teile Gelsenkirchens. Gestürzte Bäume, abgebrochene Äste, zerdepperte Autos und zerschlagene Fenster allerorten. Bahn und Nahverkehr gerieten völlig aus dem Takt. Die Fahrt zur Arbeit war Dienstag ein Geduldsspiel. Barrieren und Aufräumarbeiten allerorten erforderten Umwege und lange Suchfahrten. Vielerorts gab es kein Durchkommen.

„Seit Montag halb zehn sind die Einsatzkräfte der Feuerwehr Gelsenkirchen pausenlos im Einsatz,“ fasste Michael Axinger, Leiter der Feuerwehr Gelsenkirchen die Einsatzsituation zusammen. Insgesamt 190 Einsatzkräfte der Freiwilligen Feuerwehr sowie der Berufsfeuerwehr arbeiten die Einsätze sukzessive ab.

Dabei gibt es zurzeit noch einige Schwerpunkte. „Bei einer Firma an der Kurt-Schumacher-Straße wurde während des Gewitters das Dach abgedeckt, dort sind gerade massiv Kräfte im Einsatz, um die Gelsenkirchener „Hauptschlagader“ wieder frei zu bekommen,“ so Axinger weiter. Neben den Einsatzkräften der Feuerwehr ist aber auch das Technische Hilfswerk im Einsatz, die Gefahren im Stadtgebiet beseitigen.

Imr Hauptbahnhof warteten 100 Fahrgäste vergeblich auf ihre Beförderung

Am Abend musste die Deutsche Bahn bereits 15 Personen aus einem liegen gebliebenem Zug unterbringen. Im Gelsenkirchener Hauptbahnhof selbst warteten um die 100 Fahrgäste vergeblich auf ihre Beförderung. Die Bahn selbst aktivierte ebenfalls ihr Krisenmanagement vor Ort. Die 15 Personen aus dem Zug wurden in umliegenden Hotels untergebracht.

Polizisten heben Baum mit Wagenheber an und befreien Unfallopfer

Mehr als 300 Anrufe registrierte die Leitstelle der Polizei im Zusammenhang mit dem Unwetter. In der Nacht zum Dienstag war laut Polizei „eine Kommunikation mit der Leitstelle der Feuerwehr wegen totaler Überlastung der Notrufleitungen teilweise nur noch per Fax möglich gewesen“. Um 22.30 Uhr war ein 46-jähriger Fußgänger auf der Luitpoldstraße unter einem entwurzelten Baum (Durchmesser ca. 80cm) eingeklemmt worden. Passanten machten einen vorbeifahrenden Streifenwagen darauf aufmerksam. Rettungskäfte der Feuerwehr konnten wegen des immensen Einsatzgeschehens nicht rechtzeitig zum Unglücksort gelangen.

„Die Polizisten ließen sich daraufhin einen Wagenheber von der Wache an der Wildenbruchstraße zum Unfallort bringen. Gemeinsam mit freiwilligen Helfern gelang es schließlich, den Baum anzuheben und den Verletzten zu bergen“, so ein Polizeisprecher. Die Beamten hielten daraufhin einen zufällig vorbeifahrenden Krankenwagen der Feuerwehr an, dessen Besatzung gerade eine leichtverletzte Person zum Krankenhaus transportieren wollte. Gedankenschnell und mit dem Einverständnis der leichtverletzten Patientin übernahm die Krankenwagenbesatzung den Transport des offensichtlich schwerer Verletzten zum nahegelegenen Krankenhaus. Die Frau brachten die Polizisten ebenfalls, allerdings mit dem Streifenwagen, zum Hospital. Dort konnte ihr lädierter Knöchel dann auch versorgt werden. Wie auf Nachfrage mitgeteilt wurde, hat der 46-Jährige das Krankenhaus auf eigenen Wunsch mittlerweile aber wieder verlassen.

