Gelsenkirchen. Passend zu Ostern hat die Rothalsstraußen-Henne Dörthe in der Zoom-Erlebniswelt ihre ersten Eier gelegt. Ob sie und ihr Partner Harald jedoch wirklich Nachwuchs erwarten können, wird sich noch zeigen müssen. Bis zum Ostersamstag will Zoo-Tierärztin Pia Krawlinkel Gewissheit haben.

Ei, ei, Dörthe hat geliefert. Sozusagen auf den Punkt genau. Ob Harald, der Hahn an ihrer Seite, allerdings auch seinen Teil dazu beigetragen hat, ist (noch) unsicher. Pia Krawinkel, promovierte Fachtierärztin für Zoo- und Wildtiere und seit 20 Jahren Zoo-Tierärztin in Gelsenkirchen, ist da eher skeptisch. „Man kann definitiv frühestens nach zwölf Tagen im Brüter sehen, ob die Eier befruchtet sind“, sagt sie. Das wäre etwa Ostersamstag, der perfekte Termin für eine frohe Botschaft. Doch bereits jetzt sind es für die Zoom-Mitarbeiterin „goldene Eier“, die da bei 36 Grad und saharatrockenen 20 % Luftfeuchtigkeit im Brutschrank ruhen – Kategorie besonders wertvoll.

Dörthe und Harald gehören zur Spezies der Nordafrikanischen Rothalsstrauße. In ihrer Heimat sind sie stark bedroht. Krawinkel schätzt den Wild-Bestand auf wenige hundert Brutpaare. Im Zuge eines europaweiten Erhaltungsprogramms wurden 2011 aus dem Tschad vom Zoo Hannover 20 befruchtete Eier importiert und auf Zoologische Gärten verteilt. Die Zoom-Erlebniswelt hat sich damals direkt am Programm beteiligt – auch weil sie mit Pia Krawinkel eine absolute Straußenexpertin als Veterinärin hat.

Doktorarbeit über „Die Schlüpfproblematik beim afrikanischen Strauß“

Bei 36 Grad und 20 Prozent Luftfeuchtigkeit liegen die Eier im Vorbrüter. Der eigentliche Brutschrank ist bestellt. Er soll in diesen Tagen geliefert werden.
Bei 36 Grad und 20 Prozent Luftfeuchtigkeit liegen die Eier im Vorbrüter. Der eigentliche Brutschrank ist bestellt. Er soll in diesen Tagen geliefert werden. © WAZ FotoPool | WAZ FotoPool

Nach ihrer Tierpflegerzeit im alten Ruhr-Zoo hat Krawinkel studiert und promoviert: Der Titel ihrer Doktorarbeit: „Die Schlüpfproblematik beim afrikanischen Strauß“. Für den praktischen Teil hat sie lange in einem Safaripark auf Mallorca gearbeitet. „Da war ich auch Geburtshelferin für Strauße. Am Ende habe ich 79 Küken gehabt. Damit hatte ich einen ganzen Sommer lang zu tun. Straußenküken“, sagt sie, „sind schon was Feines. Die sehen zunächst aus wie stachelige Igel und laufen hinter allem her, was zwei Beine hat.“

Ob sie den Anblick auch bald im Zoom haben wird? Nun ja: Dörthe hat bislang munter Eier gelegt. Zwei gingen zu Bruch. „Die hat sie noch im Stehen gelegt“, erklärt Krawinkel. Und so einen Sturz übersteht selbst eine solide Straußeneischale kaum. Zwei weitere Eier ruhen im Brutschrank. Allerdings haben die Pfleger die beiden Riesenvögel zuvor nicht „vögeln“ gesehen. Im zarten Alter von gut zwei Jahren wären sie damit ohnehin früh geschlechtsreif. „Aber unserer beiden sind sehr gut entwickelt“, sagt Krawinkel und führt das nicht zuletzt auf die „relativ natürlichen Verhältnisse“ zurück, in denen sie in der Zoom-Savanne leben können.

Gut 250 cm groß und über 100 Kilo schwer sind die ausgewachsenen Vögel

In freier Natur sind die Hennen nicht monogam. In den Gelegen können sich 20 bis 25 Eier finden. Die braune Henne und der schwarz gefiederte Hahn (nur er hat übrigens den namengebenden roten Hals) wechseln sich beim Brutgeschäft ab und sind dabei äußerst wehrhaft. Krawinkel: „Rothalsstrauße sind durch ihre Tritte saugefährlich. Sie haben eine sehr scharfe Kralle und setzen sich selbst gegen Löwen durch. Und natürlich sind das auch schnelle Renner.“

In der Zoo-Praxis bedeutet das: Wenn Dörthe und Harald draußen in Afrika unterwegs sind, ist die Savannen-Anlage für Pfleger tabu. Zu gefährlich. Gut 250 cm groß und über 100 Kilo schwer sind die ausgewachsenen Tiere. Da hat auch ein Ei im Nest einiges auszuhalten, bringt dafür aber mit nahezu perfekter Ballform und einer rund 2,3 Millimeter dicken Eischale die perfekten Voraussetzungen mit.

Doch „unsere Rothalsstrauße haben noch kein Balz- und Brutverhalten gezeigt. Deshalb haben wir ihnen die Eier weggenommen“, erklärt Krawinkel. Sie einfach in der Zoo-Savanne liegen zu lassen, dafür sind sie „einfach zu wertvoll“. Und so landeten sie gewogen und markiert hinter Glas.

In freier Natur schlüpfen die Küken nach 42 Tagen

Dörthe und Harald in der Zoom-Savanne – nur der Straußenhahn hat übrigens dennamengebenden roten Hals.
Dörthe und Harald in der Zoom-Savanne – nur der Straußenhahn hat übrigens dennamengebenden roten Hals. © WAZ FotoPool | WAZ FotoPool

„In der Regel schlüpfen die Küken nach 42 Tagen. In freier Natur geschieht das synchron, was die Überlebenschancen verbessert. Das Küken dreht sich nach oben in die Luftkammer im Ei, kriegt dann Luft und kann rufen. Das dient der Abstimmung im Gelege“, so die Tierärztin. Eine weitere Besonderheit: „Strauße sind die einzigen Vögel, die keinen Eizahn besitzen“, um sich den Weg in die Welt frei zu knacken. „Die müssen allein durch Muskelkraft das Ei sprengen. Dafür haben sie einen besonderen Muskel am Hals. Man hat aber beobachtet, dass die Eltern mithelfen.“ Ein Job, den im Zoo Pia Krawinkel, die Schlüpf-Expertin, übernehmen würde.

1846 Gramm wiegt das schwerere der beiden Eier im Brüter. „Das ist ein ordentliches Gewicht für ein erstes Gelege“, weiß Krawinkel.Täglich werden die Eier im Brüter belüftet, bewegt, gedreht, regelmäßig werden sie auch gewogen und durchleuchtet. „Im Brutschrank verlieren die Eier pro Tag 0,0055 % Gewicht. Wir messen nach, um Temperatur und Luftfeuchtigkeit optimal einzustellen.“

Mit einer Lampe geht die Tierärztin zudem in ihrer Veterinärstation auf Spurensuche, durchleuchtet die Schale. Wächst da was? Macht sich ein Küken breit? Die Eier haben ihre letzten Geheimnisse noch nicht offenbart. Immerhin: Dörthe liefert nach wie vor Nachschub. „Sie legt munter weiter und die Abstände werden kürzer“, stellt Krawinkel fest. Überraschungseier werden das allemal.