Gelsenkirchen. Der deutsche Dramatiker Tankred Dorst hat sich eingehend mit Fragen rund ums Altern beschäftigt. Sein Theaterstück „Ich bin nur vorübergehend hier“ konfrontiert die Zuschauer mit schonungsloser Ehrlichkeit.

Es gibt Themen, über die möchte man am liebsten gar nicht nachdenken. Das Altern ist so ein Thema. Was passiert, wenn die Zipperlein immer mehr werden? Wenn der eigene Körper nicht mehr mitzieht, und wenn auch der Geist irgendwie schwächelt? Was macht man, wenn man mit immer schnelleren Schritten unaufhaltsam dem statistischen Durchschnittshöchstalter entgegen schreitet?

Der deutsche Dramatiker Tankred Dorst hat sich eingehend mit diesen Fragen rund ums Altern beschäftigt. Sein Theaterstück „Ich bin nur vorübergehend hier“ konfrontiert die Zuschauer mit schonungsloser Ehrlichkeit. Die Theatergruppe „synovia“ bringt das Stück ab Samstag, 12. April, auf die Bühne des Consol Theaters.

Schonungslose Ehrlichkeit

Ganz ruhige, nachdenkliche Momente treffen in diesem Ausnahmewerk auf laute, polternde Szenen voller Kampfgeist. Etwa, wenn die Bewohner eines Altersheimes den Aufstand üben, „Revolution!“ schreien und skandieren: „Wir schlagen hier alles kaputt! Weg mit den Heimatabenden, an denen uns die Schwestern Honigschnuller in den Mund schieben, um uns ruhig zu stellen!“ So gar nicht altersmilde wirken die Senioren hier, denn das ist das besondere: Bei „synovia“ stehen ausnahmslos Senioren auf der Bühne, die einst als Laien bei der „Volxbühne“ des Consol Theaters angefangen haben, inzwischen aber schon quasi alte Hasen im Rampenlicht sind.

„Dieses Stück passt einfach zu uns. Wir wollen nicht ruhig sein und nur noch in der Ecke sitzen“, erklärt Doris Himmelreich. Und Regisseurin Ulrike Czermak fügt hinzu: „Wir hatten vier Stücke zur Auswahl, die Liste reichte von ‘Arsen und Spitzenhäubchen’ bis hin zu ‘Schlafwagen Pegasus’ von Thornton Wilder. Aber die Gruppe hat sich mit großer Mehrheit für Tankred Dorsts Werk entschieden.

Das Stück passt zur Gruppe

„Mir gefällt, dass über diesem Stück so etwas wie ein Schwebezustand liegt. Es fängt mit einem Märchen an, in dem der Tod wie ein Vogel auf einem Baum sitzt und nicht mehr herunterkommen kann“, sagt Benno Hammerschmidt, der einen alternden Tänzer spielt, der unter dem Verfall seines Körpers leidet.

Besonders ans Herz geht eine Szene, in der ein Zwilling vom Tode ihrer in die USA ausgewanderten Schwester erfährt. Immer wieder hatte sie sich vorgenommen, die Schwester in der Ferne zu besuchen, doch geschafft hat sie es nie. Ein Phänomen, das viele der Darsteller aus eigener Erfahrung kennen: Viele verpasste Chancen und auf einmal ist es vorbei. Die Chance, sich dieses Stück anzusehen, sollte man jedenfalls nicht verpassen.