Zu einem zweiten sturmbedingten Unglücksfall kam es kurz nach 23 Uhr auf der Steinheimer Straße in Buer. Auch dieser Unfall verlief durch glückliche Umstände eher glimpflich. Hier war ein entwurzelter Baum auf einen Pkw gestürzt, der mit mehreren Personen besetzt war. Entgegen erster Befürchtungen wurde dabei aber nur eine Person leicht verletzt.

Die Polizei musste in der letzten Nacht verschiedene Straßen immer wieder kurzfristig für Rettungs- und Bergungsarbeiten der Feuerwehr absperren. Gegen 11.20 Uhr am Dienstag waren noch die Cranger Straße/Haunerfeldstraße in Buer komplett gesperrt. Viele Straßen sind allerdings durch umgestürzte Bäume und herabgefallene Äste nur sehr eingeschränkt bis gar nicht befahrbar. An mehreren Kreuzungen sind außerdem die Ampelanlagen ausgefallen.

Massive Schäden im gesamten Stadtgebiet

Astwerk, Grün, gestürzte Bäume – überall mussten Straßen gesperrt werden. Es gab über Stunden kein Durchkommen.
Astwerk, Grün, gestürzte Bäume – überall mussten Straßen gesperrt werden. Es gab über Stunden kein Durchkommen. © Falkenauer

Das Unwetter hat im Gelsenkirchener Stadtgebiet flächendeckend großen Schaden angerichtet. Insbesondere vom Baumbestand geht aktuell weiter Gefahr aus. Durch den Sturm sind viele Bäume in ihrer Standfestigkeit beeinträchtigt und es hängen unzählige ab- und angebrochene Äste in den Kronen und Astgabeln, die jederzeit herunterstürzen können. „Die Bürgerinnen und Bürger werden deshalb dringend gebeten, Flächen mit Baumbestand zu meiden. Der Zutritt zu den städtischen Parkanlagen, Waldgebieten, Friedhöfen sowie den Spielplätzen ist bis auf Weiteres gesperrt“, so Gelsendienste.

Der Zutritt zu den städtischen Parkanlagen und Waldgebieten ist gesperrt

Allein die Begutachtung der Schäden wird noch mehrere Tage in Anspruch nehmen. „Nach Ende des Unwetters haben wir in der Nacht akute Gefahrenstellen gesichert und besonders wichtige Straßen geräumt, darunter die Zuwege der Krankenhäuser“, erklärt Betriebsleiter Uwe Unterseher-Herold. „Seit dem Morgen arbeiten wir nun mit mehr als 300 Kräften nach demselben Einsatzplan wie im Winterdienst.“ Aufgrund des immensen Ausmaßes des Schadens liegt der Fokus zunächst darauf, umgestürzte Bäume und abgeknickte Äste von den Hauptverkehrsadern zu räumen. Neben Radladern sind dazu auf Schneeschilder umgerüstete Kehrmaschinen sowie Häckselkolonnen im Einsatz. Außerdem werden mit Großkehrmaschinen verstopfte Straßeneinläufe gereinigt, um Überschwemmungen zu beseitigen.

Bäume und Äste liegen auf den Oberleitungen und stoppen die Bahn

Die Bogestra konnte Dienstag nur vereinzelt Busse auf die gewohnten Linien schicken. Zumindest unterirdisch war die Linie 301 unterwegs zwischen Conolidation und Hauptbahnhof. Oberirdisch ging nichts mehr auf der Schiene: Äste lagen auf den Oberleitungen. In Höhe der Glückauf-Kampfbahn in Schalke stoppte ein vom Sturm abgetragenes Dach den Verkehr. Mit rund 100 Mitarbeitren, die teilweise in ihren privaten Pkw unterwegs waren, versuchte der Verkehrsdienstleister die Lage vor Ort zu überprüfen und den Öffentlichen Nahverkehr wieder zum Laufen zu bringen.

Hinweise zu akuten Gefahrenstellen nimmt die Notrufzentrale der Feuerwehr unter der Telefonnummer 112 entgegen.